Schaller befürchtet keine Insolvenzwelle

Maßnahmen der Regierung und der Banken bieten wichtige Hilfe — RLB-OÖ-Generaldirektor Schaller: „Alle werden leider nicht durchkommen“

RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller
RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller © RLB OÖ

Die Corona-Krise hat die Digitalisierung vorangetrieben. Obwohl man bei der Raiffeisenlandesbank OÖ weiter auf persönlichen Kundenkontakt setzt, werde es in Zukunft weniger Filialen und weniger Mitarbeiter geben, so RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller. Eine große Insolvenzwelle sieht er nicht kommen.

VOLKSBLATT: Seit knapp einem Jahr hat Corona auch Österreich fest im Griff. Manches wie etwa Home-Office ist zur Normalität geworden. Wie hat die Pandemie die Abläufe auch bei der RLB verändert?

HEINRICH SCHALLER: Im operativen Bereich haben wir es sehr schnell in den Begriff bekommen, innerhalb von drei Tagen nach dem ersten Lockdown waren unter 20 Prozent der Mitarbeiter im Haus anwesend, der Rest arbeitete von zu Hause. Es war für viele gewöhnungsbedürftig, aber es wurde sehr gut angenommen, die Mitarbeiter haben sich darauf eingestellt.

Soll Home-Office eine Dauereinrichtung werden?

Auf Dauer möchte ich das nicht: Ich will, dass die Leute wieder im Büro anwesend sind. Sie sollen natürlich die Möglichkeit haben zur Arbeit zu Hause, aber nicht dauerhaft. Wir haben festgelegt, dass die Mitarbeiter, wo möglich, ein bis zwei Tage von zu Hause aus arbeiten können.

Worin liegt der Wert der Arbeit an der Arbeitsstelle?

Der direkte Kontakt ist für den internen Informationsfluss sehr wichtig. Auch glaube ich, dass die Loyalität höher ist, wenn die Belegschaft öfter anwesend ist. Dass man die Vorteile des Home-Office weiter nutzen soll, steht aber außer Frage.

Den Banken kommt eine wichtige Rolle in der Krise zu, nicht zuletzt, um die Liquidität der Unternehmen zu sichern. Wie steht es um die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen nach einer so langen Zeit? Drohen größere Ausfälle – vielleicht eine Insolvenzwelle?

Wir glauben nicht, dass es so schlimm wird wie teilweise prognostiziert. Die Maßnahmen, die von der Regierung und den Banken getroffen wurden, helfen. Alle werden aber leider nicht durchkommen.

Aber gibt es Vorsorgen?

Wir sehen aktuell keine Insolvenzwelle kommen, haben aber für diesen Fall vorgesorgt.

Nicht nur Unternehmer haben Probleme mit der Krise: Obwohl die Zinsen seit Jahren im Keller sind, wird gerade jetzt weiter viel Geld auf dem Sparbuch gehortet. Wird sich hier je etwas ändern?

Der Drang zum Sparbuch ist auch ein Ausdruck der Krise. Es ist auch nicht unwichtig, darauf zu schauen, schnell verfügbares Geld zur Seite zu haben. Das ist mit dieser Variante am einfachsten. Das ist auch positiv. Wenn man über den Notgroschen hinaus noch genug zur Verfügung hat, beraten wir aber auch zu anderen Anlageformen.

Ist der Aktienmarkt eine gute Option?

Auf eigene Faust sollten das Leute machen, die Zeit haben, sich mit dem Markt zu beschäftigen und sich damit auskennen. Alle anderen sollten sich unbedingt beraten lassen. Wertpapiere sind eine Option. Wir konnten im vergangenen Jahr sehr viele Kunden davon überzeugen, vor allem Fonds sind hier eine Möglichkeit. Dort ist das Risiko breit gestreut, daher ist es empfehlenswert.

Steigt die Nachfrage?

Unser Wertportfolio-Volumen ist im Jahr 2020 gewaltig nach oben gegangen.

Es gibt Pläne für einen digitalen Euro bzw. eine Bargeldhöchstgrenze. Wo geht die Reise hin?

In Sachen digitalem Euro gibt es ja noch keine genauen Informationen, wie dieser ausgestaltet sein soll. Grundsätzlich stehen wir solchen Entwicklungen ganz neutral gegenüber. Auch beim Zahlungsmittel – digital oder Bargeld – sehen wir es neutral. Es soll jeder für sich selbst entscheiden, was er will.

Aber die Entscheidungsfreiheit soll bleiben?

Ja.

Wie nachhaltig wird die Corona-Krise den Bankensektor verändern? Vor allem in Richtung Digitalisierung?

Die Corona-Krise hat uns etwas Interessantes gezeigt: Insbesondere in Krisenzeiten wird das Vertrauen der Kunden in die Bank immer wichtiger, die Leute wollen mit jemandem reden. Das gibt es bei rein digitalen Banken nicht. Man muss Persönliches und Digitales verbinden. Wir sind weiter vor Ort, mit uns kann man reden. Bei uns hängt man nicht stundenlang in der Warteschleife.

Heißt mehr Digitalisierung nicht zwangsläufig auch weniger Filialen?

Die Filialen werden bleiben, aber die Anzahl wird weniger werden. Die Menschen sind ja auch mobiler geworden. Aber ein gewisser Nahbereich sollte bleiben.

Was bedeutet das für die Mitarbeiter?

Es wird weniger Mitarbeiter geben, aber es gibt kein Mitarbeiter-Abbauprogramm. Wir versuchen das über natürliche Abgänge und keine Nachbesetzungen zu managen.

Wie sieht die Zukunft im Raiffeisen-Sektor aus?

Es wird zu weiteren Konzentrationen, bei den Raiffeisenbanken zu weiteren Zusammenschlüssen kommen. Wie stark diese Tendenz in Oberösterreich wird, kann man noch nicht sagen.

Wird es Druck auf die regionalen Banken geben, sich zusammenzuschließen?

Es wird niemand gezwungen dazu. Die Entscheidung bleibt bei den Banken, aber es gibt natürlich betriebswirtschaftliche Vorteile bei Fusionen. Daher wird es diese geben, bin ich überzeugt.

Eine Reduktion der aktuell 75 Raiffeisen-Banken in OÖ steht also auf der Agenda?

Es gibt keinen fixen Plan, wo genau festgelegt wird, wie viele Banken fusionieren. Aber natürlich gibt es Gespräche und Beratungen, wo wichtige betriebswirtschaftliche Eckdaten analysiert und verglichen werden. Wer nachhaltig arbeiten möchte, muss das ja auch tun. Und hier steht die Raiffeisenlandesbank den Raiffeisenbanken gerne beratend beiseite.

Im Vorjahr machten die Ereignisse rund um die Commerzialbank Mattersburg Schlagzeilen und sorgten für Verwunderung, was anscheinend alles möglich ist. Gab es hier ein Behördenversagen?

Das müssen jetzt die Juristen und untersuchenden Behörden beurteilen, wie das passieren konnte. Hier muss man sehen, was dabei herauskommt. Das war kein erfreuliches Ereignis für den österreichischen Bankensektor, es ist auch völlig schleierhaft, wie so etwas über diese Dauer passieren konnte.

Für die Einzahlungssicherung, für die alle Banken Gewähr stehen, werden 600 Millionen Euro Zusatzbedarf wegen der Commerzial-Bank-Pleite kolportiert. Trifft das auch die RLB?

Es gibt noch Assets bei der Commerzialbank, die verwertbar sind. Das sollte den Betrag deutlich mindern. Die Raiffeisenlandesbank OÖ wird die Wiederaufstockung des Ausgleichsfonds verhältnismäßig weniger treffen als die einzelnen Raiffeisenbanken.

Mit RLB-OÖ-Generaldirektor HEINRICH SCHALLER sprach Christoph Steiner

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