Titelverteidiger Italien als unbekannte Größe und Underdog

Fußball-EM: Die Sqadra Azzurra setzt auf das Kollektiv - Zum Auftakt wartet am Samstag Albanien - Gegner mit einer Legionärs-Auswahl

Luciano Spalletti © APA/AFP/Alberto PIZZOLI

Titelverteidiger Italien ist vor dem Auftakt der diesjährigen Fußball-EM eine unbekannte Größe. Die vergangenen Jahre waren ein Auf und Ab für die stolzen Azzurri – zwei fehlgeschlagene WM-Qualifikationen, ein überraschender Trainerwechsel, Skandale und Verletzungsprobleme sind Ausdruck davon. Ein starkes Kollektiv ohne große Namen soll Italien in Deutschland tragen, Albanien am Samstag (21.00 Uhr/live ServusTV) in Dortmund kein Stolperstein sein.

Im Jahr 2021 bestritt Italien bei der Europameisterschaft das erste und das letzte Spiel. Zum Start gelang ein klarer 3:0-Sieg gegen die Türkei in Rom, anschließend gewann das Team von Trainer Roberto Mancini auch die beiden weiteren Partien in der Gruppe und kam bis ins Finale. In London triumphierten die Italiener schließlich im Elfmeterschießen über England und machten sich damit zum zweiten Mal zum Europameister.

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Von so einem Lauf wird in Italien nun wieder geträumt – allerdings ist schon die Gruppe B mit Spanien und Kroatien eine Hürde, die schwer zu überwinden sein wird. Vor drei Jahren war klar, dass Mancini genügend Qualität im Kader hatte, um im Turnier weit zu kommen. Dieses Jahr sieht das anders aus, ernste Zweifel bestehen. Zum Auftakt sind drei Punkte aber quasi Pflicht.

Kein Zweifel besteht an der Klasse des Trainers. Luciano Spalletti hat im September 2023 nach dem unerwarteten Abgang von Mancini nach Saudi-Arabien das Ruder übernommen, zuvor hatte er Napoli zum Meistertitel in der Serie A geführt.

„Meiner Meinung nach ist es ein Vorteil, als Titelverteidiger in das Turnier zu gehen. Aber wir müssen sofort begreifen, dass wir uns wie ein Titelverteidiger verhalten müssen“, sagte der 65-Jährige, der nicht annähernd das Spielermaterial zur Verfügung hat wie zu seiner Zeit in Neapel.

Vor der EURO verlor Spalletti mit Francesco Acerbi (Leiste) und Giorgio Scalvini (Kreuzbandriss) zwei Innenverteidiger. Ein möglicher Ersatz ist Alessandro Buongiorno von Torino. Nicolo Zaniolo von Aston Villa erlitt im Saisonfinish eine Fraktur des Mittelfußknochens und fiel dadurch für das Großereignis aus, Sandro Tonali fehlt wegen seiner Sperre aufgrund von verbotenen Wetten.

Leonardo Spinazzola und Marco Verratti sind wegen Bedenken ob deren Form kein Thema mehr. Nicolo Barella von Meister Inter Mailand ist noch immer angeschlagen, über seinen Einsatz dürfte erst kurz vor Spielbeginn entschieden werden.

Für Österreichs Jahrhundert-Fußballer Herbert Prohaska, einst bei AS Roma und Inter aktiv, sind die Italiener – die seit sechs Spielen ungeschlagen sind – hoch einzuschätzen. „Das ist ein Klasse-Kollektiv, mit Spielern von Inter, Roma und Juventus. Das sind gestandene Profis, die vor niemanden eine Angst haben“, sagte der Ex-ÖFB-Teamchef im Gespräch mit der APA. „Und sie haben einen sehr, sehr guten Trainer.“

Der neue Hoffnungsträger im Angriff ist Gianluca Scamacca, der in dieser Saison insgesamt 19 Pflichtspieltore für Atalanta Bergamo erzielt hat. Kapitän und einer der wenigen echten Stars ist Torhüter Gianluigi Donnarumma. „Wir werden zweifellos bereit sein für dieses große Ereignis, das ein einzigartiger Wettbewerb ist“, sagte der 25-Jährige von Paris Saint-Germain. „Wir sind jetzt alle hier, um unseren Titel zu verteidigen und unser Bestes zu geben, um ins Finale zu kommen.“

Albanien geht mit einer jungen, dennoch international erfahrenen Mannschaft, die ausschließlich aus Legionären besteht, in das zweite EM-Turnier nach 2016. In der Qualifikation gelang der Truppe von Trainer Sylvinho der Gruppensieg vor Tschechien und Polen. Mit Kapitän Berat Djimsiti (Atalanta), Elseid Hysaj (Lazio), Offensivmann Nedim Bajrami (Sassuolo) oder Kristjan Asllani (Inter) spielen einige der Stützen bei Serie-A-Clubs. Insgesamt zehn Akteure im Kader verdienen ihr Geld in Italien.

Auch der Chefcoach hat einen Italien-Konnex, schließlich war Sylvinho einer der Assistenten von Roberto Mancini, als dieser Inter betreute. „Wir haben vor niemandem Angst. Es stimmt, Italien ist stark, hat eine lange Geschichte und ist der Favorit. Aber der Fußball lehrt uns, dass es immer Überraschungen gibt“, sagte Djimsiti.

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