Sterbehilfe in manchen Regionen schon häufigste Todesursache

Niederländischer Theologe prangert bedenkliche Entwicklung an

Die Niederlande sind Vorreiter bei der aktiven Sterbehilfe, die dort seit 2001 erlaubt ist. Mit offenbar verheerenden Folgen, wie der Theologe Theodoor A. Boer in einem Interview mit der Wochenzeitung Zeit offenbart: In manchen Regionen der Niederlande gehöre die Sterbehilfe schon zu den wichtigsten Todesursachen.

Boer: „Ich spreche da von Zahlen zwischen 10 und 15 Prozent.“

Theo A. Boer: Geraten bei der Sterbehilfe auf eine schiefe Ebene.
Theo A. Boer: Geraten bei der Sterbehilfe auf eine schiefe Ebene. ©privat

Druck von Verwandten

Boer saß von 2005 bis 2014 in einer Prüfungskommission, die über die Zulässigkeit von Anträgen auf Sterbehilfe entscheidet. „In den letzten Jahren häuften sich Fälle, bei denen deutlich wurde, dass wir auf eine schiefe Ebene geraten waren. Wenn zum Beispiel Druck von Verwandten ausgeübt wurde – explizit oder zwischen den Zeilen -, fand ich das höchst problematisch.“

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Perfektionsbumerang

Der Ethiker zieht einen Vergleich mit Lebensmittelgeschäften. „Dort haben die Gurken alle genau dieselbe Größe, Tomaten haben keine fleckigen Stellen. Wenn eine Frucht irgendeinen Makel hat, kaufen wir sie nicht.“ Dieses Verhalten greife auf das menschliche Leben über: „Erhalten wollen wir nur noch, was autonom ist, genießen kann, etwas zur Wirtschaft beitragen kann und was gesund ist. Alles, was dem nicht entspricht, gerät in eine Gefahrenzone. Diese Haltung wird auf uns selbst irgendwann wie ein Bumerang zurückkommen.“

Auf die Frage, ob die Angst, einen Makel zu haben, den Wunsch zu sterben nähre, sagt Boer: „Ich habe tatsächlich viele Fälle gesehen, wo ein gewichtiger Teil des Leidens war, dass der Patient gedacht hat: Ich bin eine Last für meine Angehörigen.“

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