ÖFB-Geschäftsführer Neuhold ortet Corona-Delle

ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold

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Bernhard Neuhold © GEPA

Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH im Exklusiv-Interview über die Schwierigkeiten der aktuellen Kadernominierung, treue Sponsoren, die Auswirkungen von Corona auf den Fußball-Bund und die Vorbereitungen auf die EM.

VOLKSBLATT: Ende gut, alles gut, was die Kadernominierung für das Länderspiel-Triple betrifft. Die war ja wohl kompliziert wie nie zuvor?

NEUHOLD: Wir haben schon im Herbst 2020 gesehen, dass die Situation sehr herausfordernd ist. Wir haben auch damals rund um Corona intensive Gespräche mit allen Vereinen geführt und haben ein sehr gutes Einvernehmen mit diesen herstellen können. Dass es in einer Art und Weise wie dieses Mal ausartet, ist schon ungewöhnlich. Für uns wäre es der Worst Case gewesen, wenn wir die Deutschland-Legionäre nicht nominieren hätten können und es ist sehr erfreulich, dass Franco Foda nun auf alle Spieler zurückgreifen kann.

„Durch Corona hat sich Distanz zu Fans aufgebaut“

Haben Sie mit diesem Happyend noch gerechnet?

Der ÖFB hat in den letzten Tagen und Wochen unzählige Gespräche geführt, Vorkehrungen für diverse Szenarien getroffen und musste bei Entscheidungen viele Variablen abwägen. Nun sind diese Überlegungen allesamt aufgegangen. Dazu gehört in dieser schwierigen und oftmals unvorhersehbaren Situation – der größten Gesundheitskrise der letzten 100 Jahre – natürlich auch das nötige Glück.

Seit mehr als einem Jahr finden Fußballspiele, wenn überhaupt erlaubt, ohne Zuschauer statt. Was bedeutet das für den Verband?

Das ist natürlich stark beeinträchtigend und damit meine ich nicht nur die wirtschaftliche Seite, sondern auch die öffentlichkeitswirksame Seite und die Tatsache, dass dadurch eine gewisse Distanz zu den Fans, zu den Kindern aufgebaut wird, weil man nicht im positiven Sinne so angreifbar ist, wie wir das in der Vergangenheit waren.

Stichwort wirtschaftliche Auswirkungen?

Ein Jahr Corona ist für den ÖFB genauso schwierig wie für den gesamten Sport in Österreich. Es ist leicht nachvollziehbar, dass durch die Geisterspiele keine Einnahmen aus Ticketing und Hospitality möglich waren, dass wir dadurch teilweise unseren Sponsoren nicht alle vereinbarten Leistungen anbieten konnten, was auch zu Zahlungskürzungen geführt hat. Es wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein, diese Auswirkungen Stück für Stück wieder zu kompensieren.

„Haben den Großteil der Sponsoren halten können“

Mussten sich Sponsoren zurückziehen?

Wir können nur ein großes Dankeschön für die Treue, den Dialog und die Kooperation aussprechen, weil viele im Sinne der Sache und im Sinne der langjährigen Zusammenarbeit konstruktiv an Lösungen herangegangen sind. Wir haben zum Glück den Großteil der Sponsoren halten können. Der eine oder andere konnte in dieser wirtschaftlichen Situation nicht weitermachen, es gibt dafür aber auch den einen oder anderen Interessenten, der antizyklisch einsteigen möchte. Wir sind unterm Strich mit einer Delle davongekommen und wollen weiter Argumente liefern, auch sportlich, warum es so wertvoll ist, mit dem ÖFB zusammen zu arbeiten. Denn wir können ein Portfolio liefern, das für viele Partner aus der Wirtschaft interessant ist.

„Siebenstelligen Nettobetrag nicht realisiert“

Kann man den Schaden in Zahlen gießen?

Wir hatten erhebliche Einbußen, aber das ist schwierig zu quantifizieren, weil es ein Wechselspiel ist. Einerseits brechen Erlöse weg und es sind auch neue Kosten durch diverse Corona-Maßnahmen entstanden, andererseits fallen aber bei Veranstaltungen auch weniger Kosten an. Wenn man von fünf Heimspielen im Jahr im Happel-Stadion ausgeht, sind das schon ein paar Millionen Euro, die an Brutto-Einnahmen verloren gegangen sind. Unterm Strich ist es ein siebenstelliger Netto-Betrag, den wir nicht realisieren konnten.

Beeinflusst Corona auch die organisatorischen Vorbereitungen auf die EURO?

Es hat natürlich Auswirkungen, aber in Anbetracht der Umstände verläuft es bislang relativ normal. Wir gehen davon aus, dass das Turnier wie von der UEFA kommuniziert im vorgesehenen Format von 11. Juni bis 11. Juli an zwölf Orten stattfindet. Dementsprechend sind alle Planungen in die Wege geleitet und wir sind gut auf Schiene. Der einzig offene Punkt ist die Frage der Stadionauslastung. Diesbezüglich gibt es von der UEFA vier Szenarien, da warten wir ab, was Mitte April entschieden wird. Das Leben in der Blase, das bei der EM stattfinden wird müssen, ist für Spieler und Betreuer nichts mehr Neues und wird bei uns nicht nur akzeptiert, sondern mit großer Disziplin gelebt.

„Geht darum, Betroffenen eine Perspektive zu bieten“

Während Profifußball wenigstens mit Einschränkungen und Auflagen möglich ist, muss der Amateurbereich ja nach wie vor ruhen?

Dass der Trainings- und Spielbetrieb in der Breite seit einem Jahr nur teilweise möglich war und nach wie vor ist, ist natürlich ein großes Thema. Nach der Öffnung des Trainingsbetriebs unter strengen Auflagen für den Nachwuchs geht es in einem nächsten Schritt darum, allen anderen Betroffenen wieder eine Perspektive anzubieten, damit Spieler, Schiedsrichter und Funktionäre wieder in den organisierten Fußball zurückfinden. Wir hoffen natürlich, dass der organisierte Fußball so bald wie möglich zu alten Gewohnheiten zurückkehren kann, zumal bewiesen ist, dass bei der Ausübung selbst keine nachweisbaren Infektionen passiert sind. Auch, weil der Fußball mit den diversen Hygiene- und Präventionskonzepten bewiesen hat, dass er in Lage ist, Lösungen anzubieten. Für uns ist es in der aktuellen Situation natürlich klar, dass kein Kantinen- und Kabinenbereich offen sein muss. Es geht in erster Linie darum, dass wir in der Breite unter Einbeziehung der mittlerweile flächendeckend möglichen Testungen auf dem Platz im normalen Modus aktiv sein können.

Mit ÖFB-Geschäftsführer BERNHARD NEUHOLD sprach Roland Korntner

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