Walkner: „Ich brenne schon noch dafür“

Der Motorrad -Star über seinen Sturz bei der Rallye Dakar und dessen Umstände sowie die Zukunft

Seine Motorrad-Leidenschaft brachte Rallye-Ass Matthias Walkner an die landschaftlich außergewöhnlichsten Orte. Nach seinem Sturz will der Salzburger nun sich und seinem Körper die nötige Ruhe geben.
Seine Motorrad-Leidenschaft brachte Rallye-Ass Matthias Walkner an die landschaftlich außergewöhnlichsten Orte. Nach seinem Sturz will der Salzburger nun sich und seinem Körper die nötige Ruhe geben. © Rally Zone

Die neunte Teilnahme der Rallye Dakar wird Matthias Walkner schmerzvoll in Erinnerung bleiben, dennoch hatte der 36-jährige Salzburger bei seinem schweren Sturz Glück im Unglück. Bekanntlich endete die diesjährige Ausgabe des Wüstenklassikers für den KTM-Piloten auf der vorletzten Etappe im Rettungshubschrauber. Die Befürchtungen einer schweren Wirbelverletzung beziehungsweise einer Lähmung haben sich gottlob nicht bewahrheitet. Während seines Untersuchungsmarathons nahm sich Österreichs erster und bisher einziger Motorrad-Sieger bei der Rallye Dakar (2018) Zeit für ein Gespräch mit dem VOLKSBLATT.

Die erste und wichtigste Frage: Wie geht´s Ihnen?

Es ist mir schon einmal besser, aber auch schon viel schlechter gegangen.

Gibt es schon eine genaue Diagnose?

Gestern standen die abschließenden Untersuchungen an und heute findet die Befundbesprechung statt, aber es ist im Rücken Gott sei Dank nichts gebrochen.

Wie sieht nun der weitere Fahrplan aus bezüglich Reha und einem Comeback?

Da muss ich diese Woche noch abwarten. Die Handgelenksverletzung (knöcherne Absplitterung/Anm.) könnte sich länger ziehen, aber ich gehe von nichts Dramatischem aus. Ich gönne mir und meinem Körper nun Ruhe und nehme mir die Zeit, um alles zu reflektieren.

Alle Türen stehen offen

Eine Verletzung beziehungsweise ein Sturz bedingen nicht nur körperliche, sondern auch psychische Folgen. Welche Bewältigungsstrategien haben Sie dafür?

Es belastet mich psychisch am meisten, wenn ich daheim sitze und Zeit zum Nachdenken habe. Wenn ich am Motorrad unterwegs bin, mache ich mir keine Sorgen und aktuell juckt es mich auch schon wieder, draußen herumzufahren. All die geilen Erlebnisse, die mir dieser Sport bescherte, machen ihn so speziell.

Das ständig mitfahrende Risiko ist also auch kein Problem?

Irgendwo im Unterbewusstsein fährt es natürlich mit. Darum ist das Selbstvertrauen ganz wichtig, um in unvorhersehbaren Situationen keine Sekunde zu zögern. So lange ich bereit bin, so viel zu investieren und sieben Tage die Woche für diesen Sport zu leben, werde ich ihn ausüben.

Das bedeutet, Sie werden Ihren im Dezember auslaufenden Vertrag verlängern und wir sehen Sie auch bei der Rallye Dakar 2024?

Für diese Entscheidung brauche ich noch etwas Zeit, aber mir stehen bei KTM und Red Bull alle Türen offen und brennen tue ich schon noch dafür.

Was macht den Reiz dieses Mega-Events aus?

Die Rallye Dakar ist einfach so vielfältig und facettenreich. Klimatisch hast du einmal -10 Grad, dann wieder +45 und das in einem Rennen. Vergleichbar mit dem Bergsteigen, wo du auf 5000 Metern im Grünen losgehst und auf 7000 Meter bist du in einer komplett anderen Welt. Du kommst mit dem Motorrad an die außergewöhnlichsten Orte. Das empfinde ich als großes Privileg, vor allem in unserer restriktiven Zeit, wo du gefühlsmäßig nicht mehr mit dem Fahrrad in den Wald fahren darfst.

Jetzt führt die Rallye Dakar aber seit 2020 durch Saudi-Arabien. Ein politisch und in Bezug auf Menschenrechte sehr umstrittenes Land. Wie gehen Sie damit um?

Ich habe aufgehört mich darüber aufzuregen, weil ich gesehen habe, dass meine Kritik nicht einmal beim Veranstalter etwas ändert. Mir fehlen auch die Infos, um mir ein voll umfängliches Bild bzw. eine Meinung dazu zu bilden. Ich muss es einfach akzeptieren.

Saudischer Prinz beschleunigte Abtransport

Was veranlasste Sie zu dieser Erkenntnis?

Bei der Dakar 2016 brach ich mir bei einem Sturz den Oberschenkel. Mein Abtransport dauerte zwölf Stunden und ich beschwerte mich bei der A.S.O. (Amaury Sport Organisation/Anm.). Doch jetzt war es wieder das Gleiche. Ich bin um 7.50 Uhr gestürzt und erst nachdem es der saudische Prinz — auf Bitte vom ‘Kine’ (Heinz Kinigadner/Anm.), der den Ernst der Lage erkannte — veranlasst hatte, wurde ich dann nach mehr als sieben Stunden zumindest einmal in Richtung Krankenhaus geflogen.

Dabei können Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Warum hat sich Ihrer Ansicht nach diesbezüglich nichts verbessert?

Ich kann nur spekulieren, aber es kommt mir so vor, wie wenn es nur darum geht, gewisse Protokolle abzuarbeiten. Es hat mir bei der Unfallstelle auch keiner zugehört. Die haben alle nur meinen Kopf und die Hände untersucht, obwohl ich ihnen mehrmals sagte, dass ich einen stumpfen Schlag auf den Rücken bekommen habe und ich enorme Schmerzen im Lendenwirbelbereich habe.

Hat Ihnen in dieser Ausnahmesituation die Erfahrung von Ihrem schweren Sturz 2016 geholfen?

Definitiv, ich habe mir nun bewusst keine Schmerzmittel oder Infusionen geben lassen, denn ich wollte ständig ein Feedback von meinem Körper haben. Ansonsten bist du jedem Lagewechsel, jeder unterstützenden Maßnahme einfach ausgeliefert. Das habe ich von 2016 mitgenommen, denn damals wurde ich mit Morphium vollgepumpt.

Mit Dakar-Champion 2018 MATTHIAS WALKNER sprach Daniel Gruber

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