Meinung

von Manfred Maurer

Schlafwandler

Die lange Funkstille zwischen Donald Trumps „Alles ist gut“-Tweet unmittelbar nach den iranischen Angriffen auf US-Stützpunkte im Irak und seinem Statement am Abend verleitet dazu, dem US-Präsidenten einen Denkprozess zu unterstellen.

14 Stunden ohne präsidentielles Gezwitscher sind angesichts der Dramatik ungewöhnlich. Und auch das, was Trump dann zu sagen hatte, klang sehr nach Deeskalation, beinahe schon versöhnlich.

Die iranische Führung scheint ungeachtet ihrer fürs heimische Publikum gedachten Racheschwüre ebenfalls an keinem Krieg mit dem „großen Satan“ interessiert zu sein. Sonst hätte Teheran vor dem Abfeuern der Raketen die Regierung in Bagdad (und damit natürlich auch die Amerikaner) nicht vorgewarnt. So weit, so hoffnungsvoll.

„Das Risiko eines nahöstlichen Flächenbrandes bleibt unvermindert hoch.“

Doch: Das Risiko eines nahöstlichen Flächenbrandes bleibt unvermindert hoch. Es drängt sich der Gedanke an das Buch „Die Schlafwandler“ auf, in dem der Historiker Christopher Clark 2012 beschrieben hat, wie Europa 1914 in den Ersten Weltkrieg geschlittert ist. Niemand hatte einen großen Krieg gewollt und alle hatten geglaubt, ihre Interessen mit begrenzten militärischen Aktionen durchsetzen zu können. Tatsächlich handelte es sich um eine Verkettung fataler Ereignisse, deren Urheber die Kontrolle entglitt.

Donald Trump sollte dieses Buch unbedingt lesen.

Das könnte Sie auch interessieren