Ziel: Gehalt statt Taschengeld für Behinderte

ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hielten nach dem Ministerrat ein Plädoyer für inklusive Beschäftigung.
ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hielten nach dem Ministerrat ein Plädoyer für inklusive Beschäftigung. © APA/Hochmuth

Die Position Behinderter im Arbeitsleben soll gestärkt werden. Dafür hat die Regierung im Ministerrat am Mittwoch 36 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. 18 weitere Millionen sollen seitens der Länder beigesteuert werden. Mit den Geldern sollen Projekte finanziert werden, die Menschen mit Behinderungen den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen und diesen regulären Lohn und Sozialversicherung bringen.

Langfristiges Ziel ist es, Behinderten in speziellen Beschäftigungsverhältnissen ein Gehalt statt eines Taschengelds zu ermöglichen. Die Gespräche zu einem Umstieg auch in tagesstrukturellen Einrichtungen der Länder werden weitergeführt, hieß es im Pressefoyer nach dem Ministerrat mit Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger.

Lesen Sie auch

Komplette Umstellung würde 190 Mio. Euro pro Jahr kosten

Rund 28.000 Menschen mit Behinderungen sind derzeit in solch betreuten Werkstätten tätig. Für ihre Arbeit sind sie unfallversichert und erhalten je nach Bundesland 35 bis 100 Euro Taschengeld pro Monat — jedoch keinen eigentlichen Lohn. Eine Umstellung würde die Länder laut einer Studie rund 190 Millionen im Jahr kosten. Bis man hier vielleicht im nächsten Finanzausgleich eine Lösung finden könnte, wolle er nicht warten, begründete der Sozialminister die nunmehrige Initiative.

Daher setzt man mit den 36 Millionen einen ersten Schritt Richtung Umsetzung. Die betroffenen Personen sollen dadurch ein faires Entgelt für ihre Arbeit erhalten, sozialversicherungsrechtlich abgesichert sein und Anspruch auf eine Pension haben.

Gefördert werden sollen neue oder bereits bestehende Projekte in den Ländern. Wie viele Personen künftig ein Gehalt bekommen, konnte Rauch nicht sagen. Es werde aber bei den Betroffenen eine volle Sozialversicherung und eben kein Taschengeld, sondern eine Entlohnung geben.

Grundsätzlich gibt es drei Zielgruppen. Zunächst profitieren können Personen, die in Unternehmen tätig sind, in denen der Arbeitsplatz individuell an sie angepasst ist. Für diese Tätigkeit erhalten sie dann in Zukunft ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Die Barrierefreiheit wird entweder vom Unternehmen selbst oder durch kostenlose Unterstützungsangebote des Sozialministeriumservice sichergestellt.

Weiters geht es um Menschen mit Behinderungen, die noch in Einrichtungen betreut werden oder im Rahmen einer gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung tätig sind, aber in Gruppen im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverträgen am regulären Arbeitsmarkt oder etwa bei Gemeindeämtern aktiv sind. Schließlich sind noch jene Zielgruppe, die im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverträgen in der Struktur oder Organisation ihrer Einrichtung tätig sind.

Die genauen Kriterien der Richtlinie werden in den kommenden Wochen gemeinsam mit den Ländern und Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderungen erarbeitet. Gleichzeitig werden bestehende Angebote des AMS für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen aus tagesstrukturellen Einrichtungen am Arbeitsmarkt weiterentwickelt.

Dazu zählen vor allem Eingliederungshilfen mit erhöhter Förderintensität. Von den 36 Millionen des Bundes kommen 30 aus dem Sozialministerium, sechs vom Arbeitsmarktservice. Wöginger sah im Pressefoyer einen „weiteren sozialpolitischen Meilenstein für Menschen mit Behinderungen“ nach dem Ausbau der persönlichen Assistenz.

Land Oberösterreich wird Bundesgeld abholen

Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) begrüßt die Initiative der Bundesregierung: „Wir werden jedenfalls Projekte beim Bund einreichen, um die nun zur Verfügung gestellten Mittel für noch mehr Chancengleichheit in Oberösterreich einzusetzen.“

Er verweist aber auch darauf, dass sein Sozialressort bereits letztes Jahr einen umfassenden Prozess „Arbeit und Inklusion“ mit dem Ziel, Menschen mit Beeinträchtigung in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, gestartet hat. Gemeinsam mit der Wirtschaftskammer OÖ werden dabei in einem breit angelegten Beteiligungsprozess Menschen mit Beeinträchtigung und Firmen, die bereits Vorreiter bei der Inklusion sind, eingebunden, um die Teilhabe von Beeinträchtigten am Arbeitsmarkt zu stärken.

Der Prozess wird in Kürze abgeschlossen, die Ergebnisse werden in der Folge präsentiert. „Wir werden jedenfalls Projekte beim Bund einreichen, um die nun zur Verfügung gestellten Mittel für noch mehr Chancengleichheit in Oberösterreich einzusetzen.“

Das könnte Sie auch interessieren