„Wir steigen richtig in die Pedale“

Nach genau einem im Jahr im Amt zieht der Linzer ÖVP-Vizebürgermeister Martin Hajart Bilanz

Mit 100 Prozent wurde Martin Hajart im Vorjahr zum Stadtparteiobmann gewäht.
Mit 100 Prozent wurde Martin Hajart im Vorjahr zum Stadtparteiobmann gewäht. © Kusur/cityfoto

VOLKSBLATT: Vor einem Jahr sind Sie in die Linzer Kommunalpolitik „zurückgekehrt“. Was war das positivste Erlebnis?

HAJART: Der positive Start mit der 100-prozentigen Unterstützung der ÖVP Linz. Das hat für den nötigen Turbo am Anfang gesorgt und gab mir die Motivation.

Was hätten Sie lieber nicht erlebt?

Was ich nicht so eingeschätzt habe, wie verhärtet oft die Fronten sind. Gerade im Verkehrsressort, wo ich verantwortlich bin, ist die Stimmung zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern oft sehr aufgeheizt. Leider scheint das symptomatisch für die Post-Corona-Zeit zu sein, wo viele Menschen nur auf sich bedacht sind und gar nicht versuchen, den anderen zu verstehen.

Sie haben mit dem Verkehr ein Schlüsselressort der Stadt und Sie sind mit Ansagen gestartet. Wann wird den Linz zur Radstadt?

Wir sind auf dem Weg dorthin. Gestartet haben wir mit einem Verkehrsausschuss und einem Lokalaugenschein im Franck-viertel mit dem Rad. Und im Laufe der Zeit haben wir schon Dinge auf den Weg gebracht: Den Radweg auf der Florianerbahn, Mehrzweckstreifen in Stockhof- und Herrenstraße … und außerdem entwickeln wir gerade eine Fahrradstrategie, damit beim derzeitigen Fleckerlteppich die Lücken geschlossen werden. Ja, wir steigen so richtig fürs Fahrradfahren in die Pedale.

Daneben gibt es auch aktuelle Herausforderungen. Wie zufrieden sind Sie mit der Verkehrslösung bezüglich des Stadions?

Man hat vor einigen Jahren den Beschluss gefasst, das Stadion wieder auf der Gugl zu errichten – da war ich nicht dabei. Positiv ist, dass sich der überwiegende Teil bisher an die Empfehlung gehalten hat, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen. Es gab natürlich auch jene, die es nicht glauben wollten und mit dem Auto direkt vor das Stadion fahren wollten. Es wird sich sicher mit der Zeit auch bei diesen Menschen ein Lerneffekt einstellen. Und natürlich werden auch wir – die Stadt, die Polizei, der LASK – dazulernen.

Und wie heiß wird der tunnellose Sommer für den Linzer Süden?

Man hat es leider verabsäumt, die Corona-Zeit und die Lockdowns für die Sanierung des Mona-Lisa-Tunnels zu nutzen. Vielleicht hatten die damals politisch Verantwortlichen auch Angst vor der Wahl. Aber egal. Wir müssen das nun angehen und den Tunnel sanieren. Wir haben ein umfassendes Maßnahmen-Bündel geschnürt, das wird noch verfeinert – aber es wird Beeinträchtigungen geben.

Apropos Süden: Hier haben Sie einige Baustellen geerbt. Welche Lösung zeichnet sich für die Neubauten am Kasernen-Gelände ab?

Es ist unabdingbar, zuerst ein Verkehrskonzept für den Linzer Süden zu entwickeln. Da bin ich gerade dabei – samt Experten und Beteiligungsverfahren. Dann muss man die Finanzierung fixieren und erst dann mit dem Wohnbau beginnen. Und nicht – wie manche SPÖ-Politiker das gerne hätten – zuerst den Wohnbau realisieren und dann über den Verkehr nachdenken.

Und wandern die Pläne für die Seilbahn nun endgültig ins Archiv?

Die Seilbahn ist solange ein Luftschloss, solange die Finanzverantwortlichen keine Finanzierung zusichern. Es wären leere Kilometer. Wir können uns derzeit offensichtlich nicht einmal Busse leisten. Ich konzentriere mich auf realisierbare Projekte.

Wie steht es bei den anderen Projekten – etwa die neuen O-Bus-Linien?

Auch hier fehlt die Finanzierung der Stadt.

Und die S-Bahn zur Uni?

Die beiden S-Bahnen ins Mühlviertel sind ein absolutes Muss, um die Pendlerproblematik in den Griff zu bekommen. Und die geplante S7 vom Hauptbahnhof über die Eisenbahnbrücke zur neuen Digital-Uni und dann weiter nach Gallneukirchen ist eine große Chance, auch das Jahrhundertprojekt Digital-Uni perfekt anzubinden. Auch hier wäre es gescheit, wenn man sich darauf committet, zuerst die Verkehrslösung zu fixieren. Und wir kommen – Stadt Linz, Land OÖ, Schiene OÖ und Linz Linien – auch ganz gut voran. Meine Vision ist es, dass man sowohl mit der S-Bahn als auch mit der Bim direkt am Campus aussteigen kann.

Sie sind auch ÖVP-Stadtpartei-Obmann. Wie schaut bürgerliche Stadtpolitik aus?

Es geht darum, dass man Verantwortung übernimmt. Ich liebe mein Linz und will für Linz Positives bewegen. Und das tue ich mit viel Pragmatismus und wenig Ideologie. Ohne Scheuklappen. Es gibt natürlich Parteien in der Stadt, die sich nicht nur um Linz kümmern: Die SPÖ beschäftigt sich etwa seit Jahren nur mit sich selbst. Vor einem Jahr, als ich begonnen habe, kümmerte sich Klaus Luger um die Landes-SPÖ, derzeit um die Bundes-SPÖ. Ich kümmere mich nur um Linz. Wir setzen allerdings auch thematische Schwerpunkte. Natürlich im Verkehr, da will ich Linz zur Fahrradstadt machen und die Verkehrswende aktiv gestalten. Natürlich in der Wirtschaft, da wird seitens der Stadt viel zu wenig getan und das sieht man etwa in der südlichen Landstraße. Und drittens beim Thema Sicherheit.

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