Portraitmaler Franz Seraph Stirnbrand

Franz Seraph Stirnbrand war einer der beliebtesten Porträtmaler der Biedermeierzeit in deutschen Landen. Und eine Institution im kulturellen Leben Stuttgarts. Auf 450 Seiten hat nun Roswitha Emele dem Porträtmaler, der sein Handwerk in Oberösterreich erlernte, ein fulminantes Porträt geschrieben.

Alltagsszenen: Als Modell für die hübsche Blumenverkäuferin nahm Stirnbrand seine Stieftochter Karoline Guther. ©Staatsgalerie Stuttgart, Schlossmuseum Braunschweig © Staatsgalerie Stuttgart, Schlossmuseum Braunschweig

Klar ist, dass er am 2. August 1882 – also vor 140 Jahren – in seiner Wahlheimatstadt Stuttgart verstorben ist. Unklar ist hingegen, wo und wann er genau geboren ist. Vermutlich irgendwann um 1788 und irgendwo im Habsburgerreich.

Die Mutter verdiente sich nämlich als Marketenderin und zog im Tross eines kroatischen Regiments durchs Land. Ein Soldat namens Flam hat den Buben in Linz aufgelesen, denn seine Mutter wollte das Baby aus Verzweiflung in der Donau ertränken. Gesichert ist, dass Flam im Jahr 1791 den etwa Dreijährigen zur Obhut an Johann Baptist Röser übergab, seines Zeichens Pfleger und Landesgerichtsverwalter. Der Bub wuchs auf der Greinburg oder auch auf Schloss Zellhof auf (im heutigen Bad Zell).

Ein einschneidendes Erlebnis passierte dem Burschen im Alter von fünf Jahren. Pflegevater Röser schildert in seinen Aufzeichnungen, dass der Junge in der Küche mit dem Kopf ins Feuer kam. „die Köchin sahe dies und bauschte ihm das Feuertuch über den Kopf, um das Feuer zu dämpfen. Es machte aber eine entgegengesetzte Wirkung und verbrannte ihm die Stirn“. Danach bekam der Bub den Namen „Stirnbrand“.

1798 zog der Junge zu der Schwester von Röser nach Enns und machte dort erste Bekanntschaften mit dem Zeichnen. Krankheitsbedingt musste damals der Maler Philipp Friedrich Hetsch in Enns bleiben und logierte ebenfalls bei der Pflegefamilie Stirnbrands. Der bekannte Künstler aus Württemberg lehrte den Knaben ein bisschen in der Kunst und lud ihn auch nach Stuttgart ein. Und in Enns wurde sogar Kaiser Franz I auf das Talent aufmerksam und bot ihm einen Studienplatz an der Akademie in Wien an. Letztlich scheiterte das am Geld und der junge Stirnbrand nahm schließlich eine Lehrstelle in Linz an.

Lehre in Linz, Karriere in Stuttgart

1805 fing Stirnbrand die Lehre zum Dekorationsmaler an und schloss diese nach vier Jahren mit einer Belobigung ab. Er arbeitete weiter als Geselle, wurde Mitglied der Linzer Malerzunft und in der Sonntagsschule nahm er Zeichenunterricht. In seinem 18. Lebensjahr ließ sich der Junge in Linz taufen, weil man nicht sicher war, ob er als Kind überhaupt getauft wurde – seit 2. April 1808 heißt er nun auch offiziell Franz Seraph Stirnbrand.

Herzog Wilhelm von Braunschweig im Bild als Jugendlicher ©Staatsgalerie Stuttgart, Schlossmuseum Braunschweig

Um nicht zum österreichischen Militär eingezogen zu werden, flohen Stirnbrand und sein Pflegevater Rösner 1809 aus Oberösterreich, Stirnbrand landete schließlich in Frankfurt. In der Mainmetropole fand er rasch einen Job bei einem Zinngießer als Dosenmaler. Und er legte den Grundstein für seine Karriere: Statt der üblichen Blumenverzierungen malte Stirnbrand berühmte Persönlichkeiten aus dieser Zeit auf die Tabakdosen – Napoleon, Kaiserin Maria Luise oder Andreas Hofer. Diese Miniaturbilder waren so erfolgreich, dass sein Gehalt stieg und sich der französische Gesandte samt Familie porträtieren ließ. Nach Napoleons gescheitertem Russlandfeldzug wurde es ihm in Frankfurt „zu heiß“ und er übersiedelte nach Stuttgart. Der Start war schwierig und wegen einer Hungersnot reiste er 1816 zurück nach Linz. Obwohl er in Linz durchaus sein Auskommen als Maler gefunden hätte, noch heute sind einige seiner Bilder in Linzer Museen zu finden, kehrte er ein Jahr später nach Stuttgart zurück. Auch aus Furcht vorm österreichischen Militärdienst. Mit einem Brustbild von Königin Katharina von Württemberg, das er um 1820 nach dem Tod der Königin 1819 schuf und das er 21 Mal kopierte, gelang ihm dann der künstlerische Durchbruch – und auch die finanziellen Sorgen waren vorbei.

Stirnbrand, der bei seiner Ankunft in Stuttgart 100 Gulden besaß, brachte es als Porträtmaler zu beachtlichem Wohlstand. Roswitha Emele kann diese Einkünfte sehr genau nachzeichnen, da sie Stirnbrands Einnahmenbuch, das lange als verschollen galt, wiedergefunden und erstmals systematisch ausgewertet hat. Die Einnahmen von 1813 bis 1851 hochgerechnet, so Roswitha Emele, ergäben jedenfalls ein Jahreseinkommen, das dem eines höchstbezahlten Universitätsprofessors entsprochen hätte. In Wahrheit lag es wohl deutlich darüber, denn mit den Jahren nach 1851 stieg Stirnbrands Ruhm stetig weiter, bis dann im Laufe der 1860-er Jahre sein Stern verblasst.

Institution: Künstlerisch und gesellschaftlich

Für die protestantischen Schwaben brachte Stirnbrand auch so manche Lockerungsübung mit. Künstlerisch wurde mit Stirnbrand die Malerei rund um den Neckar farbiger, sinnlicher. „Stirnbrand kombinierte Elemente der vernunftbetonten klassizistischen Auffassung mit den Mitteln der modernen gefühlvollen romantischen Malerei. Im Laufe der Jahre verwob er diese Tendenzen mit der Erzählfreude und dem Detailreichtum des Biedermeiers zu seinem eigenen Duktus“, erklärt Emele. Und Stirnbrand hat im Laufe seines langen Lebens eine Fülle von Bildern geschaffen, alleine bis 1851 sind in seinem Einnahmebuch 1062 Porträts vermerkt, viele dieser Bilder hängen in den großen Museen Europas. Das zeitlich späteste gefundene Gemälde stammt vermutlich aus 1879.

Aber auch im gesellschaftlichen Leben Stuttgarts hat er Spuren hinterlassen. Man freute sich in Theaterkreisen und in der hohen Beamtenschaft, man freute sich unter Literaten, Musikern, ja sogar bei Hofe, wenn es abends zu Stirnbrand ging. Sogar die international gefeierte Pianistin Clara Schumann gab sich hier die Ehre.

Und Friedrich Wilhelm Hackländer, der Privatsekretär des württembergischen Kronprinzen Karl, erinnert sich an „glückliche Stunden und Abende, die wir in dem heiteren, gastfreien Hause verbrachten, bei den liebenswürdigsten Wirten und der stets auserlesenen Gesellschaft von Künstlern aller Art, Schauspielern und Sängern“.

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