Trotz allem das Gute sehen

Neues Theaterprojekt des Kulturvereines Etty über KZ-Überlebenden

V. l.: Bettina Buchholz, Jehuda Bacon, Hannah und Johannes Neuhauser
V. l.: Bettina Buchholz, Jehuda Bacon, Hannah und Johannes Neuhauser © Kurt Schlackl

Der Linzer Psychotherapeut Johannes Neuhauser hilft Patienten seit vielen Jahren, ihren Weg zu finden. Als Theatermacher begibt er sich gemeinsam mit seiner Frau, der Schauspielerin Bettina Buchholz, auf die Spuren ganz besonderer Menschen mit ganz besonderen Schicksalen.

Als Kulturverein Etty gestaltet das Paar erfolgreich szenische Lesungen aus recherchierten Materialien. Am 1. Februar (19.30 Uhr) feiert „Würde ich hassen, hätte Hitler gesiegt. Die tiefe Menschlichkeit des jüdischen Künstlers Jehuda Bacon“ in der Tribüne Linz Premiere.

„Die Krönung unserer Arbeit und unser Projekt zum Gedenkjahr ,75 Jahre Kriegsende 1945 — 2020′ und zu ,75 Jahre Befreiung von Auschwitz’ (Anm., 27. Jänner 1945), wie Neuhauser im VOLKSBLATT-Gespräch sagt. Es geht um das Leben des heute 90-jährigen Juden Jehuda Bacon, der als Kind die Konzentrationslager Theresienstadt, Auschwitz und Mauthausen überlebte.

Als Elfjähriger von den Nazis ins KZ verschleppt

„Mir ist noch nie ein Mensch begegnet, der so viel Schlimmes erlebt hat und so liebenswert und positiv ist wie er“, sagt Neuhauser. „Dadurch ist auch mein Leben heiterer und gelassener geworden.“ Neuhauser und Buchholz besuchten Bacon letzten Sommer in Israel. „Uns trieb die Frage an, wie man nach Auschwitz und Co. mit der Existenz von Gut und Böse zurechtkommen kann, noch an das Gute im Menschen glauben kann.“ Aus Gesprächen mit Bacon und bereits bestehenden Videoaufnahmen der Historikerin Angelika Schlackl und ihres Mannes Kurt gestaltete Neuhauser die eine Stunde und 45 Minuten dauernde szenische Lesung, auf der Bühne stehen Buchholz und die gemeinsame elfjährige Tochter Hannah.

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Elf Jahre alt war auch Jahuda, als seine ganze Familie in Tschechien von den Nazis geholt und ins KZ Theresienstadt gebracht wurde. Neuhauser: „Jehuda erlebte, wie sein Vater ins Gas gehen musste und eine seiner Schwestern und seine Mutter qualvoll verhungerten. Nur er und eine weitere Schwester überlebten.“ Danach wurde er nach Auschwitz verschleppt, wo er als einer der so genannten „Birkenau-Buben“ der Gaskammer entkam. „Von Mithäftlingen, die dort arbeiten mussten, wurden sie im Winter in die Krematorien geholt, damit sie sich aufwärmen konnten“, erzählt Neuhauser. Als die Rote Armee fast vor Auschwitz stand, schickte man Jehuda gemeinsam mit 58.000 Menschen auf einen Todesmarsch in ein anderes KZ, später wurden die 12.000 Überlebenden mit Viehwaggons nach Mauthausen gebracht. Jehuda überlebte auch den Todesmarsch ins gefürchtete Nebenlager Gunskirchen. Als er befreit wurde, war er 15 Jahre alt, 34 Kilo schwer und todkrank. Ein amerikanischer Soldat brachte ihn und seinen Freund ins Krankenhaus nach Steyr, wo die beiden gesund gepflegt wurden. Dort bekam Jehuda einen Skizzenblock geschenkt, in dem er all das Erlebte aufzeichnete und aufschrieb. Das sollte dazu führen, dass er später einer der wichtigsten Zeugen im Prozess gegen Adolf Eichmann wurde. Jehuda wanderte nach dem Krieg nach Israel aus, studierte an der Kunstakademie und wurde ein angesehener Künstler und Kunstprofessor.

In Österreich war Jehuda Bacon seit seiner Befreiung mehrere Male, er hat auch jene Stätten besucht, in denen er seine schlimmsten Zeiten erlebte. Am meisten gelitten habe er in Mauthausen und Gunskirchen, erzählte Bacon Neuhauser. Zur Lesung über sein Leben könne er altersbedingt nicht kommen, so Neuhauser, dass seine Geschichte gerade hier thematisiert wird, freue ihn jedoch besonders.

Termine: 2., 15., 16., 29.2., 29. März; Karten: 0699/11399844

Von 6. Februar bis 6. März 2020 werden Bilder von Jehuda Bacon in der Galerie Paradigma in Linz ausgestellt.

Von Melanie Wagenhofer

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