„Wir sind wieder auf dem Weg nach oben“

Klubobmann Wöginger sieht guten Start von Karl Nehammer und die ÖVP „jetzt wieder stabil“

Der Innviertler August Wöginger ist seit 2017 Klubobmann der Volkspartei — heuer allerdings mit einer kurzen Unterbrechung, als Sebastian Kurz vom Rücktritt als Kanzler bis zum Rückzug aus der Politik den ÖVP-Klub führte.
Der Innviertler August Wöginger ist seit 2017 Klubobmann der Volkspartei — heuer allerdings mit einer kurzen Unterbrechung, als Sebastian Kurz vom Rücktritt als Kanzler bis zum Rückzug aus der Politik den ÖVP-Klub führte. © Parlament/Topf

VOLKSBLATT: Wie fällt Ihre Kurzcharakteristik des Jahres 2021 in Bezug auf die Volkspartei aus?

Klubobmann WÖGINGER: Sehr turbulent und herausfordernd, jetzt aber wieder stabil.

Warum sollen nach den heurigen Turbulenzen die Wähler trotzdem der Volkspartei die Treue halten?

Unser neuer Parteiobmann und Bundeskanzler Karl Nehammer hat einen sehr guten Start hingelegt. Er hat in seinen ersten Auftritten und Interviews gezeigt, dass er verbindet und Brücken baut, was gerade in Zeiten wie diesen besonders wichtig ist. Das spüren die Menschen, auch die Umfragen zeigen, dass wir wieder auf dem Weg nach oben sind.

Die Bundes-ÖVP hat seit dem Jahr 2007 mit Karl Nehammer den siebten Bundesparteiobmann. Ist der häufige Wechsel an der Spitze einer konservativen Partei nicht paradox?

Dahinter stehen immer persönliche Entscheidungen, die zu akzeptieren sind. Wichtig ist, dass dann immer rasch gehandelt wird, das ist jetzt innerhalb von 24 Stunden passiert und die gesamte Personalrochade einstimmig angenommen worden. Von der ersten Stunde an ist in der Koalition für die Menschen und das Land weitergearbeitet worden — das ist das Wichtigste.

Wie sehr könnten die gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz laufenden Ermittlungen den Aufschwung der Partei beeinträchtigen?

Sebastian Kurz hat mit der persönlichen Entscheidung, die Politik zu verlassen, die politische Verantwortung wahrgenommen. Im Korruptions-Untersuchungsausschuss werden wir uns so einbringen, dass alles transparent aufgearbeitet wird, da wird es unsere volle Mitarbeit geben. Was wir nicht wollen, sind Untergriffe und nicht belegbare Anschuldigungen.

Hört man sich Äußerungen der Opposition, zum Teil aber auch der Grünen, über den U-Ausschuss an, dann schwingt aber schon wieder sehr viel Vorverurteilung mit.

Eines wird in Österreich immer wieder sichtbar: Geht es um Politiker, dann redet man zwar von der Unschuldsvermutung, aber eigentlich handelt es sich um eine Schuldvermutung. Der U-Ausschuss ist ein wichtiges Kontrollinstrument des Parlaments. Wir werden uns aktiv beteiligen, damit der Ausschuss seine Aufgabe wahrnimmt.

Was steht Ende 2021 auf der Habenseite der Koalition?

Die Bilanz des Jahres 2021 ist gewaltig. Es würde Seiten füllen, was wir umgesetzt haben, ich nenne daher nur ein paar größere Projekte. Die Steuerreform bringt die größte Entlastung seit Jahrzehnten, wir haben das Erneuerbaren-Ausbaugesetz über die Bühne gebracht, die BVT-Reform wurde umgesetzt, es gab die Pensionsanpassung und Sozialleistungen wie die 150 Euro für Menschen mit niedrigem Einkommen, den Corona-Bonus von 3000 Euro, und auch so heikle Themen wie der assistierte Suizid wurden geregelt. Und das alles neben der Pandemiebewältigung.

Warum wird die Koalition von ÖVP und Grünen bis zum regulären Ende der Legislaturperiode halten?

Davon gehe ich aus, weil wir nach bestem Wissen und Gewissen diese schwierige Zeit gemeinsam bewältigen und viele Projekte auf den Weg bringen. Das ist das Zeichen dafür, dass diese Koalition funktioniert.

Was muss 2022 abseits der Pandemie-Bekämpfung weitergebracht werden?

Ein großes Thema wird die Pflege sein, immer im Fokus müssen Arbeitsmarkt und Standort sein.

Insbesondere bei der Pflege wächst die Ungeduld. Kommt sie 2022 tatsächlich auf die Füße?

Auf jeden Fall. Beim Pflegepersonal ist Arbeitsminister Martin Kocher sehr gut auf dem Weg, die Ausbildung von 12.500 Pflegekräften ist ein absoluter Höchststand. Das andere sind die Rahmenbedingungen, ein drittes ist die langfristige Absicherung der Finanzierung, das ist eine Angelegenheit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Ich gehe davon aus, dass wir das Thema Pflegereform abhaken können.

Sie nennen den assistierten Suizid ein ,heikles Thema’. Tatsächlich hatte man in der Parlamentsdebatte den Eindruck, dass ÖVP-Mandatare mit dem Sterbeverfügungsgesetz unglücklich sind. Musste es in der nun beschlossenen Form kommen?

Wir haben diesem sensiblen Thema im Parlamentsklub eine ausführliche Tagung gewidmet. Man muss aber festhalten, dass wir als Gesetzgeber durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum Handeln aufgefordert waren. Ohne ÖVP wären wir nicht zu einem Gesetz gekommen, mit dem die Tür, die in Bezug auf den assistierten Suizid zur Gänze offenstand, bis auf einen Spalt wieder zugemacht wurde. Wir haben hier sehr einschränkende Maßnahmen gesetzt.

Das Coronavirus schränkt uns abermals massiv ein, der Unmut vieler Menschen ist groß. Kann die Politik noch steuernd eingreifen?

Es geht uns allen gleich, wir haben vom Virus genug. Es ist aber leider noch da, verändert sich alle paar Monate und bringt uns immer wieder an den Rand der Spitalskapazitäten. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen zu schützen und darauf zu schauen, dass das Krankenhauspersonal und die Kapazitäten nicht noch mehr überlastet werden. Das ist eine riesige Herausforderung, weil es für ein sich ständig veränderndes Virus kein Handbuch und keine Checkliste gibt. Das ist eine Herausforderung, die wir nicht nur in Österreich zu bewältigen haben, das ist eine Pandemie, in der alle Länder die gleichen Herausforderungen zu bewältigen haben. Nur das Impfen hilft, das bestätigt die Wissenschaft.

„Das ist einer gewählten politischen Partei unwürdig“

FPÖ und MFG haben sichtlich Freude mit den Unzufriedenen. Was kann man deren Agitation entgegenhalten?

Was vor allem von der FPÖ und auch von der MFG getan wird, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar. Medikamente zu empfehlen, die zum Tod führen können, ständig Unwahrheiten zu verbreiten und dann auch noch zum Protest aufzurufen: Das ist zu viel. Das ist einer demokratisch gewählten politischen Partei nicht würdig.

Reichen die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr, um die Akkus aufzufüllen?

Ich freue mich auf diese Tage mit meiner Familie, ich werde sie genießen.

Ihr persönlicher Vorsatz für 2022?

Mehr Zeit für die Familie und den Wahlkreis zu haben. Und ich wünsche allen Menschen ein gutes und vor allem gesundes Neues Jahr.

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