Tauglichkeitsschwelle wird abgesenkt

Umsetzung erfolgt nun per interner Weisung — Grüne werden nicht mehr konsultiert

GRUNDWEHR- UND ZIVILDIENST BILANZ 2020: TANNER / KSTINGER
GRUNDWEHR- UND ZIVILDIENST BILANZ 2020: TANNER / KSTINGER © APA/Neubauer

Das Bundesheer senkt seine Tauglichkeitskriterien, los geht es im kommenden Jahr. Bis zu 2000 junge Männer mehr sollen damit pro Jahr zur Verfügung stehen, 1200 fürs Bundesherr, 800 für den Zivildienst, so die ÖVP-Ministerinnen Klaudia Tanner (l., Verteidigung) und Elisabeth Köstinger (Zivildienst). Umgesetzt wird dies per interner Weisung und nicht per Gesetz. Von den Grünen hatte es im Vorfeld Kritik gegeben, sie werden aber nicht mehr beigezogen.

Offiziell ist inzwischen von „Tauglichkeit neu“ die Rede, eine Einstufung der „Teiltauglichkeit“ gibt es nicht. Grundsätzlich bleiben die neun Tauglichkeitsstufen bestehen, es werden aber die Kriterien erweitert bzw. die Ausbildungsvoraussetzungen geändert. Dies soll etwa dazu führen, dass ein schulterverletzter Sportler künftig als tauglich eingestuft würde, führte Tanner aus. Statt am Sturmgewehr könnte er aufgrund seiner Verletzung aber am Pfefferspray ausgebildet werden.

Individuelle Entscheidung

Es werde für jeden einzelnen entschieden, was er tun könne und was nicht, so Tanner. Nicht tauglich sollen in Hinkunft nur jene sein, für die der Grundwehrdienst physisch und psychisch tatsächlich nicht möglich sei. Starten will man mit dem Geburtsjahr 2003. Diejenigen, die heuer aufgrund der Coronakrise von der Stellungskommission noch nicht getestet wurden, werden noch nach dem alten Regime beurteilt. Mit den neuen Kriterien soll es dann im März 2021 losgehen.

Köstinger erwartete sich damit eine um fünf bis sechs Prozent gesteigerte Bedarfsdeckung im Zivildienst. Auch bei ihr sei die Umsetzung per interner Vorschriften möglich. Ein entsprechendes verfassungsrechtliches Gutachten liege vor. Aktuell sind nur 66,5 Prozent der wehrpflichtigen Männer tauglich. Während es 2015 noch 17.000 Grundwehrdiener waren, betrug die Zahl im Vorjahr nur noch nur 16.000. Bei den Zivildienern gab es 2015 noch 16.200, 2019 nur 13.400. Geburtenschwache Jahrgänge stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Tanner betonte, dass die Änderungen bei der Tauglichkeit im gemeinsamen Regierungsprogramm mit den Grünen vereinbart worden seien. Außerdem gebe es dazu einen aufrechten Ministerratsbeschluss aus dem Frühjahr.

Oppositionelle Kritik

Die Opposition übt heftige Kritik: „Wir sind mehr als skeptisch, ob die Einführung der Teiltauglichkeit überhaupt verfassungsrechtlich erlaubt ist“, so Neos-Verteidigungssprecher Douglas. Laut Spruch des Verwaltungsgerichtshofs aus den 1980er-Jahren sollen nur Stellungspflichtige infrage kommen, die einem Mindestmaß physischer Kraftanstrengung unterzogen werden können. Für SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer ist der Plan ebenfalls „ganz und gar untauglich und gesetzwidrig“. Reinhard Bösch, FPÖ-Wehrsprecher und Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses, wertete das präsentierte Konzept als „reines Ablenkungsmanöver vom Mangelbudget des Bundesheeres“.

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