Kriechmayr vor Königsdisziplin: „Druck mache ich mir selber“

Dem Schweizer Bernhard Russi ist es 1972 als bisher letztem Skirennläufer gelungen, seinen WM-Titel in der Abfahrt zu behalten. Vincent Kriechmayr will dieses rare Kunststück am Sonntag (11.00 Uhr/ORF 1) in Courchevel vollbringen. Davor versucht er, die Erwartungshaltung um ihn herum so gut wie möglich auszublenden. „Druck mache ich mir eh selber. Natürlich will ich auch eine Medaille holen, aber dafür muss ich gut Ski fahren. Alles andere werden wir sehen“, sagte Kriechmayr.

Als bisher einziger Österreicher hat Toni Sailer den Titel in der Königsdisziplin erfolgreich verteidigt. Der Tiroler gewann 1956 in Cortina d’Ampezzo und 1958 in Bad Gastein. Cortina war vor zwei Jahren zufälligerweise auch der Schauplatz von Kriechmayrs großem Coup: Der Oberösterreicher entschied zunächst den Super-G für sich und doppelte drei Tage später mit Gold in der Abfahrt (eine Hundertstelsekunde vor dem Deutschen Andreas Sander) nach. Dass die WM-Strecke in Frankreich bei ihm Erinnerungen an die Vertigine-Piste in Cortina weckte, könnte ein Vorbote sein. Im Vorjahr gewann Kriechmayr beim Weltcup-Finale Abfahrt und Super-G.

Im Super-G hat er bei der WM schon zwei Mal Bekanntschaft mit „L’Eclipse“ (Finsternis) gemacht, dazu kommen die zwei Abfahrtstrainings am Mittwoch und Samstag. „Das Kennenlernen war einmal sehr gut. Die Strecke ist wirklich gewaltig, der Schnee gibt unglaublich viel her. Man kann richtig draufdrücken und kriegt immer was zurück. Zum Skifahren ist es ein Genuss, aber man muss halt dann schon am Limit auch fahren“, erklärte der 31-Jährige, der in dieser Saison drei Weltcup-Siege in der Abfahrt feiern durfte – in Gröden, Bormio und Kitzbühel.

„Bei den Herren haben wir mit dem ‚Vinc‘ sicher einen Topfavoriten mit dabei – auch wenn die Konkurrenz sehr stark ist. Er hat im Super-G leider Fehler gemacht, das wird er versuchen gutzumachen. Er wird um die Medaillen mitreden“, meinte ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl. Kriechmayr, im Super-G auf Rang zwölf, selbst sieht sich nicht als „heißestes Eisen“ der rot-weiß-roten Speedtruppe. „Der ‚Hemi‘ (Daniel Hemetsberger/Anm.) ist auch ziemlich heiß drauf, und auch der ‚Striedl‘ (Otmar Striedinger). Der hat schon richtig gute Rennen abgeliefert. Und vergessen wir bitte nicht auf Marco Schwarz“, betonte er.

„Aber die Konkurrenz ist auch unheimlich stark“, verwies Kriechmayr auf die internationalen Kapazunder. Aleksander Aamodt Kilde ist mit fünf Weltcup-Siegen in der Abfahrt in diesem Winter und nach Super-G-Silber bei der WM wohl der Topfavorit, Marco Odermatt strebt seine allererste WM-Medaille an. Super-G-Weltmeister James Crawford aus Kanada will in der Abfahrt nachlegen. „Ich glaube generell, dass eine WM immer speziell ist. Das hat man bei mir auch vor zwei Jahren gesehen, in der Abfahrt hat mich auch keiner auf der Rechnung gehabt. Da ist der Favoritenkreis immer ein bissel größer. Jeder versucht, voll ans Limit zu gehen“, erläuterte Kriechmayr.

In den vergangenen drei WM-Abfahrten gab es jeweils eine Medaille für einen Österreicher: Max Franz eroberte 2017 in St. Moritz Bronze, Kriechmayr gelang das zwei Jahre später in Aare. Am Sonntag schickt der ÖSV neben Kriechmayr, Hemetsberger (Zweiter in Lake Louise), Striedinger und Schwarz noch Stefan Babinsky ins Rennen.

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