Willi: „Spitz auf Knopf“, auch KPÖ-Koalition möglich

Georg Willi strebt Mehrparteien-„Mitte-Links-Koalition“ an © APA/EXPA/Groder/EXPA/JOHANN GRODER

Vor der Innsbrucker Gemeinderatswahl am 14. April sieht Grünen-Bürgermeister Georg Willi die Situation „Spitz auf Knopf“. FPÖ-Kandidat Markus Lassenberger liege voran, nur er könne einen blauen Stadtchef sowie „Blau-Schwarz“ noch verhindern. Er strebe eine Mehrparteien-„Mitte-Links-Koalition“ an, auch eine KPÖ-Beteiligung sei möglich, sagte Willi im APA-Interview. Aufhorchen ließ er auch in puncto Corona: Die Maßnahmen seien in Österreich wie anderswo „überzogen“ gewesen.

Als „Fifty-fifty“ würde er seine Chancen für einen Einzug in die Bürgermeister-Stichwahl am 28. April bezeichnen, erklärte der seit dem Jahr 2018 amtierende Stadtchef und spielte einmal mehr auf eine parteiinterne Umfrage an, die ihn „erschrocken“ habe und in der Vizebürgermeister Lassenberger in Front liege. „Die Blauen sind sehr stark. Wenn Blau Macht bekommt, kommt eine blau-schwarze Koalition, sah Willi entweder ein Bündnis zwischen der FPÖ und der Liste “das Neue Innsbruck” von Ex-ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky oder – da rein rechnerisch wahrscheinlicher – eine Koalition der beiden Parteien unter Hinzuziehung der Gruppe „JA – Jetzt Innsbruck“ von Ex-ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber am Horizont. „Wir müssen die kommenden beiden Wochen richtig fighten. Dann haben wir gute Chancen, dass ich Erster werde und die Grünen auch bei der Listenwahl wieder vorne liegen. Ich vertraue darauf, dass mir das gelingt“, betonte der erste grüne Stadtchef der Landeshauptstadt.

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Sollte er als Bürgermeister wiedergewählt werden, werde er sich jedenfalls daran machen, eine „von Grün geführte Fortschrittskoalition zu bilden“, die eine „Mitte-Links“-Koalition sein soll. Auch eine Vierer- oder Fünferkoalition sei möglich. „Wer das ‚freie Spiel der Kräfte‘ stemmen kann, kann auch eine solche Koalition führen“, meinte Willi. Ein solches „freies Spiel der Kräfte“ herrschte in der Landeshauptstadt, nachdem Willis Viererkoalition im Jahr 2021 auseinandergebrochen war. Und es zog viele Streitereien mit sich.

Für eine solche Koalition kommt für den 64-Jährigen neben Parteien wie der SPÖ, „JA – Jetzt Innsbruck“, der Liste Fritz, der „Alternativen Liste Innsbruck“ (ALI), den NEOS potenziell auch die KPÖ infrage, sollte sie es diesmal in den Gemeinderat schaffen „Die KPÖ steht für städtische Projekte, die denen, die ich vertrete ähnlich sind. Das sieht man auch in Graz“, fand Willi lobende Worte. Und weiter über die Kommunisten: „Sie vertreten sehr moderne zukunftsorientierte Positionen für die Stadtentwicklung. Natürlich würde man sich zusammensetzen, wenn es um die wichtigsten Projekte der kommenden sechs Jahre geht.“ Am umstrittenen Listennamen „KPÖ“ stoße er sich nicht, es gehe um Inhalte: „Außerdem haben wir im kommunalen Bereich ja keine Gesetzgebungskompetenz.“

Deutlich reserviert gab sich Willi erneut hinsichtlich einer Koalition mit dem Tursky-Lager, wenngleich er eine Zusammenarbeit mit diesem – im Gegensatz zur FPÖ- nicht ausschloss. „Ich kann mit Florian Tursky auf der menschlichen Ebene gut“, erklärte das Grünen-Urgestein. Aber dessen Leiste sei voll von Leuten, die bisher wichtige zentrale Projekte verhindert hätten: „Tursky müsste sie überzeugen, dass das Erarbeitete gut für Innsbruck ist. Die Frage ist: Kann ich darauf vertrauen oder bleiben diese Personen im Verhinderungsmodus.“

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Für den Fall einer Stichwahl gegen Lassenberger „ersuche“ er um eine Wahlempfehlung aller anderen Parteien, um den Freiheitlichen zu verhindern. Auch eine Art „Wahlallianz“ mit gemeinsamem Auftritt vor der Stichwahl wäre eine „schöne Geste“. Dazu „lade ich ein“, meinte Willi und adressierte dabei etwa die SPÖ, die NEOS sowie die Anzengruber-Gruppe. Sollte er wiederum den Einzug verpassen, würde er eine Wahlempfehlung für den FPÖ-Gegenkandidaten abgeben, denn: „Wer mich kennt weiß: Ich will keinen FPÖ-Bürgermeister.

Im ausgerufenen “Duell” mit der FPÖ gehe es um folgende Entscheidung: „Entwickelt sich die Stadt nach vorwärts oder zurück ins letzte Jahrhundert.“ Die Lassenberger-FPÖ stehe für „keine neuen coolen Plätze, kein leistbares Wohnen, keine Verkehrsberuhigung und keinen städtischen Wohnbau.“ Eine „autoritäre“ Rechtswende müsse bereits in Innsbruck gestoppt, „Unglaubliches“ wie ein „Migrations-Stopp“ verhindert werden.

Dass ihm die Freiheitlichen ihrerseits „Intoleranz“ und Bevormundung vorwarfen und unter anderem auf die Corona-Zeit anspielten, wollte Willi nicht auf sich sitzen lassen. „Während Corona waren die Gemeinden nur Ausführende. Dass ich aber einmal temporär Parks gesperrt habe, war rückblickend gesehen ein völliger Blödsinn“, so der Bürgermeister. „Im Nachhinein“ würde man mit einer Pandemie wohl anders umgehen: „Die Maßnahmen waren weltweit überzogen, in manchen Ländern wie China völlig überzogen. Man muss sagen: Der ‚lockerere Weg‘, den etwa die skandinavischen Ländern gegangen sind, hat ausgereicht, die Pandemie einzufangen. Sicherheit und Freiheit standen in einem irren Spannungsfeld.“

Die „Erzählung“ seiner politischen Gegner, in sechs Jahren Bürgermeister Willi sei „nichts weitergegangen“, stimme nicht. „Ich habe eine hoch verschuldete Stadt übernommen. Viele Erfolge sind durch die Streitereien und Verhinderungspolitik zugedeckt worden. Doch ich spüre: Die Wahrnehmung ändert sich jetzt“, zeigte sich Willi zuversichtlich.

Auch in dem für ihn zentralsten Feld, der Wohnpolitik, könne er Erfolge vorweisen. „1.750 leistbare Wohnungen für 4.000 Menschen übergeben, für 1.500 Studierende sind Plätze in Umsetzung“, listete der Bürgermeister etwa auf. Dem Leerstand könne man nunmehr „gezielt“ nachgehen, denn es sei eine solch gute Erhebung des Wohnungsbestands gemacht worden wie noch nie zuvor.

Er habe erreicht, dass auf Landesebene die Leerstandsabgabe eingeführt wurde. 7.000 Wohnungen stehen im unter hohen Wohnkosten leidenden Innsbruck leer – 2.500 davon wolle er in den kommenden Jahren auf den Markt bringen. „Durch konsequentes Nachgehen“, so Willi, auch wenn die Landesjuristen dahingehend anderer rechtlicher Meinung seien. Erneut drängte der Bürgermeister auf eine Verdoppelung der Leerstandsabgabe und zählte auf den in Aussicht gestellten Beschluss der Bundesregierung über deren „Verländerung“ noch heuer. Der Spekulation müsse ein Riegel vorgeschoben werden. „Für alle anderen Wohnungseigentümer gibt es ohnehin eine Reihe von Ausnahmetatbeständen“, sagte Willi.

Der öffentliche Verkehr sei bereits ausgebaut worden – und soll weiter ausgebaut werden. Zudem will Willi den gesamten Innenstadtbereich „oberirdisch von rein parkenden Autos befreien“ – „Vom Bahnhof bis zur Bürgerstraße“. Die Kurzparkplätze dort sollen der Vergangenheit angehören – die Parkplätze zu Fahrradstreifen mutieren. Tempo 30 werde flächendeckend bis auf große Durchzugsstraßen kommen – „mit einer progressiven Mitte-Links-Mehrheit, die ich knapp sehe, wird das möglich sein.“

Vehement trat Willi dem Vorwurf der politischen Konkurrenz entgegen, er habe nicht genug Standortpolitik, etwa im Bereich Wirtschaft und Wissenschaft, betrieben: „Ich habe die Ehrensenator-Würde der Universität Innsbruck erhalten, weil ich etwa richtig viel gemacht habe, dass sich die Uni baulich weiterentwickeln konnte.“

Keinen Schwerpunkt will der Bürgermeister weiter auf den Innsbrucker Flughafen legen. Wie viel geflogen werde, „regelt der Markt.“ Der Airport sollte „Zubringer sein zu großen Flugdrehscheiben“ – „wie früher“. Ihm würde der Flughafen nicht abgehen, sollte es ihn einmal nicht mehr geben, räumte Willi ein. In erster Linie wolle er danach trachten, dass Innsbruck „besser an das internationale Bahnnetz“ angeschossen sei, um etwa die Verbindung zum Flughafen München zu verbessern.

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