Über die Chemie des Unwägbaren

„Marie Curie. Elemente des Lebens“: Biopic über Nobelpreisträgerin

Hatte immer ein Fläschchen Radium bei sich, das sie liebevoll „mein Kind“ nannte.
Hatte immer ein Fläschchen Radium bei sich, das sie liebevoll „mein Kind“ nannte. © Studiocanal GmbH/Laurie Sparham

Vergangene Woche war Erfinder Edison dran, diese Woche nimmt ein neuer Film Physikerin und Chemikerin Marie Curie ins Visier, beide Male ist das filmische Unterfangen nur teilweise geglückt. „Marie Curie. Elemente des Lebens“ (wieder einmal ein schlechter deutscher Titel für einen Film, im englischen Original heißt er „Radioactive“) in der Regie von Marjane Satrapi („Persepolis“) ist eine Mischung aus chronologisch erzählter Lebensgeschichte und dem, was Curies Entdeckung bis heute alles an Gutem und an Schlechtem möglich gemacht hat.

Wie Forschung wirklich funktioniert, wird dabei zu wenig beleuchtet. Aber gut, das Wissenschaftliche ist auch schwer darzustellen. Satrapi, auch Comic-Zeichnerin, versucht es mit Animationen, die plötzlich surrealistisch mitten im Film schweben, etwa von Pechblende, dem Rohmaterial, anhand dessen Curie schließlich Radium als neues Element nachgewiesen hat.

Weichzeichner und Zeitsprünge

Als Curie am Ende ihres Lebens ins Krankenhaus eingeliefert wird, zieht ihr Leben an ihr vorbei. Die Geschichte der ersten weiblichen und schließlich zweimal ausgezeichneten Nobelpreisträgerin wird in teils opulenten, oft weichgezeichneten und schnell geschnittenen Bildern dargestellt. Dazwischen immer wieder traumartige Passagen und Zeitsprünge, die zeigen, was die Menschheit alles mit der von ihr entdeckten Radioaktivität angestellt hat: vom Abwurf der Atombombe Little Boy über Hiroshima bis zum Unglück in Tschernobyl. Nicht zu vergessen, was damit auch an Positivem zu bewirken war und ist: Die Behandlung von Krebskranken mittels Strahlentherapie. Curie selbst war im Ersten Weltkrieg mit ihrem ersten „Röntgenwagen“ auf den Schlachtfeldern unterwegs.

Die britische Schauspielerin Rosamunde Pike („Gone Girl“) spielt die berühmte Forscherin als äußerst selbstbewusste Frau, die als unbeliebte Außenseiterin kompromisslos und verbissen gegen das männliche Wissenschafts-Establishment an der Pariser Sorbonne auftritt. Ein Konflikt, den man noch vertiefen hätte können. Gegen Marie, die fanatisch nur an ihrer Wissenschaft interessiert zu sein scheint, wirkt Ehemann Pierre, dargestellt von Sam Riley, manchmal fast wie ein Softie. Dass er als Mann nach außen hin die Früchte ihrer Arbeit erntet, war damals ganz klar.

Rasch zeigen sich aber auch die negativen Auswirkungen: Die beiden unermüdlich Forschenden entwickeln Krankheitssymptome, die Folgen ihrer Arbeit mit all den Chemikalien. Marie und Pierre bewegen sich in Paris auch in einer Szenerie, wie man sie von Werken von Toulouse-Lautrec kennt. Tänzerin Loie Fuller, die Lautrec auch verewigt hat, führt das Paar in esoterische Kreise ein, die im starken Kontrast zum Labordasein stehen. Nach dem Unfalltod ihres Mannes wird Curie wegen einer Liebschaft mit einem verheirateten Kollegen öffentlich angefeindet.

Es plätschert oft nur so dahin

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Spannend war das Leben der legendären Wissenschafterin allemal, im Film plätschert es leider oft nur so dahin. Stellenweise wird auch zu dick aufgetragen, etwa wenn Pierre Curie von der „Strahlkraft unserer Arbeit“ spricht. Kein Meisterwerk, aber bestimmt ein guter Film für Schulen, um einen Einblick in Leben und Wirken dieser bedeutenden Frau zu gewinnen — und angesichts der nach wie vor schwelenden Debatten um Gleichberechtigung immer aktuell.

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