„Tatsächliche Arbeit gibt Vertrauen zurück“

Bundeskanzler Karl Nehammer will das Image der Politik wieder verbessern

Bundeskanzler Karl Nehammer ist bemüht, das Verbindende in den Vordergrund zu stellen, er mache sich aber in der Chat-Affäre schon auch Gedanken, „wie es sein kann, dass private Nachrichten und all das in der Öffentlichkeit so präsent ist.“.
Bundeskanzler Karl Nehammer ist bemüht, das Verbindende in den Vordergrund zu stellen, er mache sich aber in der Chat-Affäre schon auch Gedanken, „wie es sein kann, dass private Nachrichten und all das in der Öffentlichkeit so präsent ist.“. © APA/Hochmuth

Um das Image der Volkspartei und der Politik generell wieder zu verbessern, ist es für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) entscheidend, tatsächlich Inhalte umzusetzen — von der Steuerreform über die Pflegereform bis zur Bildungspolitik. „Es ist immer die Politik, die man tatsächlich macht, die den Menschen dann auch wieder das Vertrauen in die Politik zurückgibt“, sagte er zur APA.

Also werde man kommendes Jahr das „Riesenprojekt“ der ökosozialen Steuerreform auf den Boden bringen, das 18 Milliarden Euro Entlastung bis 2025 bringe. Zudem sei eine Bildungsoffensive mit Förderangeboten für jene Kinder geplant, die während der Coronakrise auf der Strecke geblieben seien. Einen Fokus will Nehammer außerdem auf die Digitalisierung und die Frage des Umgangs mit der Informationsflut im Internet legen.

Weiters werde auf Ebene der Parlamentsklubs gerade intensiv am neuen Parteienfinanzierungsgesetz gearbeitet, das mehr Transparenz bringen soll. Dabei war die Koalition schon so lange säumig, dass Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker im Herbst vorpreschte und einen fertigen Gesetzesvorschlag vorlegte, der über das Regierungsprogramm hinausgeht. Er sei zuversichtlich, dass nun auf Klubebene eine „gute Regelung“ herauskommen werde, die auch für die RH-Präsidentin entsprechend sei, versicherte Nehammer.

Die Chats des früheren Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, in der Steuer-Causa des Investors Wolf bewertet Nehammer auf zwei Ebenen: „Das eine ist, dass es natürlich verstört und die Wortwahl völlig inakzeptabel ist, die man da in den Chats liest.“ Ein laufendes Verfahren wolle er nicht kommentieren. Aber er erlaube sich den Zusatz, dass er sich schon Gedanken mache, „wie es sein kann, dass private Nachrichten und all das dann in der Öffentlichkeit so präsent ist“.

Den Einwand, dass derartige Chats zwischen Finanzressort-Mitarbeitern zu Wolfs Steuerakt wohl nicht als privat zu werten seien, lässt Nehammer so nicht gelten. Er finde es „befremdlich, dass Unterlagen von ermittelnden Behörden, die ja nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, dann so in der Öffentlichkeit auch wiederzufinden sind“. In einer guten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dürfe man das hinterfragen. Eine Lösung hat der Kanzler nicht parat: „Ich maße mir da die Expertise gar nicht an“ — vielmehr sei hier Justizministerin Alma Zadic (Grüne) gefordert, die herausragende Juristen an ihrer Seite habe. Man müsse sich mit diesem Thema auseinandersetzen.

„Die ÖVP hat kein Korruptionsproblem“

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Auf eine entsprechende Frage betonte Nehamer, dass die ÖVP kein Korruptionsproblem habe: „Diejenigen, die das der Volkspartei unterstellen, haben natürlich auch ein parteipolitisches Ziel dahinter.“ Nehammer verwies auf den neuen U-Ausschuss im Parlament, der sich mit den Vorgängen in der ÖVP beschäftigen wird. Es handle sich dabei um eine Institution des Parlaments, aber „alle, die da drinnen sitzen, sind parteipolitisch motiviert und haben eine parteipolitische Agenda“ — dies solle man nicht außer Acht lassen.

Es gebe in Österreich eine klare Trennung, Schuld oder Nichtschuld stelle ausschließlich das unabhängige und weisungsfreie Gericht fest, meinte Nehammer. Darauf angesprochen, dass die Korruptionsermittlungen der Staatsanwaltschaft dem Land mit ihm heuer schon den dritten Bundeskanzler gebracht haben, bekräftigte Nehammer: „Es gibt Ermittlungen, es gibt noch kein Gerichtsverfahren, und es gibt auch noch kein Gerichtsurteil. Das ist in Österreich sauber getrennt.“ Die politische Bewertung sei nicht zu verwechseln mit der Gerichtsbarkeit.

Ein Maulkorb für Mandatar wäre ein Verfassungsbruch

Zu Zadics Hoffnung, dass die Justiz mit dem neuen ÖVP-Chef nun ohne „parteipolitische Angriffe“ arbeiten könne, meinte Nehammer, er habe in den vergangenen Wochen schon gezeigt, „wie meine Tonalität ist“ und dass für ihn das Gemeinsame im Vordergrund stehe. Einen Maulkorb für ÖVP-Mandatar Andreas Hanger, der auch gerne öffentlich von „linken Zellen“ in der Korruptionsstaatsanwaltschaft sprach, wird es aber nicht geben: „Wenn der Bundeskanzler der Republik, also sprich der Vertreter der Exekutive, einem Vertreter der Legislative auch nur im Ansatz wagen würde, einen Maulkorb zu geben, dann würde er (…) einen Verfassungsbruch begehen, daher mache ich das nicht.“

Opposition nennt laufende Ermittlungen als Bestätigung

„Überall, wo Korruptionsverdacht drin ist, steht ÖVP drauf“, konterte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung. Dass Nehammer trotz der laufenden Ermittlungen gegen Ex-Parteichef Sebastian Kurz behaupte, dass die ÖVP kein Korruptionsproblem habe, „ist wahnwitzig und zeugt von Realitätsverlust“. Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, ortete in Nehammers Aussagen gar Satire — diese richteten sich „angesichts der am laufenden Band aufpoppenden schwarz-türkisen Affären und Skandale von selbst“. Auch für Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos hat die „ÖVP sehr wohl ein Korruptionsproblem“.

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