Seit genau 100 Tagen in der Landesregierung

Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer und Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger
Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer und Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger © Land OÖ/Schaffner, Wakolbinger, saiko3p - stock.adobe.com

Voller Tatendrang zeigen sich die beiden neuen OÖVP-Landesräte Langer-Weninger (Agrar) und Hattmannsdorfer (Soziales) im Doppelinterview.

Die ersten 100 Tage seien nach kurzer Eingewöhnungszeit bereits für aktive Arbeit in den jeweiligen Ressorts genutzt worden.

Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer will weg vom Troubleshooting hin zu aktiver Sozialpolitik

VOLKSBLATT: Wie oft denken Sie noch an den 23. Oktober?

LR HATTMANNSDORFER: Der Tag der Angelobung wird immer ein besonderer Tag sein und hat mein Leben natürlich auch verändert. Rundherum war es durchaus stressig und die letzten Monate waren eine Umstellung. Meine Frau, meine zwei Söhne und mein Hund Tobi sind mir dabei eine große Stütze und geben mir viel Energie. Ich bin dankbar, als Landesrat für Oberösterreich Verantwortung zu übernehmen. Prinzipiell bin ich aber jemand der den Blick nach vorne richtet und jetzt gestalten will.

Wenn Sie die ersten 100 Tage Revue passieren lassen, was fällt Ihnen als erstes ein?

Zum einen die vielen positiven Gespräche mit Partnern, Organisationen und Mitarbeitern. Ich bin immer sehr gut damit gefahren, mir unterschiedliche Standpunkte gut anzuhören, zu diskutieren und dann Entscheidungen zu fällen. So habe ich auch meine ersten Tage als Landesrat angelegt. Jetzt geht es darum, vom Reden ins Tun zu kommen und einen klaren Plan umzusetzen. Zum anderen denke ich aber auch an die ersten konkreten Maßnahmen, die ich in meinem Bereich umsetzen konnte. Wir haben den Heizkostenzuschuss kräftig erhöht, um den steigenden Energiepreisen entgegenzuwirken. Gemeinsam mit Landeshauptmann Stelzer setzen wir den Ausbau von Wohnplätzen für Menschen mit Beeinträchtigungen fort. Bis zum Jahr 2027 entstehen 600 zusätzliche Wohnplätze.

Und was würden Sie aus den 100 Tagen lieber vergessen?

Die strengen Abstandsregeln in der Landeskantine beim gemeinsamen Mittagessen mit meinen Mitarbeitern. Ich würde lieber wieder mit mehr Personen zusammen und auch ins Gespräch kommen. Ebenso hätte ich mir gewünscht, die vielen Treffen der letzten Wochen persönlich und nicht via Videokonferenz durchzuführen. Das werden wir aber alles nachholen und darauf freue ich mich schon sehr.

Diese 100 Tage waren geprägt vom Kampf gegen Corona. Wie sehr hat Sie das in Ihrer Arbeit behindert?

Corona war und ist natürlich das alles beherrschende Thema und nimmt auch viel Zeit in Anspruch. Wir sind beispielsweise im Bereich der Alten- und Pflegeheime gefordert, die Bewohnerinnen und Bewohner zum einen vor Corona, aber auch vor Einsamkeit zu schützen. Gerade mit Blick auf die Omikron-Welle haben wir uns daher intensiv vorbereitet und mit umfassenden Ausfallsplänen oder der Ausweitung der Pflege-Hotline wichtige Maßnahmen gesetzt, um eine durchgehende Betreuung sicherzustellen. Wir haben die Zeit aber auch gut genützt, um uns einen umfassenden Einblick zu verschaffen.

Welche Lehren ziehen Sie in Ihrem Ressort aus Corona?

Dass die Bewältigung der Krise eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten ist. Wir werden diese Pandemie nur hinter uns lassen können, wenn alle an einem Strang ziehen. Mein ganz großer Dank gilt daher allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Pflegeheimen, den unterschiedlichsten Einrichtungen und auch im Land Oberösterreich. Ich habe großen Respekt vor den Leistungen, die hier tagtäglich erbracht werden. Die Schutzimpfung hat uns auch sehr beschäftigt. In den Alten- und Pflegeheimen habe ich verpflichtende Arztgespräche für ungeimpfte Mitarbeiter umgesetzt. Mit dem Ergebnis, dass mittlerweile 85 Prozent der Mitarbeiter entweder geimpft oder aktiv genesen sind. Jugendliche wollen wir mit einer etwas niederschwelligen Impfkampagne auf beispielweise Dating-Apps zur Schutzimpfung motivieren.

Das Sozialressort galt als Erbpacht der SPÖ mit einigen Altlasten. Wie schwierig war die Einarbeitung?

Niemand hat eine Erbpacht auf ein Ressort. Es war eine bewusste Entscheidung, als Landeshauptmann-Partei auch den Gestaltungsanspruch in der Sozialpolitik zu stellen und das Sozialressort zu führen. Gerade ein wirtschaftlich starkes Bundesland hat eine doppelte Verantwortung für jene, die unsere Unterstützung brauchen. Nachdem ich in den vergangen Jahren bereits Sprecher für Soziales und Integration sowie Aufsichtsratsvorsitzender und Obmann des Hilfswerks war, ist die Einarbeitung leicht gefallen. Natürlich ist es etwas Neues, jetzt als Landesrat Sozialpolitik aktiv zu gestalten. Ich habe aber konkrete Vorstellungen und fühle mich in dieser Rolle sehr wohl. Unsere großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mich in dieser Rolle auch sehr gut aufgenommen.

Und welche Akzente werden Sie in den nächsten 100 Tagen setzen?

Ich habe einen klaren Anspruch — ich will weg vom Troubleshooting hin zu einer aktiven Sozial- und Integrationspolitik. Wir werden uns im ersten Halbjahr umfangreich mit dem Thema Pflegefachkräfte beschäftigen. Dazu starten wir in den kommenden Wochen einen intensiven aber vor allem kurzen und kompakten Prozess mit den Praktikerinnen und Praktikern. Zahlreiche Ideen, Konzepte und Vorschläge liegen bereits in den Schubladen. Es geht jetzt darum diese zusammenzuführen, den Fokus auf die Umsetzung zu legen und auch klare Entscheidungen zu treffen. Im Integrationsressort ist meine Leitlinie klar: Integration durch Deutsch. Wir werden uns daher die Förderrichtlinien genauer ansehen und diese an Deutsch-Maßnahmen knüpfen. Bei den Jugendlichen haben wir auf Grund der Corona-Pandemie eine herausfordernde Situation. Die psychischen Belastungen sind enorm. Gemeinsam mit dem JugendService des Landes OÖ werden wir die Beratungen an diesen Themen neu ausrichten, um allen Jugendlichen im Land niederschwellig, digital und in den Schulen zu helfen.

Mit Soziallandesrat WOLFGANG HATTMANNSDORFER sprach Herbert Schicho


Die neue Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger hat bereits Zielvorgaben definiert

VOLKSBLATT: Wenn Sie an den 23. Oktober denken, was fällt Ihnen als Erstes ein?

LR LANGER-WENINGER: Das sind der Moment der Angelobung und die Demut, die ich selbst dabei empfunden habe, aber auch die Freude, die ich an diesem Tag in den Augen meiner Familie gesehen habe. Erst durch die Unterstützung und den Rückhalt, die mir durch meinen Mann und unsere Kinder zuteilwerden, kann ich mich vollends auf meine neue Aufgabe konzentrieren. Auch meinen Eltern, die mich ebenfalls zur Angelobung begleitet haben, bin ich sehr dankbar. Sie haben mein Interesse für Politik von Anfang an gefördert und mir solide Werte sowie eine positive Lebenseinstellung und Arbeitshaltung mit auf den Weg gegeben.

Ihr Resümee der 100 Tage?

Die ersten hundert Tage meiner Amtszeit waren geprägt von Besprechungen mit Experten, Stakeholdern und Mitarbeitern. Es war eine Zeit des Lernens, des Sondierens und des Planens. Ich empfand es als extrem wichtig, mir diese Zeit zu nehmen. Denn ich bin überzeugt: Wer in kurzer Zeit etwas bewegen möchte und neue Akzente setzen will, muss sich vorher ausreichend Zeit zum Orientieren nehmen.

Den Schritt in die Landesregierung schon einmal bereut?

Nein, ich habe die Entscheidung, Landesrätin zu werden und die Konsequenzen, die sich daraus für mein Leben und das meiner Familie ergeben, genau durchdacht. Ich denke, ich kann in diesem Amt viel bewegen – und will es auch. Die Herausforderungen, vor denen die Land- und Forstwirtschaft steht, mit steigenden Betriebsmittelkosten und sinkenden Einkommen sowie die vielfältigen Aufgaben des ländlichen Raumes und der Gemeinden waren großer Ansporn für mich, diese Bereiche mitgestalten zu wollen und auf die brennenden Fragen Antworten zu geben. Als Bäuerin weiß ich, dass harte Arbeit auf gutem Boden Früchte trägt – Oberösterreich ist definitiv ein guter Boden und ich bin bereit, hart zu arbeiten.

Wie sehr hat Sie Corona in Ihrer Arbeit behindert?

Corona hat einiges schwieriger gestaltet, aber behindert hat mich die Pandemie nicht wirklich. Besprechungen und Veranstaltungen wurden, wenn nicht anders möglich, vor den Bildschirm verlegt. Auch Auswärtstermine konnten vielfach auf einen späteren Termin verlegt werden. Dennoch freue ich mich schon sehr endlich wieder zu Veranstaltungen rausfahren zu können und somit direkt mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Gerade die Gemeinden sind durch Corona massiv gefordert. Wie viele Bürgermeister haben Ihnen Ihr Leid schon geklagt?

Unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind nicht der Typ zum Jammern. Sie gehen mit gutem Beispiel und großem Engagement auch in schwierigen Zeiten voran. Nicht umsonst genießen sie so großes Vertrauen in der Bevölkerung. Einer aktuellen Studie zufolge vertrauen zwei Drittel der Bevölkerung den Ortschefinnen und -chefs sowie ihrer Politik. Als Gemeinde-Landesrätin hier unterstützend an der Seite der Kommunalpolitiker zu stehen, macht mich stolz. Ich will das Vertrauen der Menschen in ihre Gemeinden und die regionalen Strukturen weiter ausbauen. Starke Regionen, mit reichem Gesellschafts- und Vereinswesen sowie florierender Landwirtschaft sind mein Ziel. In diesen Tagen starte ich mit Bürgermeister-Sprechtagen. Das sind wichtige Termine, um Entscheidungen voranzubringen.

Und was kann das Land und ihr Ressort tun?

Viel, die Frage ist eher, wo man anfängt. In den vergangenen hundert Tagen konnte ich mir dahingehend aber bereits viele Gedanken machen und gemeinsam mit meinem Team konkrete Zielvorgaben definieren. Wir müssen die Regionen stärken. Der Trend zum Wohnen am Land, zum Home-Office, die fortschreitende Digitalisierung und auch das Bewusstsein für regionale Lebensmittel kommen uns da entgegen. Diese Entwicklung und die Chancen, die sich daraus ergeben, will ich nutzen. Jetzt besteht die Möglichkeit, einen gesellschaftlichen Wandel einzuläuten – einen Wandel, von dem Umwelt, Wirtschaft aber auch die Menschen selbst profitieren können. Meine Aufgabe sehe ich darin, Lösungswege sowie innovative Konzepte aufzuzeigen und anzubieten. Das fängt beim Bauen an und hört bei Versorgungssicherheit auf.

Sie sind auch für die Jagd zuständig und die ersten 100 Tage gelten in der Politik als Schonfrist. Rechnen Sie nun mit einer politischen Hetzjagd, oder ist das politische Klima besser als sein Ruf?

Um im Wald und bei Metaphern zu bleiben: Ich glaube, in der Politik wie auch im Leben bewahrheitet sich der Spruch: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Mein Motto war stets: Hart in der Sache, verbindlich im Ton. Diesen Weg will ich weiter beschreiten. Dass die Parteien und auch die einzelnen Politiker nicht immer einer Meinung sind, ist klar. Sie müssen es aber auch nicht. Demokratie lebt vom Diskurs, einem wertschätzenden Austausch und sinnvollen Kompromissen. Aus Prinzip aber überall auf Konfrontation zu gehen und seinen Standpunkt danach anzupassen, welcher gesellschaftliche Wind gerade weht, geht am Sinn und Zweck von Politik und der gesetzgeberischen Tätigkeit vorbei. Dazu werden Politiker nicht gewählt und die Bürgerinnen und Bürger sind eines solchen Verhaltens, so nehme ich es zumindest wahr, mehrheitlich überdrüssig. Ich will Sachpolitik betreiben und strecke die Hand zur Zusammenarbeit aus – und erwarte und erhoffe mir Gleiches auch von den anderen demokratisch gewählten Vertretern des Oö. Landtages.

Mit Agrarlandesrätin MICHAELA LANGER-WENINGER sprach Herbert Schicho

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