Streng, aber mit ganz viel Gespür

Am Montag versammelt Neo-Teamchefin Fuhrmann ÖFB-Frauen-Nationalteam erstmals um sich

Streng, aber einfühlsam: Irene Fuhrmann freut sich, endlich ihre Cheftrainer-Tätigkeit auch auf dem Rasen anpfeifen zu können.
Streng, aber einfühlsam: Irene Fuhrmann freut sich, endlich ihre Cheftrainer-Tätigkeit auch auf dem Rasen anpfeifen zu können. © APA/Hochmuth

Wenn am Montag der erste Lehrgang des ÖFB-Frauen-Nationalteams nach der Corona-Pause beginnt, tanzen Kapitänin Viktoria Schnaderbeck & Co. erstmals nach der Pfeife von Irene Fuhrmann. Einen Tag vor ihrem 40. Geburtstag steht dann am 22. September in Kasachstan das erste Spiel mit der von der Co-Trainerin zur Cheftrainerin beförderten Fußball-Pionierin an.

Dem VOLKSBLATT erzählte Fuhrmann über ihre Ziele, die Bedeutung der EM-Qualifikation, ihre große Stärke und ihre Erfahrungen in der Trainerausbildung.

Wie groß ist die Vorfreude, dass Ihre Amtszeit am Montag so richtig losgeht?

IRENE FUHRMANN: Die ist natürlich sehr groß, weil wir uns im März auch das letzte Mal gesehen haben. Und jetzt waren so viele Dinge im Vorfeld in der Organisation, in der Planung zu tun. Ich freue mich einfach auf die inhaltliche Arbeit, auf die Arbeit mit der Mannschaft.

Es geht ja gleich in die heiße Phase der EM-Quali. Eine Riesen-Herausforderung so ganz ohne Testspiele.

Natürlich gilt es zu performen, keine Frage. Aber wir müssen es so nehmen, wie es ist. Ich erwarte mir, dass die Mannschaft den Fokus jetzt schnell findet. Wir haben ein gemeinsames Ziel und das ist, dass wir zur EURO fahren. Gegen Kasachstan (Hinspiel 9:0/Anm.) ist ganz klar, dass wir das Spiel gewinnen müssen, auch wenn es auswärts ganz andere Voraussetzungen sind.

Danach folgen die Duelle gegen Topfavorit Frankreich. Wie wichtig wäre es, wenn beim Heimspiel am 27. Oktober wieder Fans ins Stadion dürfen?

Natürlich wünschenswert, aber momentaner Stand ist, dass wir alles unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielen. Das ist ein Umstand, den wir akzeptieren müssen. Bitter, aber am Ende des Tages für alle Mannschaften gleich. Wenn sich die UEFA da nochmal bewegt, wäre das sicher sehr positiv für uns.

Wie wird der Spielstil unter Ihnen aussehen?

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Ich sehe es schon so, dass die Wahl auf mich auch gefallen ist, weil ich den Prozess in den letzten Jahren mitverantwortet habe. Ich sehe keinen Grund, alles umzuwerfen. Die Mannschaft steht dafür, dass sie sehr flexibel auftreten kann. Es wird also nicht die eine Ausrichtung geben. Aber das war bisher nicht anders.

Und wie würden Sie sich selbst charakterisieren?

Es gab in den letzten Wochen mal die Schlagzeile ‘Hart, aber herzlich’ (lacht). Ich glaub ich kann sehr streng sein. Aber was mich auszeichnet ist, dass ich ein gutes Gespür für Menschen habe. Es geht ja nicht um mich, sondern um die Mannschaft, darum, jede einzelne Spielerin weiterzubringen. Und gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit ist es wichtig, den Menschen hinter der Spielerin zu sehen.

Apropos: Sie haben als einzige Österreicherin die UEFA-Pro-Lizenz. Wie ging es Ihnen in der männerdominierten Trainerausbildung?

Beim Kinder-/Jugendtrainer waren noch fünf, sechs Frauen im Kurs. Beim Landesverbandstrainer, den ich übrigens in OÖ machen durfte, waren wir nur noch zu zweit. So ist es halt dahingegangen. Ja, wie war’s? Natürlich ist vielleicht ein bissl mehr hingeschaut worden auf mich. Weil ich es gewohnt war, mich in Männerkreisen zu bewegen, gab es von meiner Seite her aber keine Berührungsängste.

Und andersrum?

Ich hab nie das Gefühl gehabt, dass ich nicht akzeptiert werden würde, im Gegenteil. Sobald die gesehen haben, was ich mit dem Ball kann, war das überhaupt kein Thema mehr (lacht).

Sie haben 2011 dem Standard gesagt ‘Wir wollen nicht nur mit kurzen Höschen auffallen’. Ich würde sagen, das hat der Frauen-Fußball geschafft.

Ja, das ist gelungen (lacht). Und die EM-Qualifikation wäre ein ganz wesentlicher Bestandteil, dass es ständig weitergeht in der Entwicklung, der Wahrnehmung und Akzeptanz. Durch die mediale Präsenz, die man mit dieser Teilnahme bekommt, wird der Sport auch für Mädchen interessant. Es gibt ja einen Grund, warum ich erst mit 19 zum Verein gekommen bin. Weil ich hab ja gar nicht mitbekommen, dass es so etwas für Mädchen überhaupt gibt. Ich hab da in der Zeitung nichts wahrgenommen, obwohl ich den Sport tagtäglich in meiner Freizeit ausgeübt habe.

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