Türkis-Grün ist nun auf dem Pionierpfad

300-seitiges Regierungsprogramm als Basis für Koalition von ÖVP und Grünen

In der Aula der Wissenschaften in der Wiener Innenstadt haben Sebastian Kurz (r.) und Werner Kogler das türkis-grüne Regierungsprogramm präsentiert, das Medieninteresse war entsprechend groß.
In der Aula der Wissenschaften in der Wiener Innenstadt haben Sebastian Kurz (r.) und Werner Kogler das türkis-grüne Regierungsprogramm präsentiert, das Medieninteresse war entsprechend groß. © ÖVP/Glaser

Für ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz ist es ein „sehr, sehr gutes Ergebnis“ und „gutes Programm für unser Land“, für Grünen-Chef Werner Kogler geht es darum, dass mit der Umsetzung des Regierungsprogrammes „Österreich gewonnen hat“: So interpretierten gestern die beiden Parteichefs das zwischen ÖVP und Grünen ausgehandelte Koalitionsabkommen (nachzulesen unter www.volksblatt.at) für die nächsten fünf Jahre. Ein „Pionierpfad“ werde beschritten, so Kogler über die erste türkis-grüne Koalition, Kurz wiederum betonte, man habe sich für das mehr als 300-seitige Regierungsprogramm „nicht wechselseitig auf Minimalkompromisse herunterverhandelt“. Geben die Parteigremien ihren Sanktus — bei der ÖVP heute der Bundesparteivorstand, bei den Grünen heute der erweitere Bundesvorstand und morgen der Bundeskongress —, dann kann die türkis-grüne Regierung am Dienstag, 7. Jänner, von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt werden. Dem Staatsoberhaupt haben Kurz und Kogler gestern Mittag das Regierungsprogramm erläutert, am Nachmittag wurde es dann medienöffentlich präsentiert.

„Nicht leicht gemacht“

„Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir sind nicht an der Oberfläche geblieben. Es war kein einfacher Weg. Wir sind zwei sehr unterschiedliche Parteien und deswegen waren die Verhandlungen inhaltlich herausfordernd“, so der baldige Ex-Altkanzler Kurz, der bei seiner Angelobung mit 33 Jahren abermals jüngster Bundeskanzler in Österreich und auch wieder jüngster Regierungschef in der EU sein wird.

Kogler verwies darauf, dass in Europa Konservative und Grüne auf dem Vormarsch seien, wenn es „die Herausforderung ist, hier zusammenzukommen, dann ist es das Wagnis wert“. Im Gegensatz zur ÖVP hätten die Grünen „nur diese eine Möglichkeit“ gehabt, ihre Vorstellungen umzusetzen, so Kogler, um auch zu betonen, er wende sich „ausdrücklich gegen die Denunziation des Kompromisses“. Manche Bereiche würden eine türkise und andere eine grüne Handschrift tragen. Ob das Verhältnis genau eins zu 2,7 entspricht (das Stärkeverhältnis von ÖVP und Grünen, Anm.) sei nicht das Entscheidende.

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„Herzstück Migration“

Unbestritten ist für den ÖVP-Chef, dass die „Migration ein Herzstück meiner Politik bleibt“. Neben dem Kampf gegen die illegale Migration strich Kurz bei der Präsentation unter anderem die weiter Senkung der Steuerbelastung, eine Tarifreform, die Erhöhung des Familienbonus sowie die Einführung einer Pflegeversicherung als 5. Säule der Sozialversicherung heraus. Im Bereich des Innenministeriums werde die Personaloffensive fortgesetzt, kommen soll laut Kurz auch eine Bildungspflicht. Die „ökosoziale Steuerreform“ werde von einer Task Force vorbereitet.

Das ausverhandelte Klimaschutzpaket nannte wiederum der künftige Vizekanzler Kogler „einzigartig“, es werde zu einer CO2-Bepreisung kommen, versprach er. „Wir werden Mühe haben“, alle Klimavorhaben einzulösen, „aber wir werden uns bemühen. Wir nehmen das Risiko“, so Kogler.

Von der Parteibasis erwartet er Zustimmung für den Pakt. „Es wird eine Diskussion geben. Eine 95- bis 99-prozentige Mehrheit werden wir abwenden, aber es sollte sich gut ausgehen. Ich prognostiziere das, sonst würde ich nicht hier stehen.“

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