Tiefgründiges im Lasergewitter

Linzer Klangwolke „Mother Gilgamesch“: Menschheit & gewaltige Show

Man könnte schon sagen, hier ging´s heiß her. – Die Linzer Klangwolke verband heuer technische Perfektion mit einer riesigen musikalischen Bandbreite.
Man könnte schon sagen, hier ging´s heiß her. – Die Linzer Klangwolke verband heuer technische Perfektion mit einer riesigen musikalischen Bandbreite. © LIVA/Oliver Erenyi

Eines der ältesten Literaturwerke stand Pate für die Linzer Klangwolke 2022. Der international erfolgreiche Intendant, Regisseur und Musikmanager Pierre Audi komprimierte die Heldenreise des babylonischen Königs Gilgamesch, formte einen Rausch aus Licht, Musik und Technik ein opernhaftes Spektakel.

„Mother Gilgamesch“ ging am kühlen, für eine gute Stunde regenfreien Samstagabend auf drei Schiffsbühnen mit gewaltigem technischem Aufwand über die Donau. Zu den ersten Tönen strahlende Himmelskörper über dem Brucknertower, formieren sich als symmetrisch chaotisches Universum, gehorchen unbekannten Regeln. In ihrer Rolle als Gilgamesch-Mutter berichtet Sunnyi Melles im Singsang einer Märchenerzählerin von Gilgamesch, dem unbesiegbaren Tyrannen auf der Suche nach Unsterblichkeit.

Nicht minder pathetisch spricht sie den Sohn direkt an, klagt auf riesigen Videowalls und, sofern von der Donaulände sichtbar, auf dem Bühnenschiff. Zurecht ihr dramatisches Minenspiel, geht es doch um den Sinn des Lebens schlechthin. Unsterblichkeit und ungezügelte Macht, Zerstörung von Gesellschaft und Umwelt. Aus Kampf und Hass entsteht Freundschaft, dann Lieb. Doch unvermeidlich der Tod. Themen, vor tausenden Jahren so akut wie jetzt.

Bruckner bis Schmalz

Ein Raum für Assoziationen so breit wie die Donau, in Bahnen gelenkt von der Musik des Komponisten und Sound Designs von Stefan Gregory mit Zitaten berühmter Komponisten wie natürlich Anton Bruckner und Werken quer durch die Musikgeschichte. Wunderschöne Chorsequenzen tragen die Florianer Sängerknaben, unvermutet findet sich auch ein romantischer Schlager oder ein schmalziger Blues, während sich Laserstrahlen tanzend umschlingen, den ganzen Himmel weit.

Von Zerstörung, Rache, Verbrechen gegen die Natur und Sintflut ist die Rede. In der Flut an optischen und akustischen Eindrücken, bleibt die von Sensationen überlagerte Geschichte über weite Strecken zweitrangig. Zu Afro-Techno und Hip Hop schnellen fliegende Menschen aus der Donau, wassersprühend drehen und überschlagen sie sich, mit ihnen die Fontänen. Scharfe Laserlinien durchkreuzen den Himmel. Symbolträchtiges Farbspektakel auf den Schiffen. In tiefes Grün getaucht kontrastieren sie mit Feuer und Wasser. Über der Szenerie ballen sich Laserkeulen.

Letzter Trost der Mutter bleibt, dass ihr Sohn in der Erzählung nun schon seit 5000 Jahren weiterlebt. Alle Schiffe brennen. „Wie schön bist Du“ singt der Chor. Unter dem letzten Laserstrahl ziehen die Schiffe fort. Große finale Filmmusik. Pompös verknüpfen Komponist Stefan Gregory, Bühnendesigner Urs Schönebaum und Videokünstler Gilbert Nouno technische Perfektion mit einer riesigen musikalischen Bandbreite. „Die Geschichte will ich jetzt genau wissen“– die Geschichte berührt archaische Tiefgründe, belegt durch vielfachen Kommentar aus dem Publikum.

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