Prozess um Doppelmord in Wullowitz: Angeklagter Afghane legte Geständnis ab

Am ersten der beiden Verhandlungstage des Doppelmord-Prozesses in Linz ist am Mittwoch der Angeklagte bis in den Nachmittag hinein einvernommen worden. Der Afghane, der im Oktober 2019 in Wullwoitz einen Rot-Kreuz-Mitarbeiter und einen Altbauern erstochen haben soll, gestand zwar die Taten, beteuerte aber immer wieder, er habe „niemanden verletzen“ wollen.

„Ich weiß, dass ich es getan und einen Fehler gemacht habe“, übersetzte der Dolmetscher die Sätze des 33-Jährigen.

Es tue ihm auch „sehr leid, es ist halt so passiert“, eine andere Erklärung habe er nicht für das, was am 14. Oktober geschehen war. Wegen einer eigenmächtigen Diensteinteilung im Altstoffsammelzentrum hatte der ehemalige Flüchtlingsbetreuer den Angeklagten zur Rede gestellt. Nach einem Disput trennten sich die beiden. „Ich war sehr aufgeregt und verärgert“, erinnerte sich der Afghane. Daher sei er am Nachmittag in das Wohnheim geradelt, in dem der Rot-Kreuz-Mitarbeiter beschäftigt war. Dort traf er den 32-Jährigen an. Sofort sei der Angeklagte „aggressiv geworden“, zog ein Messer und stach zweimal zu, führte die Staatsanwältin aus. Das Opfer erlitt „massive Stichwunden in der Brust“. Vier Tage nach der Attacke starb der junge Mann im Spital.

Drohung mit Abschiebung als Auslöser

Der Betreuer habe ihm mit Abschiebung gedroht, das sei für ihn „nicht akzeptabel“ gewesen, versuchte der Afghane eine Rechtfertigung. Letztendlich habe sich sein Mandant nicht mehr unter Kontrolle gehabt, argumentierte der Verteidiger. Die „fürchterliche und sinnlose“ Tat lasse sich nur so erklären, dass der Angeklagte „krank ist“. Fühle er sich „respektlos behandelt“, werde er maßlos wütend und setze entsprechende Handlungen.

Dies passierte an jenem Tag noch ein zweites Mal. Nach der Messerattacke auf den Betreuer floh er mit dem Rad. Bei einem rund 400 Meter entfernten Gehöft sah er einen Mann, der in einer Garage Einkäufe aus einem Pkw räumte. „Ich hab gesagt, ‚Gib mir bitte dein Auto‘“, meinte der Angeklagte in gebrochenem Deutsch. Als sich der 63-Jährige weigerte, habe er weiter gebettelt. Dann schrie der Landwirt ihn wohl an, sein „Todesurteil“, wie die Staatsanwältin ausführte. Jedenfalls zückte der Afghane erneut das Messer und tötete sein Gegenüber mit fünf Stichen in die Brust. Schon allein die „Wucht des Zustechens“ in beiden Fällen wertete die Staatsanwältin als Beleg dafür, dass der Angeklagte „Tötungsabsicht“ gehabt habe.

Flucht nach Linz

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Mit dem Auto des Altbauern flüchtete er dann Richtung Linz, wo er in Ebelsberg auf einem Feldweg mit dem Wagen stecken blieb. Eine Spaziergängerin und deren Eltern zogen den Wagen noch aus dem Morast. Erst am Abend erfuhren sie, wem sie zuvor Hilfe geleistet hatten. Der Beschuldigte war gefasst worden, im Auto wurde auch das blutverschmierte Messer sichergestellt.

Die Befragung des Angeklagten am Mittwoch dauerte viele Stunden, in denen versucht wurde, die Motivation für das Handeln sowie den genauen Tathergang zu erforschen. Am Nachmittag folgten dann noch Zeugen. Ein Mitarbeiter des Altstoffsammelzentrums beschrieb den Afghanen als „anfangs zuverlässig“. Ab Februar 2019 kam der Asylwerber jedoch nicht mehr zur Arbeit. Er habe angefangen zu beten, meinte der Zeuge.

Einer der Flüchtlinge, der den Angriff auf den Rot-Kreuz-Helfer vor dem Wohnheim miterlebt hatte, erinnerte sich noch, dass er den Angeklagten kurz begrüßte. Dann sei alles ganz schnell gegangen. Der Betreuer kam aus dem Haus, fragte den Ankommenden, was er wolle. Darauf sei dieser ohne ein Wort zu sagen auf den 32-Jährigen zugegangen und habe sofort auf ihn eingestochen. Der Zeuge habe noch „Mach keinen Blödsinn“ zu dem Afghanen gesagt, außerdem sei ihm aufgefallen, dass der mutmaßliche Täter „sehr aggressiv und wütend“ gewesen sei, so der Mann vor Gericht.

Am Freitag werden dann die Sachverständigen ihre Gutachten erläutern. Psychiaterin Adelheid Kastner hat dem Angeklagten zwar einen „religiös gefärbten Wahn“ attestiert, hält ihn jedoch für zurechnungsfähig. Für den Abend wird dann das Urteil im Geschworenenprozess erwartet. Dem Angeklagten drohen zehn bis 20 Jahre Haft oder lebenslang.

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