ÖRV hofft auf Impulse durch Bravour-Stück von Gall

Felix Gall schrieb österreichische Radsport-Geschichte. © AFP/Marco Bertorello

Der Tour-Etappentriumph von Felix Gall soll dem heimischen Radsport zwei Jahre nach jenem von Patrick Konrad und kurz darauf von Anna Kiesenhofer bei Olympia zusätzlichen Schwung verleihen. Der österreichische Verband (ÖRV) freut sich über das Bravourstück von Gall, hofft auf nachhaltige Impulse und den einen oder anderen Nachfolger des in neue Sphären vorgestoßenen Osttirolers.

„Der Sieg ist natürlich grandios, wir sind riesig stolz. Da sieht man, dass sich der österreichische Radsport in die richtige Richtung entwickelt und angekommen ist, dass wir uns keinesfalls verstecken müssen vor dem großen internationalen Radsport“, sagte ÖRV-Sportdirektor Mario Prohaska am Donnerstag zur APA – Austria Presse Agentur.

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Der zuvor im Trainerteam für das Bora-Team mit Konrad tätige Sportwissenschaftler verwies auf das komplexe Gesamtpaket, das Gall und Co. stemmen müssen. „Es ist ja nicht nur die Wattleistung auf dem Rad alleine, es kommt in den drei Wochen der mentale Aspekt dazu. Die gute Form ist ein Sache, man muss es taktisch klug angehen, und auch das bisschen Glück haben“, so Prohaska.

Zudem würden die richtige Ernährung, exakt verteilte Aufgaben im Team, das optimierte Material und nicht zuletzt Regenerationsmaßnahmen wichtige Rollen spielen. All das scheint Gall bei seinem Debüt perfekt unter einen Hut zu bringen.

Aus Prohaskas Sicht sind die gezeigten Leistungen der Tour-Profis außergewöhnlich, aber nachvollziehbar und durchaus transparent. Dass Gall seit einigen Monaten mit den Topstars mithält, ist auch für den langjährigen ÖRV-Generalsekretär Rudolf Massak nicht überraschend. „Er war 2015 Juniorenweltmeister, seine Qualitäten hat er schon damals aufzeigen können. Er war dann auch in der U23 in seiner Altersgruppe der einzige Österreicher, der auf dem ersten Level mithalten konnte und sicher der talentierteste, er ist schon damals mit Pogacar und Konsorten mitgefahren.“

Nach einer zwischenzeitlichen Stagnation sei Gall heuer auf einem neuen Höchstlevel angelangt. „In der Liga werden keine Geschenke verteilt, Hut ab. Er hat mit der Königsetappe noch eines drauf gesetzt. Wenn man so durchstartet, ist das schon unglaublich. Ich habe schon nicht mehr geglaubt, dass aus seiner Karriere was wird, weil er gesundheitlich so fragil war“, sprach Massak die zwei durchwachsenen Jahre von Gall im Team Sunweb/DSM an. Damals hätten ihn wiederkehrende Infekte und das nicht passende Teamgefüge gebremst.

In seinem aktuellen Rennstall AG2R sei Gall hingegen bestens aufgehoben. „Damit ist seine Karriere wieder neu durchgestartet. Sie haben ihn langsam herangeführt, auf ihn gesetzt und ihm immer mehr Aufgaben übergeben.“

Galls bisheriger Karriereverlauf stehe quasi für den idealtypischen Weg auf dem der ÖRV möglichst viele Talente begleiten will. „Man kann als Verband schon aufzeigen, welche Ausbildungswege er gegangen ist – von den Junioren, zur Unterbringung in einem U23-Programm bis in ein Profiteam. Das sind die Wege, die wir mit allen anderen Athleten wie derzeit Alexander Hajek oder Marco Schrettl auch anstreben.“

Die Trauben in der Weltspitze hängen aber hoch. „Wir haben nicht diese große Dichte, aber es gibt so viele Radfahrerinnen und Radfahrer wie noch nie, die Frage ist, wie man sie in den Spitzensport bringt.“ Hochkarätige Siege wie jene von Gall oder 2021 von Konrad und Kiesenhofer sorgen jedenfalls für plötzlich erhöhte Aufmerksamkeit. „Um einen Boom auszulösen, bedarf es mehr als dieser punktuellen Erfolge. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass der Sieg von Gall einen Impuls geben kann.“ Davon könne beispielsweise die Österreich-Rundfahrt profitieren.

Massak glaubt, dass Gall bei der Tour nicht nur seinen Top-Ten-Platz in der Gesamtwertung halten wird, sondern auch gute Chancen auf das Bergtrikot hat. Sein Rückstand auf Giulio Ciccone beträgt nur sechs Punkte. „Ich halte das nicht für unmöglich, wenn alles aufgeht.“

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