Wöginger: „Der Lockdown war alternativlos“

Für den 1. stv. ÖVP-Klubobmann trägt die Steuerrefom eindeutig die Handschrift der ÖVP

MINISTERRAT: WGINGER

Das Budget ist zwar beschlossen, trotzdem ist im Nationalrat noch keine Spur von Weihnachtsruhe zu verspüren, dafür sorgt vor allem das Coronavirus.

Am Dienstagabend wurde etwa der Lockdown verlängert. Die Abstimmung zwischen den Koalitionspartnern läuft dabei weiterhin auf ÖVP-Seite über August Wöginger.

VOLKSBLATT: Der Hauptausschuss hat den Lockdown verlängert. Wie kann man dreifach geimpften Personen erklären, dass Sie mindestens weitere zehn Tage „Hausarrest“ haben?

WÖGINGER: Die Situation war dramatisch und ist in den Spitälern und auf den Intensivstationen noch immer angespannt. Der Lockdown war alternativlos. Wir bitten natürlich in erster Linie die Geimpften für Verständnis dafür. Die Politik hat die Aufgabe in Extremsituationen zu handeln, daher der Lockdown für 20 Tage.

Sie sind selbst Vater schulpflichtiger Kinder, was sagen Sie den ratlosen Eltern: Kinder zu Hause lassen oder in die Schule schicken?

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass Schule vor Ort stattfinden kann. Wir haben bei den bisherigen Lockdowns gesehen, dass wir schon sehr viele Kinder in der Schule und in Betreuung gehabt haben. Ich persönlich glaube, dass der Unterschied gar nicht so groß ist und dort, wo es möglich oder leichter möglich ist, wird ersucht, die Kinder zu Hause zu lassen. Aber der Präsenzunterricht in den Schulen findet statt. Wir haben ein sehr gutes Testsystem in den Schulen aufgebaut. Ich glaube, das hat sich in den letzten Tagen gut eingependelt.

Ein weiteres heißes Thema im Nationalrat wird die Impfpflicht sein, verstehen Sie die Bedenken der Kritiker und warum ist gerade im Innviertel die Impfskepsis so hoch?

Es ist eine gute Frage, warum es in den Vierteln unterschiedlich ist. Manche haben persönliche Ängste davor, manche vertrauen dem Impfstoff nicht. Ich kann nur sagen: Lassen sie sich impfen. In Österreich sind über sechs Millionen Menschen geimpft, Nebenwirkungen gibt es, aber sie sind überschaubar. Impfen ist der einzige Weg aus dieser Pandemie. Wir können es nicht verantworten, dass wir weitere Lockdowns haben und wir können auch nicht zulassen, dass die Intensivkapazitäten in den Spitälern gesprengt werden. Das ist den Menschen und auch dem Personal nicht zumutbar.

Wie kann man diese Ängste nehmen?

Es ist mühsam und schwierig. Es gibt bei den Impfskeptikern sehr unterschiedliche Gruppen. Ich hoffe nur, dass man viele überzeugen kann. Ich hoffe auch, dass jene Menschen, die derzeit sagen, dass sie sich mit dem Totimpfstoff impfen lassen werden, dies dann auch wirklich tun, wenn dieser da ist. Denn eines ist klar: Wir werden diese Pandemie nur durch das Impfen bewerkstelligen können.

Eigentlich bräuchte man gerade in der Krise Vertrauen in die und Geschlossenheit in der Politik. Warum gelingt hier kein Schulterschluss?

Es saßen beim Gipfel zur Impfpflicht vier Parteien am Tisch. Also neben den Regierungsparteien auch SPÖ und Neos. Die SPÖ wird die Impfpflicht jedenfalls unterstützen, natürlich müssen noch die Details geklärt werden. Auch die Neos signalisieren Bereitschaft zuzustimmen, wenn die Formulierungen passen. Es ist unser Ziel, einen breitest möglichen Schulterschluss für die allgemeine Impfpflicht zu haben. Und sollte es die Zustimmung dieser beiden Oppositionsparteien geben, dann werden 84 Prozent der gewählten Volksvertreter im Parlament zustimmen.

Die Kritik wird sehr – vorsichtig formuliert – vehement vorgetragen. Warum tut das die Kickl-FPÖ?

Es kann nur um Stimmenfang gehen. Denn ansonsten ist es einfach nur verantwortungslos, dass man als Obmann einer demokratisch gewählten Partei ein Entwurmungsmittel für Tiere empfiehlt, und die Leute nehmen das auch noch ein, erkranken dadurch schwer und sterben sogar daran. Ich verstehe auch nicht, warum man so vehement gegen das Impfen auftritt, obwohl in den Reihen der FPÖ viele geimpft sind – vom Präsident Norbert Hofer bis hin zu FPÖ-Strategen Andreas Mölzer, der sich sogar demnächst den dritten Stich holt und für die Impfpflicht ist, sind ganz viele in der FPÖ geimpft. Ich bin davon überzeugt, würde die FPÖ sagen „Impfen ist sinnvoll“, dann hätten sich viel mehr Menschen impfen lassen.

Vor eineinhalb Monaten wechselte Sebastian Kurz ins Parlament – wie hat sich Ihre Arbeit geändert seit Sie 1. stv. Klubobmann sind?

Bei mir hat sich sehr wenig geändert. Ich führe weiterhin die Geschäfte als 1. stellvertretender Klubobmann. Von der Arbeit hat sich wenig geändert außer, dass es derzeit sehr intensiv ist, auch abseits von Corona: Wir haben das Budget beschlossen, wir haben die Steuerreform in Begutachtung, wir haben im Dezember noch eine sehr intensive Parlament-Session anstehen, wir haben das Gesetz zum assistierten Suizid auf der Tagesordnung, …

Das Budget ist nun beschlossen, kann es angesichts der Corona-Krise überhaupt halten?

Es sind im Budget Vorkehrungen betroffen, aber natürlich kann man nicht genau abschätzen, wie sich das in den kommenden Wochen und Monaten entwickelt. Aber jedenfalls tun wir alles, um die Menschen gut durch diese schwere Situation zu bringen. Wir haben die Wirtschaftshilfen wieder alle hochgefahren, wir haben die Kurzarbeitsregelung verlängert und wir haben gerade gestern wieder ermöglicht, dass Unternehmen anstatt der abgesagten Weihnachtsfeier den Mitarbeitern Gutscheine in Höhe von bis zu 365 Euro steuerfrei schenken können. Wir bemühen uns wirklich, das Land, die Menschen, die Wirtschaft bestmöglich zu unterstützen.

Froh, dass die ökosoziale Steuerreform auf Schiene ist?

Sehr. Es sind ganz wichtige Punkte enthalten, die die Handschrift der Volkspartei zeigen: die Aufstockung des Familienbonus, das Absenken der Steuerstufen, im untersten Bereich senken wir auch die Krankenversicherungsbeiträge ab, damit auch jene, die wenig Einkommen haben, davon profitieren, auch die Wirtschaft wird entlastet. Wir haben bei den Bauern dafür gesorgt, dass die Mehrkosten für den Diesel rückerstattet werden. Ein Rundum-Entlastungspaket mit einem ökologischen Schwerpunkt. Ja, wir führen eine CO2-Bepreisung ein, aber zugleich auch einen regionalen Klimabonus, der gerade in den ländlichen Gebieten doppelt so hoch ist, als in der Bundeshauptstadt.

Der neue U-Ausschuss ist in den Startlöchern, was erwarten Sie sich für Ergebnisse?

Der Ausschuss wird mit Dezember eingesetzt und irgendwann im Frühjahr wird es mit den Befragungen losgehen. Untersuchungsausschüsse sind ein Kontrollinstrument des Parlaments und bei uns ein Minderheitenrecht. Wir haben eigentlich in Permanenz U-Ausschüsse. Wir werden uns als Volkspartei bestmöglich aufstellen und aktiv mitarbeiten.

Und wie kann und wird die ÖVP in diesem Ausschuss mitarbeiten?

Auch wenn der Ausschuss explizit gegen die ÖVP gerichtet ist, werden wir natürlich mitarbeiten und wir werden alles tun, um die Vorwürfe zu entkräften. Und eines ist auch klar: Die ÖVP hat auch in den vergangenen Jahren nicht alleine regiert.

Mit dem 1. stv. ÖVP-Klubchef AUGUST WÖGINGER sprach Herbert Schicho

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