SPORTUNION-Präsident McDonald: „Müssen alle Vereine durch Krise bekommen“

Seit knapp zwei Jahren steht Peter McDonald (46) an der Spitze der SPORTUNION Österreich, die am Samstag ihren 75. Geburtstag feiert.

Welche Herausforderungen stellen sich für die SPORTUNION Österreich in den Zeiten der Corona-Krise?

McDonald: Grundsätzlich möchte ich vorausschicken, dass die österreichischen Sportvereine Übermenschliches leisten, was Wertevermittlung betrifft und das in einer flächendeckenden Struktur anbieten und erhalten, um die uns viele Ländern in Europa beneiden. Natürlich merkt aber man schon jetzt, dass Schäden eintreten und wir werden sehr genau darauf schauen müssen, dass wir 100 Prozent der Sportvereine durch die Krise bekommen.

Was ist für die Vereine so existenzbedrohend?

Auch wenn über weite Strecken die rund 576.000 ehrenamtlichen Funktionäre in ganz Österreich das Werk sehr gut am Laufen halten, fallen laufende Einnahmen komplett aus, gewisse Ausgaben und Kosten bleiben aber bestehen und das führt Vereine an ihre Grenzen.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise noch?

Wir vermissen den Sport nicht nur als Entertainment und als körperliche Betätigung, sondern es fehlt uns auch das Vereinsleben. Sportvereine sind soziale Einrichtungen, die zur DNA der Österreicher gehören. Jeder vierte Österreicher und jedes zweite Kind ist in einem Sportverein. Durch Corona bricht ein Teil unserer Lebenskultur weg, auch wenn die Regierung Sport als eine von nur vier Ausnahmen (neben Einkaufen, Arbeiten und Hilfeleistung/Anm.), um das Haus zu verlassen, definiert hat, womit klar herausgestrichen wurde, welche Bedeutung der Sport hat.

Was braucht es, um alle Vereine durch die Krise zu bekommen?

Unsere Sportvereine sind durch ihre bedeutende Arbeit für die Gesellschaft eine kritische Infrastruktur in der Nachkrisenzeit, dessen muss sich die Politik bewusst sein. Denn es werden im Sport Werte wie Leistung, Fairness, Teamgeist, Gemeinschaftssinn und Unterstützung für schwächere Kollegen vermittelt.

Ganz zu schweigen von den positiven Auswirkungen durch Bewegung. Prävention durch Bewegung ist eine Investition in mehr gesunde Lebensjahre. Sportstätten von heute sparen Krankenbetten von morgen. Deshalb muss es uns was wert sein, diese kritische Infrastruktur Sportverein zu erhalten. Koste es, was es wolle.

Tut das die Politik?

Auf jeden Fall, das haben die Gespräche mit dem Finanzminister gezeigt, der zugesagt hat, dass der Sport nicht im Regen stehen gelassen wird und die Vereine mit einem Einnahmenausfallsfonds unterstützt werden.

Wichtig ist, dass rasch geholfen wird, damit es weitergeht, denn Vereine haben normal keine Rücklagen, weil sie ja gemeinnützig sind. Bei diesen Ausfällen gilt es auch die beispielsweise Vereinsfeste und andere Sportveranstaltungen zu berücksichtigen, weil mit diesen Einnahmen ja sehr oft die Jugendarbeit eines Jahres finanziert wird.

Es geht aber nicht nur darum unsere Vereine durch die Krise zu bringen, wir müssen auch sicherstellen, dass sie das kommende Jahr überleben können, denn Schwierigkeiten der regionalen Wirtschaft, werden zwangsläufig zu Ausfällen im Sponsoring führen. Das muss im Unterstützungsprogramm mitgedacht werden, da müssen wir auf das Kulturgut Sportverein gut aufpassen.

Bei digitalen Angeboten nimmt die SPORTUNION eine Vorreiterrolle ein. In welcher Form?

Die SPORTUNION war in den 75 Jahren ihres Bestehens immer wieder Vorreiter. Die ersten, die für die tägliche Bewegungseinheit an Schulen bereits 1952 eingetreten ist, beispielsweise. Innovation liegt uns im Blut, daher wollten wir in der Krise die Innovationskraft der SPORTUNION ausreizen, um Menschen auch in dieser Zeit zu bewegen. Unsere Vereine haben das wieder mal bewiesen.

Innerhalb von nur zwei Wochen haben wir den Kanal ‚digitalsports‘ auf der Homepage eingerichtet, wo mittels Videokonferenz nun 30 unserer Vereine Kurse anbieten, zu Hause Sport zu betreiben. Mittlerweile kann jede Woche aus mehr als 200 verschiedenen Angebot gewählt werden, die man gratis nutzen kann, um so Vereinssport gemeinsam im Wohnzimmer zu betreiben. 100.000 haben schon mitgemacht.

Das ist aber noch nicht alles, oder?

Davon haben wir, um unserer Verantwortung für Kinder und Jugendliche gerecht zu werden, die digitale Turnstunde abgeleitet. Da bieten wir täglich sechs Einheiten zu je 15 Minuten mit verschiedenen Schwerpunkten an. Dabei sind täglich rund 1000 Kinder im interaktiven Livestream und weitere 6500 bei den Facebook-Übertragungen, Tendenz steigend.

Droht der Sport durch den Lockdown, Ehrenamtliche und Aktive zu verlieren?

Im Gegenteil, man merkt bei Kindern wie Erwachsenen, dass es kribbelt, dass ihnen der Sport und die Gemeinschaft fehlen. Deshalb glaube ich, dass die Menschen auf die Sportanlagen strömen werden, wenn es die Möglichkeit wiedergibt.

Muss man sich dem Thema E-Sport jetzt neu nähern?

Für mich ist ‚digitalsports‘ die Antwort auf E-Sport. Auch wenn Computerspiele vor Zuschauern durchaus regen Zulauf haben, hat das mit Sport meiner Meinung nach nichts zu tun. Während wir die erwähnten digitalen Sportangebote auch in Zukunft anbieten werden, um Menschen in Bewegung zu bringen.

Wann kann das Vereinsleben wieder Schwung aufnehmen?

Die angekündigte schrittweise Öffnung des Sports ist eine wichtige Perspektive, aber wann wir wieder zu einer vollständigen Normalität zurückkehren können, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen und wird auch von der Verfügbarkeit eines Impfstoffes abhängen.

Was halten Sie von Geisterspielen im Fußball?

Man muss gut aufpassen, dass man keine Signale setzt, wo sich Amateursportler vergessen fühlen. Ich bin sehr zwiegespalten was die Durchführung der Bundesliga mit Geisterspielen betrifft und frage mich auch, welchen Mehrwert sie haben, wenn man den beträchtlichen Aufwand für die Klubs und die fehlenden Zuschauereinnahmen betrachtet.

Ein Geisterspiel, an das ich mich mit Schaudern erinnere, ist LASK gegen Manchester United — so etwas muss ich nicht sehen. Fußball auf diesem Niveau als Geisterspiel geht an der Sache vorbei.

Zum 75. Geburtstag der SPORTUNION Österreich am Samstag, was zeichnet diesen Verband aus?

Es nötigt mir großen Respekt ab, dass Menschen vor 75 Jahren den Weitblick hatten, in einer sehr schwierigen Zeit so einen Vereinsverband zu gründen. Die SPORTUNION zeichnet aus, dass wir sehr werteorientiert unsere Traditionen hochleben lassen und andererseits auch sehr innovativ und leistungsorientiert sind. Zudem zeigt sich, dass wir gerade jetzt in der Krise bereit sind, noch mehr zu geben, um Teamgeist zu zeigen — für das Team Österreich.

Die mobile Version verlassen