So wirbelt Krise durch Österreichs Geldbörsen

Das Virus wird abziehen, im Konsumverhalten aber längerfristig seine Spuren hinterlassen

Viele Branchen hoffen derzeit noch, am Beginn ihrer absoluten Hochsaison Anfang Juni wieder ein Österreich einigermaßen im Normalzustand vorzufinden. Dazu zählen laut Berechnungen der Statistik Austria insbesondere Anbieter von Grillwaren, Milchprodukten und Speiseölen, die Obst- und Gemüsebauern, die Bier- und Getränkeproduzenten, sowie Gaststätten, Kaffeehäuser, Eissalons, aber auch Autowerkstätten.

Überall dort liegen nämlich die Absätze von Juni bis August für gewöhnlich deutlich über einem Durchschnittsmonat. Wie die Sache ausgeht, liegt aber am Machtwort der KonsumentInnen. Und die haben in der österreichischen Volkswirtschaft auch rein rechnerisch quasi Königsstatus. Mit zuletzt 197,2 Milliarden Euro entfielen in Österreich 2019 49,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) auf Ausgaben von Privathaushalten.

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Die Zuwachsraten lagen zuletzt vier Jahre infolge jenseits der 3 Prozent. Wobei das meiste Geld bis dato in folgenden Branchen gelandet ist (unter Einrechnung der 17,5 Milliarden an Ausgaben ausländischer Gäste): Wohnen, Außer-Haus-Essen, Nahrungsmittelgeschäfte, Tankstellen und Kfz-Werkstätten sowie in Bekleidungsgeschäften, Freizeit- und Kulturbetrieben, bei Energieversorgern und in Autohäusern.

Die Gewinner und Verlierer

So mannigfaltig die Nachfrage der privaten Haushalte in Österreich, so mannigfaltig nun auch die Prognose für die weitere Entwicklung — wobei der Wifo-Ökonom Jürgen Bierbaumer-Polly in einer aktuellen Studie vier Produktgruppen unterscheidet: Unter der Annahme, dass das Land ab Juni wieder nahe am Normalzustand läuft, prognostiziert der Wifo-Experte in der Jahresbilanz für Einkäufe des täglichen Bedarfes einen Anstieg um 10 Prozent gegenüber 2019, ausgelöst durch die permanente Öffnung, Vorratskäufe und die verstärkte Eigenversorgung in den eigenen vier Wänden. Spürbare Verluste zeichnen sich dagegen laut Wifo für die Branchen Schuhe und Textil (minus 10 Prozent), teurere Haushaltsinvestitionen (minus 7 Prozent z.B. bei Pkw und Möbeln) sowie bei der Nachfrage nach persönlichen Dienstleistungen (Gastronomie, Freizeit, Kultur, etc.) mit minus 6 Prozent ab — wobei ein steilerer Absturz durch stabile Wohnaufwände und konstante Ausgaben für medizinische Leistungen verhindert wird.

Gegenbewegung schon 2021

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In einer Zusammenschau der Entwicklungen auf Konsumseite gehen die Ökonomen der Bank Austria in einem aktuellen Gutachten davon aus, dass die private Nachfrage heuer gegenüber 2019 um 11 Prozent schrumpfen wird, schon 2021 aber wieder um 10 Prozent zulegen wird. Wobei sich in der Altersauswertung zeigt, dass insbesondere Senioren bereit sind, in der Akutphase der Krise nicht verbrauchtes Geld rasch wieder unter die Leute zu bringen. Deutlich zurückhaltender zeigen sich da derzeit die 30-40-Jährigen.

Lichtblick für die Geschäfte

Zahlenmäßig könnte also das Konsumniveau in Österreich schnell wieder den Urzustand aus der Zeit vor der Krise erreichen, die Zusammensetzung der Nachfrage wird sich aber ändern. In einer Studie der Linzer Johannes Kepler Universität gibt ein Fünftel der rot-weiß-roten Bevölkerung an, nach der Krise das Einkaufsverhalten stark zu verändern. Dies gilt insbesondere für von der Krise unmittelbar betroffene und jüngere Personenkreise. Dabei zeigen sich Lichtblicke für die Handelsgeschäfte in Konkurrenz mit dem Internet, für regionale Produkte und heimische Produzenten. In der JKU-Studie geben 19 Prozent der Befragten an, in Zukunft ganz bewusst öfter Ladengeschäfte anzusteuern. Als besonders motivierte Zielgruppe gilt dahingehend die jüngere, weibliche Kundschaft mit einem Faible für Einkaufserlebnis und Beratung.

Bekenntnis zu Rot-Weiß-Rot

Für Andrea Fronaschütz vom Gallup-Institut ist ein weiterer Trend unverkennbar: „Die Bedeutung regionaler Produkte und heimischer Unternehmen wird sich auf höherem Niveau als vor der Krise einpendeln.“ Konkret geben in der Studie mehr als zwei Drittel der BürgerInnen an, in Hinkunft stärker zu heimischer Ware greifen zu wollen.

Bevölkerung zuversichtlich

Über alledem schwebt aber das Damoklesschwert der Unsicherheit bezüglich Verlauf und Ausgang der Corona-Krise. Immerhin geben in einer österreichweiten Umfrage der „P8 Marketing GmbH“ 39 Prozent ihrer Sorge Ausdruck, die Krise könnte das Land ein halbes Jahr und länger in Atem halten wird. Allerdings sind laut Erhebung der ING-Bank 71 Prozent der österreichischen Konsumenten zuversichtlich, dass das Land die Situation letztlich gut meistern wird.

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