Herausgekommen ist ein Clip mit etwas mehr als zehn Minuten Laufzeit, der am Samstag im Hauptabendprogramm von ORF 1 und ARD im Rahmen der Sendung „Verstehen Sie Spaß“ ausgestrahlt wird. Der Aufwand, der dahinter steckt, ist aber enorm, wie ich, Roland Korntner, als Lockvogel für Fußball-Legende Toni Polster zumindest ein wenig mitbekommen durfte. So ist der Tag für mich verlaufen: Ein Blick hinter die Kulissen (mit Fotogalerie).
Dienstag, 5. März, 9.15 Uhr: Abfahrt in Wels. Mein Freund Walter Fleischhacker, der seit vielen Jahren ein absoluter Intimus von Toni Polster ist und die Situation tatkräftig mitorganisiert hat, holt mich, Roland Korntner, zu Hause ab. Es geht in Richtung Wien.
Dienstag, 5. März, 9.20 Uhr: Nach der Begrüßung und den ersten Gesprächen kommen wir natürlich rasch auf DAS Thema des Tages zu sprechen. Auf unsere Mission, Toni Polster für „Verstehen Sie Spaß“ aufs Glatteis zu führen.
„Roli, ich brauch‘ dich“
Rückblende, Donnerstag, 29. Februar, Nachmittag: Walter Fleischhacker, Tonis Marketing-Berater und Vertrauter, holt mich für die Mission an Bord. „Roli, ich brauch‘ dich“, sagt er mir am Telefon. Ich ziehe zunächst nicht so recht. Am zweiten Tag nach einem 14-tägigen Urlaub stehen schließlich etliche Termine und Erledigungen auf meinem Kalender. Doch Walter lässt nicht locker, macht erste Andeutungen, dass es nicht um ein normales Pressegespräch mit Toni gehen wird, sondern dass „das ein Einmal-im-Leben Moment werden wird“. Meine Neugierde ist geweckt, ich sage zu und mache mich sofort daran, den kommenden Dienstag freizuschaufeln …
Dienstag, 5. März, 9.45 Uhr: Das Gespräch im Auto nach Wien dreht sich natürlich weiterhin ausschließlich um unsere bevorstehende „Tat“. Walter erzählt mir auch weitere Details, wie etwa über eine Verschwiegenheitsklausel, die er unterschreiben musste, damit im Vorfeld ja nichts durchsickert.
Elfseitige Cue List, aber eine große Unbekannte
Rückblende, Montag, 4. März, Nachmittag: Das Telefon läutet, Thommy Schmidle von televionsär ist am Apparat und weiht mich endgültig in das Vorhaben ein. Er erklärt mir ausführlich, was geplant ist, wie wir versuchen sollen, den Toni tatsächlich hinters Licht zu führen und er fragt mich, ob ich wirklich dabei bin? „Natürlich, wann bekommt man schon die Chance, als Lockvogel zu agieren“, lautet meine Antwort.
Danach schickt Schmidle mir eine elfseitige Cue List, in der das mögliche Szenario in ganz vielen Details durchgegangen wird. Er warnt mich aber zugleich auch: „Eine Cue List ist kein Drehbuch, da wir ja nie wissen, wie die Unbekannte in unserem Spiel reagiert. Nichts was geschrieben steht, muss exakt so kommen. Aber die Cue List soll die Richtung des Films vorgeben“, so Schmidle.
Verstehen Sie Spaß?© privat
Dienstag, 5. März, 10.15 Uhr: Noch immer im Auto, gehen Walter und ich jetzt die Cue List durch. Wir rätseln, ob das tatsächlich funktionieren kann und beruhigen uns damit, dass wir von Profis dieses Metiers begleitet werden.
Walter erzählt mir auch, dass die Anfrage von „Verstehen Sie Spaß?“ noch im Jahr 2023 gekommen ist. „Es war dann natürlich nach Tonis Magendurchbruch eine Gratwanderung, ob wir das überhaupt machen können und sollen.“ Weil er sich aber rasch und gut erholte, wurde letztlich eben doch das „Okay“ gegeben, aber das Szenario noch einmal überarbeitet neu aufgesetzt.
Toni möchte Verlegung auf Viktoria-Platz
Dienstag, 5. März, 10.33 Uhr: Toni Polster ruft bei Walter an, das Gespräch ist natürlich auf Freisprechanlage, ich kann also mithören. Kurz wird über seinen gestrigen, gelungenen Auftritt bei ServusTV gesprochen, über weitere Termine in dieser Woche und dann natürlich auch über das Treffen nachher in Wien. Wobei Toni gerne noch den Treffpunkt mit der Talk-Runde vom TV-Studio auf den Viktoria-Platz verlegen möchte. „Da fühle ich mich wohler“, meint die Fußball-Legende. Walter wehrt diesen Versuch aber natürlich ab – die versteckten Kameras sind ja längst im Studio montiert.
Dienstag, 5. März, 11.20 Uhr: Wir kommen im TV-Studio an und machen uns mit den Örtlichkeiten vertraut. Wir diskutieren, ob man die versteckten Kameras eventuell erkennen kann. Richard Oberndorfer (SN-Sportchef) und ich (langjähriger Sportchef und nunmehriger Chefredakteur beim OÖ. Volksblatt) lernen Kathrin kennen. Sie ist Eventmanagerin und Stimmtrainerin und agiert fürs TV-Team immer wieder mal als (quasi professioneller) Lockvogel, wie sie uns erzählt. Kathrin gibt sich in diesem Fall als Journalistin vom Kölner Express aus.
Wir drei gehen gemeinsam das Skript intensiv durch, sprechen uns ab, wer welchen Part übernimmt, beratschlagen auch, wie man Toni, falls er Verdacht schöpft (und das wird er rasch!) beruhigt oder auf eine falsche Fährte locken kann. Wir werden natürlich auch verkabelt und schauen uns dann zur Einstimmung noch die äußerst gelungene ORF-Dokumentation „Abseits des Strafraums“ zu Polsters 60. Geburtstag, die am folgenden Tag ausgestrahlt wird, an.
Alarmstimmung im TV-Studio
Dienstag, 5. März, 11.50 Uhr: Plötzlich herrscht Alarmstimmung: Top-Kabarettist und Stimmenimitator Alex Kristan, der im Szenario ebenfalls eine wichtige Rolle spielte, ist für 12 Uhr im Studio angekündigt. Toni Polster wiederum, der eigentlich um 13 Uhr erwartet wird, meldet sich bei Walter mit der Botschaft, er sei schon in Wien und trinkt in unmittelbarer Umgebung zum Studio noch einen Kaffee. „Ihr müsst dafür sorgen, dass sich die beiden nicht über den Weg laufen, sonst ist die Situation kaputt“, werfe ich in den Raum. Mit einigen weiteren hektisch geführten Telefonaten gelingt das auch!
Dienstag, 5. März, 12.50 Uhr: Toni trifft im Studio ein, nach herzlicher Begrüßung der Anwesenden – mein erstes Interview mit ihm habe ich ja schon anno 1994 geführt – kann es endlich losgehen. Ein bisschen nervös bin ich schon, vor allem aber fokussiert, um meinen Part zu erfüllen. Schließlich soll sich der Aufwand ja auch lohnen.
Dienstag, 5. März, 13.05-13.40 Uhr: Wir führen den Ex-Torjäger aufs Glatteis. Und das gelingt ausgesprochen gut. Vielleicht auch, weil ich Toni im Lauf der Jahre dank des gemeinsamen Freundes Walter Fleischhacker abseits vom beruflichen auch in privater Umgebung schon treffen und kennenlernen durfte. Weil dadurch ein Vertrauensverhältnis besteht – weshalb mich Walter ja ins Boot holte, als er eine kleine Gesprächsrunde zusammenstellte.
Wir schenkten uns gegenseitig ein
Das genaue Szenario darf an dieser Stelle natürlich noch nicht verraten werden. Nur soviel: Es drehte sich rund um den 60. Geburtstag von Polster am 10. März und die Dokumentation „Abseits des Strafraums“. Welche Rolle dabei Alex Kristan spielte? Wie der ehemalige Sevilla-Legionär reagierte? Wann ihm etwas spanisch vorgekommen ist? Wie ich ihm und er dann mir als Retourkutsche kräftig einschenkte? All diese Fragen werden am Samstag (30. März, 20.15 Uhr auf ORF 1 und ARD) beantwortet (und ich freue mich selbst schon riesig darauf, endlich den fertigen Clip zu sehen).
Dienstag, 5. März, nach 13.40 Uhr: Die Situation wird von Alexander Kristan und Walter Fleischhacker endgültig aufgelöst und Toni Polster beweist, dass er Spaß versteht, auch wenn er auf seine Kosten geht und kann (nach einer kurzen Schrecksekunde) herzhaft mit uns lachen. Die Freude, dass der Coup funktioniert hat, ist bei allen Beteiligten groß, auch wenn wir Lockvögel noch schwer einschätzen können, wie gut es wirklich war. Es geht zu einer kleinen Nachbesprechung, bei der mit einem Gläschen Bier auf den Tag angestoßen wird. Dabei zeigt sich, dass uns Toni das „Foul“ (Gott sei Dank) nicht übelnimmt und ich erfahre auch, dass die Sendung am 23. März in Berlin aufgezeichnet wird. Eine Woche (am 30. März) später erfolgt dann die Ausstrahlung.
Der Ritterschlag am Tag danach
Dienstag, 5. März, 15.20: Wir treten die Rückreise nach Wels an, lassen die Ereignisse des Tages Revue passieren. Wir freuen uns, dass die Verlade funktioniert hat und vor allem auch, dass Toni es mit Humor genommen hat, uns nicht böse ist. Und wissen, dass wir mehr als drei Wochen lang im Freundeskreis zwar Werbung für die Sendung machen dürfen, ohne dabei aber Details zu verraten.
P.S.: Am Tag danach dann der Ritterschlag per Email von Thommy Schmidle, der schon oft solche Aktionen umgesetzt hat: „Liebe Kathrin, lieber Richard, lieber Roland! Ich möchte mich nochmals für Euren tollen Einsatz bedanken. Ihr habt das … sehr großartig gemacht. Vielen Dank! Und das war nicht leicht, denn Toni ist sicher nicht leicht zu knacken. Aber ihr habt das geschafft, auch wenn euch das vor Ort vielleicht nicht so vorkam“, schrieb er uns Lockvögeln.
Hier vorab der ORF-Teaser: https://tvthek.orf.at/profile/Additional-Content/1670/Verstehen-Sie-Spass/14218604
Von Roland Korntner, Chefredakteur OÖ. Volksblatt