Die Sondierungsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ gehen Dienstagmittag in die zweite Runde. In den kommenden beiden Tagen soll es, wie die Volkspartei meint, um die ersten inhaltlichen Eckpunkte gehen. Als Beispiele nennt die ÖVP Sicherheit und Wirtschaftsstandort. Seitens der SPÖ werden ergänzend Teuerung und Klima angeführt. Trotz ihres bevorstehenden Verzichts auf ein Regierungsamt weiter sondieren wird Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
Beide Parteien sind sichtlich bemüht, das Ganze nicht über die Maßen euphorisch anzugehen. So versandten ÖVP und SPÖ am Montagnachmittag getrennte Aussendungen zu ihren Themen-Vorschlägen. Zudem soll es morgen im Anschluss an die gegen Mittag beginnende Sondierung kein gemeinsames Statement geben, sondern getrennte Auftritte.
„Für uns sind die Themen Migration, Sicherheit, Wirtschaftsstandort sowie Gesundheit und Pflege von entscheidender Bedeutung“, hieß es jedenfalls am Nachmittag aus dem VP-Verhandlungsteam. Über diese Themen soll in den nächsten beiden Tagen beraten werden, damit tiefer gehende Verhandlungsgruppen für allfällige Regierungsverhandlungen festgelegt werden können. Die erste Runde habe das Ziel gehabt, das Klima zwischen den beiden Parteien konstruktiv zu gestalten. Dienstag und Mittwoch gehe es nun an die Inhalte.
Die SPÖ wiederum betont, den Wunsch der Bevölkerung nach Veränderung und Lösung von Herausforderungen verstanden zu haben. Zu den wichtigsten Themen der Wähler hätten Teuerung und leistbares Leben, Sicherheit und Migration, Gesundheit und Pflege und nicht zuletzt Klima gehört. Arbeit und Wirtschaft seien weitere zentrale Themenkomplexe aus sozialdemokratischer Sicht. In all diesen Bereichen werde es große Lösungen für große Probleme brauchen an Stelle von Minimalkompromissen, betonten die SPÖ-Verhandler am Montagnachmittag.
Entschieden ist mittlerweile auch, dass Karoline Edtstadler trotz ihres Verzichts auf den Eintritt in die nächste Regierung im Sondierungsteam der ÖVP bleibt. Die bisherige Kanzleramtsministerin will ja künftig ihr Mandat im Nationalrat wahrnehmen und in ihrem Heimatbundesland Salzburg eine Rechtsanwaltskanzlei aufbauen. Die dafür notwendige Rechtsanwaltsprüfung hat sie.
Es brauchte bis heute Nachmittag, bis der Kanzler entschied, unverändert mit Edtstadler zu sondieren. Selbstverständlich werde sie mit ihrer Expertise auch weiterhin dem Verhandlungsteam der Volkspartei angehören und bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung Ministerin bleiben, schrieb Nehammer auf „X“. Fast gleichzeitig postete Edtstadler, immer gesagt zu haben, dass sie dem Kanzler mit ihrer „vielfältigen Expertise“ zur Seite stehen werde.
Ebenfalls im ÖVP-Sondierungsteam bleiben neben Nehammer der geschäftsführende Klubobmann August Wöginger, Generalsekretär Christian Stocker, Staatssekretärin Claudia Plakolm und Wirtschaftsbund-Chef Harald Mahrer. Auch bei der SPÖ zeichnen sich keine Änderungen ab. Das Team besteht aus dem geschäftsführenden Klubobmann Philip Kucher, Frauenchefin Eva Maria Holzleitner, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, der Dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures und Parteivorsitzendem Andreas Babler.
Letzterer wurde schon am Montag aktiv. Da war am späteren Nachmittag eine Unterredung mit NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger angesetzt. Deren Partei gilt ja als wahrscheinlicher dritter Partner, sollten sich ÖVP und SPÖ zu einer Zusammenarbeit finden. Meinl-Reisinger war vor den Herbstferien schon mit Nehammer zusammengetroffen – wie auch Grünen-Bundessprecher Werner Kogler. Dieser wird im Laufe der Woche ein Gespräch mit Babler haben. Die Grünen gelten nur noch als krasse Außenseiter, was eine Regierungsbeteiligung angeht, würden aber wohl des Öfteren gebraucht, wenn es um Zwei-Drittel-Materien geht.
Die FPÖ hielt es indes für angebracht, dass nicht nur ÖVP und SPÖ, sondern auch die Freiheitlichen einen Einblick in die Finanzen bekommen. In einer gemeinsamen Aussendung der Abgeordneten Hubert Fuchs, Barbara Kolm und Arnold Schiefer hieß es, nur so könne verhindert werden, dass Rot und Schwarz hier neuerlich eine Mogelpackung zusammenzimmerten, nur um gut dazustehen.
Wünsche an die Sondierer richtete am Montag auch Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Bildung, Wohnen, Gesundheit, Langzeitpflege, Bekämpfung von Kinderarmut, Klima, Integration von Geflüchteten und Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt seien entscheidende Zukunftsfragen für das Land: „Ich erwarte mir, dass sie von den Parteien, die Österreich in den nächsten Jahren regieren wollen, mutig und offensiv angegangen werden.“ Das bedeute Investieren in die soziale Sicherheit, denn entsprechende Maßnahmen seien Investitionen in die Zukunft.