Schöne neue Welt

Stockholm

Klischees über Schweden. ABBA, König Carl Gustav, Ikea, fürsorglicher Sozialstaat, Ingemar Stenmark, Knäckebrot, Volvo und Stockholm: Hauptstadt, Olympiastadt anno 1912 und mit knapp einer Million Einwohnern – im Ballungsraum sind es 2,3 Millionen – die größte Stadt des Landes. Diese schaute sich dieser Tage eine Bau-Delegation der WK Oberösterreich an – um zu vergleichen, bewerten und Schlüsse zu ziehen.

Die Stockholmer Bau- und Planungsprojekte sind groß, von Ökologie und Ökonomie getragen und interessant, so der Tenor. Da wäre etwa Hammarby Sjöstad; ehemaliges Industrieviertel, welches ab 1994 als Olympisches Dorf für die Sommerspiele 2004 geplant war und als schöne neue Welt propagiert wurde. Der Olympiatraum ist geplatzt, der Stadtteil hingegen glänzt mit breiten Straßenzügen, einem zentralen Abfallsammelsystem, bei dem biologische Abfälle zu Biogas umgewandelt werden und einer um 40 Prozent niedrigeren Umweltbelastung als vergleichbar große Stadtteile.

Da wäre Norra Djurgardsstaden. Das Hafengebiet im Norden wird derzeit umgekrempelt. 3000 von in Summe 12.000 Wohnungen sind fertig. Solarpaneele auf dem Dach sind Standard so wie Glasfaserinternet, verkehrsberuhigte Flächen, unterirdische Parkgaragen, E-Auto-Ladestationen und üppige Grünflächen, die als „Insektenautobahnen“ dienen und so zum guten Mikroklima beitragen sollen. Drei zentrale Abfallsammelsysteme, teils gesteuert durch künstliche Intelligenz, runden das optisch eindrucksvolle und architektonisch vielfältige Bild ab. Projektentwickler ist die Stadt, die daran gut verdient: 50 Prozent der Wohnungen sind im Eigentum. Dieses ist aber teuer. Der Quadratmeter kostet umgerechnet zwischen 10.000 und 12.000 Euro, der Sozialstaat hält sich dezent zurück. Das ist mit ein Grund, warum die Frauenerwerbsquote bei 95 Prozent liegt und junge Paare mit umgerechnet einer halben Million Euro und mehr verschuldet sind.

Und da wäre noch Slakthusomradet. Für das ehemalige Schlachthofareal laufen die Planungen eines privaten Investors für einen Stadtteil, der Wohnen, Kultur und Geschäftsleben vereint. Die Nachnutzung von brachliegenden Flächen, also die innerstädtische Verdichtung, ist großes Ziel. Bei Slakthusomradet geht es um 10.000 Wohnungen auf 20 Hektar, wobei die ersten in den 2030ern fertiggestellt sein sollen.

Was ist also die Conclusio? Wohnbaureferent Manfred Haimbuchner: „Wir brauchen den Vergleich nicht zu scheuen, denn wenn die Stadt, wie etwa Stockholm, zum Immobilienhai wird, ist das in Wahrheit furchtbar.“ In dieselbe Kerbe stößt Wirtschaftsreferent Markus Achleitner: „Ein paar Ideen in Schweden sind prinzipiell sehr gut. Etwa, dass es bei der Nachnutzung von Brachen einen Masterplan gibt und Altbestand keine Belastung, sondern eine Chance ist. Diesen Weg gehen wir mittlerweile auch, etwa im Zuge der Ortskernbelebung.“ OÖVP-Wohnbausprecher Josef Rathgeb ergänzt: „Der soziale Wohnbau in Oberösterreich ist ein Erfolgsmodell und sichert leistbaren Wohnraum für Jung und Alt.“

Norbert Hartl, Bauinnungsmeister der Wirtschaftskammer Oberösterreich, fasst zusammen: „Der Vergleich macht sicher. Die oberösterreichische Baubranche leistet dank ihrer bestens ausgebildeten Fachkräfte tolle Arbeit und auch bei der Digitalisierung sind wir Vorreiter.“

Von Oliver Koch aus Stockholm
Der Autor nahm auf Einladung der WK Oberösterreich an der Pressereise teil.

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