Tiger und Bär als Seelenpflaster

Zeichner Janosch feiert heute seinen 90. Geburtstag

Künstler Janosch und seine Werke
Künstler Janosch und seine Werke © picturedesk.com/dpa/Weihrauch

Janosch — ist das nicht der mit der Tigerente? Ja, ist er. Auch das Kultbuch „Oh, wie schön ist Panama“ stammt von ihm. Doch es gibt auch eine dunkle Seite, die in Janoschs Romanen für Erwachsene zutage tritt und Einblicke vor allem in die harte Kindheit des Autors und Illustrators gibt, der heute seinen 90. Geburtstag feiert.

Viele von Janoschs Geschichten besitzen etwas Tröstliches. Als der kleine Tiger in einer davon klagt, wie schlecht es ihm geht, sagt der Bär: „Halb so schlimm (…) Ich mach dich gesund“. Er kocht ihm Suppe und zum Nachtisch gibt es Himbeeren aus dem Garten. Es ist diese herzenswarme, idyllische und einfache Welt, die seit Jahrzehnten Kinder und Erwachsene begeistert.

1931 wurde der Künstler als Horst Eckert im oberschlesischen Bergarbeiterort Zabrze im heutigen Polen geboren. Sein Vater terrorisierte die Familie mit Alkoholexzessen, auch die Mutter trank, obendrein wurde er von beiden geschlagen, vor allem, wenn er ihren hoch ambitionierten und teils größenwahnsinnigen Wunschvorstellungen nicht entsprach. Und dann gab es noch die „Quälerei in der Hitlerjugend“, wo er beitreten musste. Körperlich konnte er nicht mit den anderen mithalten. Wie das war, erzählt er im Filmporträt „Janosch — ja ist gut, nein ist gut“, derzeit zu sehen in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks.

Kitschbuch als Racheakt

Viele dieser düsteren Erinnerungen schildert er in seinen Büchern, etwa in „Cholonek oder der liebe Gott aus Lehm“. Doch er wird auch wehmütig beim Gedanken an seine verlorene Heimat, die die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg fluchtartig verließ und schließlich in der Nähe von Oldenburg landete. Dass er einmal berühmt werden würde, mehr als 300 Bücher schreiben und in rund 40 Sprachen übersetzt werden würde, ahnte er nicht. Die Kunstakademie in München lehnte ihn ab. Und erste Bücher waren kein Erfolg. Aus Wut habe er einen Racheakt geplant. „Ich wollte ein Kitschbuch machen“, bekennt er in dem BR-Film. „Es muss ein Kuschelbär dabei sein und der Bär muss eine Reise machen und er muss einen Freund haben.“

Lustig, frech und wild

Und tatsächlich: Das Büchlein „Oh, wie schön ist Panama“ von 1978 brachte ihm den Durchbruch. Auch andere Werke wurden populär, etwa „Kasper Mütze“ oder „Lari Fari Mogelzahn“. Doch Tiger, Bär und Tigerente wurde er nicht mehr los. Bei den besonderen Tieren geht es jedenfalls lustig zu, frech, launisch, schadenfroh und wild. Sie rebellieren gegen die Obrigkeit, sind liebevoll und warmherzig. Das gute Essen kommt aus Wald, Fluss und Garten, etwa geschmorte Morchelpilze in Pfeffertunke oder Waldbeerenkompott mit Honig. Eine Art Seelenpflaster für die Leser — und für Janosch selbst, der darin eine Welt schuf, von der er als Kind nur träumen konnte. Jahrzehntelang hat er düstere Gedanken mit Alkohol betäubt, während er Bücher voller Lebensweisheiten schrieb.

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Inzwischen hat Janosch seinen Frieden gefunden. Seit mehr als 40 Jahren lebt er auf den Kanaren mit seiner Frau Ines, zufrieden mit dem, was er hat. Davon zeugen auch die Kolumnen, die er mehrere Jahre lang für das „Zeit“-Magazin schrieb und die vereint sind im Buch „Herr Wondrak, wie kommt man durchs Leben?“. In einer davon verriet Janosch sein Geheimnis für ein ausgeglichenes, zufriedenes Leben: „Nichts haben, nichts wollen, nichts wissen, nichts denken. Am besten setzt man sich dafür unter einen Baum.“

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