Österreichs EM-Abschied ist bitter, aber macht dennoch Hoffnung

2026 bei der Weltmeisterschaft soll der Weg für die Schützlinge von Ralf Rangnick weiter gehen

Das „Sommermärchen“ des österreichischen Nationalteams ist zu Ende, bevor es so richtig begonnen hat. Das 1:2 im EM-Achtelfinale im strömenden Regen von Leipzig gegen die Türkei geht als eine der schmerzvollsten Niederlagen in die ÖFB-Geschichte ein.

Das ÖFB-Team hat bewiesen, mit seinem körperbetonten, auf schnellen Ballgewinnen fußenden Spielstil mit jedem Topgegner mithalten zu können. Nach dem Gruppensieg vor Frankreich, den Niederlanden und Polen herrschte eine Woche Hochstimmung. Den großen Erwartungen wurde die Auswahl von Ralf Rangnick im ersten K.o.-Spiel nicht mehr gerecht.

Rangnick wird seinem Stil mit hohem Pressing natürlich treu bleiben. Viele seiner Kicker haben ihn längst verinnerlicht, sind sie doch in der von ihm begründeten Red-Bull-Schule groß geworden.

Das ÖFB-Team verzeichnete bis zum Achtelfinale nicht nur die meisten Fouls (61) und Ballgewinne (179), es wirkte seinen Gegnern phasenweise auch physisch überlegen. Das könnte mit der Frische zu tun haben: Im Vergleich zu den Gruppengegnern Frankreich und Niederlande waren Österreichs Topspieler im Saisonverlauf deutlich weniger belastet. Die meisten Pflichtspiel-Einsätze verzeichneten Alexander Prass bei Meister Sturm Graz (47) und Konrad Laimer, von dessen 43 Partien für Bayern München aber viele Kurzeinsätze waren.

Gutes EM-Paket

Die ÖFB-Kicker strotzten im Gegensatz zu Kylian Mbappe und Co. am Ende einer langen Saison noch vor Energie. Dazu trug wohl auch das sehr gut gewählte EM-Quartier bei. Zu den beiden Gruppenspielen in Berlin fuhren die Österreicher jeweils 20 Minuten mit dem Bus, ersparten sich jegliche Reisestrapazen und gewannen sowohl gegen Polen (3:1) als auch gegen die Niederlande (3:2).

So etwas wie „Freundschaftsspiele“ gibt es unter Rangnick ohnehin nicht. 2022 wurde Europameister Italien, ein Jahr später EM-Gastgeber Deutschland in Wien mit 2:0 besiegt. Von acht ÖFB-Testspielen der Ära Rangnick ging keines verloren, in Bewerbspartien dagegen setzte es bei neun Siegen und zwei Remis bisher auch sieben Niederlagen.

Es scheint so, als würden sich die Gegner im zweiten Anlauf besser auf das ÖFB-Team einstellen. Für den 6:1-Kantersieg im Test im März in Wien revanchierten sich die Türken im EM-Achtelfinale auf deutlich größerer Bühne.

Dünner ÖFB-Kader

Das Duell mit der Nummer 42 der FIFA-Weltrangliste offenbarte auch andere Probleme der ÖFB-Auswahl. Eines davon ist die mangelnde Kadertiefe. Den gesperrten Patrick Wimmer etwa konnte Rangnick nicht durch einen dynamischen, schnellen Offensivmann mit ausreichend Tiefgang ersetzen.

Sollte Stürmer Marko Arnautovic seine Karriere im Nationalteam beenden, wäre Michael Gregoritsch allein auf weiter Flur, zumal ja ungewiss ist, wie stark Sasa Kalajdzic nach seinem dritten Kreuzbandriss zurückkommt.

Christoph Baumgartner war nicht nur bei der EM das Um und Auf in der österreichischen Offensive, dabei ist er bei seinem Club RB Leipzig noch nicht einmal Stammspieler. Marcel Sabitzers EM war nach einer starken Saison bei Borussia Dortmund von Aufs und Abs geprägt. Gegen die Türkei fiel der Mittelfeldmann einzig mit extravaganter Frisur auf.

Die Enttäuschung war bei allen Beteiligten groß, der entstandene Teamgeist jedoch ebenfalls. Rangnick hat es geschafft, dass sich alle 26 Spieler im Kader wertgeschätzt fühlten.

Für den Anlauf auf die WM 2026 wird es keinen großen Umbruch geben. Mit den verletzten David Alaba und Xaver Schlager werden zwei Leistungsträger wieder zur Verfügung stehen.

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