Psychische Probleme Jugendlicher verdichten sich Corona-bedingt

Sie können aber auch erst in Jahren noch gehäuft neu auftreten

Die Auswirkungen der Corona-bedingten Lockdowns auf Kinder und Jugendliche werden zunehmend sichtbar. Ängste, Zwangsstörungen, Depressionen, Essstörungen – speziell die Magersucht – und Verhaltenssüchte mehren sich.

Noch nicht abzusehen sind indes, so pro-mente-Vorsitzender und Suchtexperte Prim. Kurosch Yazdi, welche Spätfolgen erst in einigen Jahren kommen. „Wir kennen das aus Kriegsländern, dass bei Jugendlichen oft erst Jahre später massive Probleme auftreten. Denn eine gewisse Zeit lang sind sie in der Lage, diese zu kompensieren.“

Symptome treten jetzt massiver auf

„Gerade bei jungen Menschen, die bereits zuvor mit psychischen Problemen zu kämpfen hatten, treten die verschiedenen Störungsbilder jetzt verstärkt auf, die Symptome kommen massiver zum Vorschein“, beobachtet Kinder- und Jugendpsychiaterin Doris Koubek.

Daher sei es umso wichtiger, die psychischen Probleme rasch zu erkennen und behandeln zu lassen. Vor allem Internet- und Handysucht steigen bei den Jungen massiv an. Wichtig sei daher, dem Nachwuchs ein Offline-Freizeitangebot – Brettspiele, gemeinsam einen Kuchen backen oder ähnliches — anzubieten und als Eltern laufend mit ihnen in Kontakt zu bleiben.

„Das ist schwieriger, als es klingt, aber man kann sich auch von den Kindern ihre Computeraktivitäten zeigen lassen, nicht um sie zu belehren, sondern aus echtem Interesse“, schildert Koubek eine Andockmöglichkeit.

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Schon vor der Corona-Pandemie gab es in OÖ etwa 8200 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren, die als sogenannte Neets keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich auch in keiner Kursmaßnahme befinden. Die Zahl jener junger Menschen, die seit mehr als sechs Monaten arbeitslos sind, hat sich in der Pandemie massiv erhöht.

Aktuell sind es 400, erläutert Univ.-Prof. Johann Bacher, Leiter der Empirischen Sozialforschung an der Johannes Kepler Universität. Sie sind von einer sozialen Ausgrenzung besonders betroffen. pro mente versucht, Neets in Einrichtungen eine Motivation zum Aufstehen und eine Tagesstruktur zu geben. „Wir mussten von heute auf morgen, von der Face-to-face-Betreuung auf Online-Angebote umstellen“, schildert Manuela Nemesch, Geschäftsfeldleiterin pro mente Jugend.

Dabei sei gerade bei den Jugendlichen der soziale Kontakt extrem wichtig. Ein Grund, warum sich Probleme verschärften, liege auch in der Art der Online-Kommunikation, weiß Yazdi: „Dort trifft man sich genau in den Foren, wo alle einer Meinung sind und sich beispielsweise noch intensiver mit einer Essstörung auseinandersetzen.“

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