Rasenmähen statt Rock´n´Roll

Kabarett: Klaus Eckels „Wer langsam spricht ...“ im Linzer Posthof

Der Wiener Kabarettist Klaus Eckel: Er spricht gar nicht so schnell, andere hören nur zu langsam zu.
Der Wiener Kabarettist Klaus Eckel: Er spricht gar nicht so schnell, andere hören nur zu langsam zu. © Johannes Zinner

Das Internet weiß alles. Gibt Klaus Eckel etwa sein Geburtsdatum ein, erfährt er, dass er neun Stunden seines Lebens nach den Anfängen von Klebebändern gesucht hat. Das Groteske alltäglicher Existenz, der nie festzumachende Sinn stets die stillen Gravitationszentren in Eckels Programmen.

Auch im jüngsten kabarettistischen Wurf zeigt sich Eckel als feiner Beobachter von Alltagssituationen, aber er zaudert. Selbstgewissheiten und Weltbilder bleiben unangetastet.

OÖ.-Premiere von „Wer langsam spricht, dem glaubt man nicht“ war am Montag im Linzer Posthof. Der Große Saal ausverkauft, das Publikum dicht gestapelt. Vor ein paar Monaten wär´ das noch ein Treffen von Querdenkern gewesen, lästert Eckel.

Corona hat Spuren hinterlassen, den 1974 in Wien Geborenen plagt langsam auch das Altwerden. Statt Sex, Drugs und Rock´n´Roll „Grillen, Rasenmähen und der Nachbar soll die Musik leiser drehen“.

Minze, Zucchini, Zombie

Eckel macht sich lustig über vermeintliche Planbarkeit („meine Kinder waren ein Unfall“), leidet unter „Sofortismus“ (alles sofort haben wollen) und Decidophobie (Entscheidungsangst), die ihn gleichermaßen am Würstelstand oder beim Hosenkauf überkommt.

Gartenarbeit im Tullnerfeld nimmt breiten Raum ein, Minze und Zucchini kehren monströs in Alpträumen wieder. Keine Spur auch von Idylle, wenn die Vogerl zwitschern. Revieranspruch und Balzverhalten, zwischen „Schleich di!“ und „Schnackseln?“. Wer Natur da noch lieblich findet, ist selbst schuld.

Eckel stellt nur vorsichtig die eigene Position in Frage, gibt ansonsten den schlauen Beobachter. Ein „analoger Zombie“, der beim Zugfahren Teenager irritiert, indem er aus dem Fenster schaut und sich keine fünf Minuten auf das Handy konzentrieren kann. Den fiktiven Enkerln erzählt er („Mia haum nix g´hobt“) von steigenden Gaspreisen im Jahr 2022.

Mehr Perspektivenverschiebungen dieser Art, überhaupt mehr Denkfutter, hätten das Programm aufgefettet. Eckel meidet Abgründe und Risiko, die Wuchteldichte nach wie vor hoch, das Sprechtempo ebenso. Wer dem nicht folgen kann, hört vielleicht „z´laungsaum zua“. Widerborstigkeit weitgehend Fehlanzeige. Nettes, unterhaltsames, ein bisschen selbstkritisches Kabarett, das sich an den biederen Zeitgeist schmiegt. Solche Elastizität hat dem Kabarett noch nie gut getan.

Von Christian Pichler

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