
Nach Nicole Schmidhofer hat eine weitere weibliche Alpin-Fixgröße im Ski-Austria-Team ihren Rücktritt verkündet. Im Innenministerium in Wien unterrichte Ramona Siebenhofer die Öffentlichkeit am Freitag über ihren Abschied vom Leistungssport. Die 31-Jährige wird Mitte des Jahres den Dienst als Polizistin in der Bezirksinspektion Murau antreten. „Ich freue mich jetzt auf einen neuen Lebensabschnitt“, sagte Siebenhofer.
„Sie wird für uns in der Polizei eine wichtige Ergänzung sein“, erklärte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einer kurzen Ansprache. Ski-Austria-Präsidentin Roswitha Stadlober hatte nach 14 Jahren von Siebenhofer im Alpin-Weltcup und 205 Weltcup-Starts „ein lachendes und ein weinendes Auge.“ „Ramona hat über die Jahre eine wichtige Rolle im Damen-Team eingenommen“, sagte sie. „Sie wird ihren Weg weiter zielstrebig gehen – und wer weiß, wo dieser Weg noch hinführen wird.“
Als Hauptgrund für ihren Schritt gab Siebenhofer unter Tränen an, dass sie nicht mehr die volle Motivation und Überzeugung für den Profisport habe. Das habe sie schon beim Weltcup-Finale im März in Soldeu gespürt. „Auch mit etwas Abstand muss ich sagen, dass ich nicht mehr bereit bin, mein ganzes Leben dem Skisport unterzuordnen“, meinte Siebenhofer, die unter anderem ihrem Lebensgefährten, ihrem Onkel Werner, „der mein erster Trainer war“, ihren Sponsoren, Ausrüster Fischer sowie ihrem Verein USV Krakauebene explizit dankte.
Man habe als Kind riesengroße Träume, „aber man weiß nicht, wie schwer das eigentlich ist“. Sie nehme insgesamt mit, dass der Sport sie als Person reifen habe lassen, erzählte Siebenhofer. Die erneuten Trainer-Umstellungen bei den Ski-Austria-Frauen habe ihre Entscheidung zum Rücktritt „nicht beeinflusst, aber sie hat es mir leichter gemacht“. Froh sei sie, dass von schweren Verletzungen verschont geblieben ist und „gesund aufhöre“. Als Polizistin wolle sie „nicht die strenge Inspektorin werden, die alle belehrt. Ich möchte eine Ansprechpartnerin sein für die Bevölkerung“.
Siebenhofer hatte ihr Weltcup-Debüt am 28. Dezember 2009 in Lienz bei einem Riesentorlauf gegeben. Ihre sieben Podestplätze gelangen ihr alle in der Abfahrt. Im Jänner 2019 feierte sie binnen 24 Stunden zwei Siege in Cortina d’Ampezzo. Den Abfahrtsweltcup 2018/19 schloss Siebenhofer als Dritte ab. Obwohl die Steirerin aus Krakaudorf ihre Stärken in den schnellen Disziplinen hatte, agierte sie als Allrounderin und war auch im Riesentorlauf, in der Alpinen Kombination und sogar bei einigen Slaloms am Start.
Kein Glück hatte Siebenhofer bei Großereignissen. Ihre Karriere beendete sie ohne Medaillengewinn gewissermaßen „unvollendet“. Zwei Olympische Spiele und vier WM-Teilnahmen stehen in ihrem sportlichen Lebenslauf, bei den Weltmeisterschaften war sie mit zwei vierten und drei fünften Plätzen zumindest ein paar Mal knapp dran. In Aare verpasste sie Kombi-Bronze 2019 nur um vier Hundertstelsekunden. „Zehn Starts bei Weltmeisterschaften, fünfmal knapp vorbei“, brachte es Siebenhofer auf den Punkt. Stolz sei sie auf die erfolgreiche Wiederaufnahme des Riesentorlaufs in ihr Programm gegen Ende ihrer Laufbahn.
Der Aderlass gerade bei den schnellen Frauen im Ski-Austria-Team ist in diesem Jahr besonders stark. Vor Siebenhofer hatte bereits Ex-Super-G-Weltmeisterin Schmidhofer ihren Rücktritt mit Ende der vergangenen Saison erklärt, die werdende Mutter Tamara Tippler verabschiedete sich zumindest in eine lange Auszeit. Von der steirischen Fraktion bei den Speed-Frauen, die lange Zeit die zuverlässigsten Punktelieferantinnen in Abfahrt und Super-G waren, ist nur noch Cornelia Hütter übrig.
Ski-Austria-Präsidentin Stadlober würde sich wünschen, dass Siebenhofer dem österreichischen Verband in irgendeiner Funktion erhalten bleibt. „Und wenn es im Nachwuchs ist, im steirischen Skiverband oder im Verein. Dann ist uns, Ski Austria, schon sehr geholfen“, betonte sie. Siebenhofer begann parallel zur Polizei-Ausbildung zudem ein BWL-Studium und steht kurz vor dem Bachelor-Abschluss.