Spiritualität auf dem Prüfstand

arte-Stream: „Die Wege des Herrn“ von „Borgen“-Schöpfer Adam Price

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Ein Mann hat zwei Söhne. Der ältere, Christian, ein Tunichtgut. Als Christian zurück in die väterliche Obhut will, schickt Johannes ihn weg. Disziplin geht vor Liebe.

Nur noch der Schatten vom biblischen Gleichnis des verlorenen Sohnes, auch sonst versickert in Adam Price’ TV-Serie „Die Wege des Herrn“ viel christliche Spiritualität im harten Boden der Realität. Der jüngere Sohn August ein (sympathischer!) Ausbund an Tugend, er nimmt einen Posten als Militärpfarrer in Bagdad an.

August predigt Feindesliebe, bis ein Kamerad in seinen Armen stirbt. August greift selbst zur Waffe und erschießt — eine Frau. Schwer traumatisiert kehrt er heim zu seiner schwangeren Frau Emilie (Fanny Louise Bernth).

Johannes gibt sich dem Quartalssuff hin

Adam Price schuf die herausragende preisgekrönte Polit-Serie „Borgen“. In „Die Wege des Herrn“ (Erstausstrahlung im dänischen TV September 2017) ist abermals Kopenhagen Zentrum des Geschehens, wo sich neben gesellschaftlichen auch spirituelle Klüfte auftun. Lars Mikkelsen, älterer Bruder des Schauspielers Mads, spielt Johannes, das Oberhaupt der altehrwürdigen protestantischen Pfarrersfamilie Krogh. Seine Chancen auf den Job des Bischofs verspielt Johannes, indem er — korrekt nach kirchlicher Lehrmeinung — Moslems als „Ungläubige“ bezeichnet. Seine Kollegin Monica (Laura Bro) wird Bischöfin, Johannes gibt sich dem Quartalssuff hin.

Lars Mikkelsen erhielt für sein intensives Spiel den International Emmy Award. Als Johannes predigt er die Kraft des Glaubens, in Wahrheit zweifelt er heftig. Ein Patriarch und Prediger alter Schule, der gegen Monicas neoliberale Pläne einer effizienten Kirche (samt Stellenabbau) wettert. Eine starke Ann Eleonora Jørgensen als seine Frau Elisabeth entfremdet sich zusehends von ihm und hat eine Affäre mit der Norwegerin Liv.

„Die Wege des Herrn“ braucht nur eine kurze Anlaufzeit, bis man mit den Figuren mitfiebert. Price erzählt wie in „Borgen“ auch vom Zerbröseln alter männlicher Macht. Der bekennende Atheist Price nimmt Fragen des Glaubens erstaunlich ernst. Wie das Böse, ob als gärende Wut in einer Familie oder ultimativ als Krieg, in die Welt kommt, interessiert aus christlicher wie aus humanistischer Perspektive.

Die 1. Staffel ist im Stream bis 7. Juni, die 2. Staffel bis 12. Juni online auf arte.tv verfügbar.

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