Schiller, Beethoven, Muti: ein göttliches Triumvirat

Unvergleichliche „Neunte“ auf den Salzburger Festspielen als Lichtblick im Jahr der Corona-Pandemie

Ganz großes Kino: Riccardo Muti dirigierte die „Neunte“.
Ganz großes Kino: Riccardo Muti dirigierte die „Neunte“. © Marco Borrelli

Das erste von drei philharmonischen Konzerten der Salzburger Festspiele gehörte dem eben 79 Jahre jung gebliebenen Maestro Riccardo Muti, der dank Herbert von Karajan seit 1971 den Salzburgern treu geblieben ist und bei Pfingstfestspielen und Mozartwochen gastierte.

Wahrhaftige Meisterklasse

Mit den Wiener Philharmonikern, der Chorvereinigung Wiener Staatsopernchor und einem unvergleichlichen Solisten-Quartett erreichte Muti eine aus Vielfalt zu einer Einheit geschmolzenen musikalischen Gestaltung mit Ludwig van Beethovens „Neunter“ das Höchste, was man im klassischen Repertoire an Aussagekraft erreichen kann.

Über die kaum überbietbare Gestaltung der Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125 darf man sich besonders im laufenden Jahr der Coronakrise, des Umbruchs, weltweiter Proteste um Korruption, Klimakrise und Rassismus besonders freuen. Denn das Motto „Freude schöner Götterfunken“ auch als Europahymne neigt sehr in Richtung geistlicher Messe. Dafür hat Beethoven aus Schillers Dichtung unbekümmert all das genommen, was Instrumentalmusik nicht auszudrücken vermochte.

Die instrumentalen Sätze des Werkes bereiteten das Publikum fast nach dramaturgischem Muster auf das Finale vor. Die Unruhe, die konzertant im Finalsatz aufkommt, aufbegehrt, beendet Gerald Finley mit edlem, doch nicht allzu kräftigem Bariton: „O Freude, nicht diese Töne!“ Die vergangenen Dissonanzen sind rasch behoben. Der Staatsopernchor, von Ernst Raffelsberger präzise, ausdruckskräftig und extrem wortdeutlich in die Finalschlacht geschickt, vertraute sich voll Mutis Leitung an.

Auf ein Ziel war das Werk vorbereitet, auf die Textzeilen: „Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuss der ganzen Welt! Brüder! Überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen!“ Und zuletzt: „Such ihn überm Sternenzelt! Über Sternen muss er wohnen.“

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Spätestens an dieser Stelle war man einer besseren Zukunft sehr nahe. Mutis Deutung wurde neben dem bereits erwähnten Bariton Gerald Finley in wichtigen, doch ebenso kurzen wie heiklen Passagen von drei weiteren Weltstars getragen: der Sopranistin Asmik Grigorian, der Altistin Marianne Crebassa und dem Tenor Saimir Pirgu.

Das Publikum wirkte am Montag gebannt wie selten. Allem Anschein nach war es Muti mit seinen musikalischen Helfern gelungen, eine Parabel für unser aller Zukunft zu vermitteln.

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