Über die Zeit, unser Los und Zeitlosigkeit

In aller Breite angelegt: Landestheater Linz präsentierte Spielplan für Saison 2022/23

Hintere Reihe (v.l.) Geschäftsführer Thomas Königstorfer, Intendant Hermann Schneider, Landeshauptmann Thomas Stelzer, Stephan Suschke (Schauspiel); vordere Reihe (v.l.): Arne Beeker (Musical, Nele Neitzke (Junges Theater), Roma Janus (Tanz)
Hintere Reihe (v.l.) Geschäftsführer Thomas Königstorfer, Intendant Hermann Schneider, Landeshauptmann Thomas Stelzer, Stephan Suschke (Schauspiel); vordere Reihe (v.l.): Arne Beeker (Musical, Nele Neitzke (Junges Theater), Roma Janus (Tanz) © Petra Moser

Über einen „hoffnungsfrohen, kräftigen und breit angelegten Ausblick auf die neue Saison“ freute sich am Mittwoch Landeshauptmann Thomas Stelzer bei der Präsentation des Landestheater-Spielplans 2022/2023 im Linzer Musiktheater.

„Kultur ist das, was unser Land besonders prägt und einzigartig macht.“ Und in der Corona-Zeit in vielen Phasen schmerzlich vermisst worden sei. „Es ist sehr erfreulich, dass dieser zentrale Bereich mit der Rückkehr in Richtung Normalität wieder in all seinen Facetten und seiner Besonderheit erlebt werden kann“, so Stelzer.

41 Neuproduktionen, sechs Uraufführungen

Mit dem Generalthema „Zeit los“ hat man ein sehr reizvolles Motto gefunden, ein Wortspiel mit der Zeit, dem Los, das uns treffen kann, und der Zeitlosigkeit. Unter dieses subsumiert werden 41 Neuproduktionen, darunter sechs Uraufführungen (v.a. im Bereich Junges Theater), fünf österreichische, zwei deutschsprachige und eine europäische Erstaufführung.

Die Sparte Oper/Operette bietet in der nächsten Saison eine gute Mischung aus Bekanntem und Unbekanntem, Altem und Neuem. Publikumsmagneten sind mit Klassikern wie Verdis „La Forza del Destino“ (Regie: Peter Konwitschny), Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ und Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“ vorprogrammiert.

Gleich zum Auftakt der Saison (24. 9.) steht unter der musikalischen Leitung von Opern- und Orchesterchef Markus Poschners „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold auf dem Programm. Er freue sich, „zum ersten Mal dieses grandiose Meisterwerk dirigieren zu dürfen“, so Poschner. Spannend auch die Uraufführung von Reinhard Febels „Benjamin Button“, mit „La Tragédie de Carmen“ von Peter Brook und Marius Constant findet eine österreichische Erstaufführung statt. Die Produktion von Händels „Rinaldo“ wird nach Erfolgen in Dortmund, Bonn und Zürich nun auch in Linz gezeigt.

Dem Landestheater öffnet sein guter Ruf in Sachen Musical so manche Tür: Dramaturg Arne Beeker ist stolz darauf, „Anastasia“, ein Musical von Terence McNally, Stephen Flaherty und Lynn Ahrens, zeigen zu dürfen, das sich mit der Legende um die verlorene Zarentochter beschäftigt.

Ein Familienmusical, das alle Altersklassen begeistern soll, wie auch „Catch Me If You Can“, von Terrence McNally, Marc Shaiman und Scott Wittman und nach der bekannten Filmvorlage. Beeker: „Eine verrückte Hochstaplergeschichte mit Bigband und Musik aus den 1960ern und 1970ern“. Man wage sich auch wieder an Ambitioniertes: „Natascha, Pierre und der große Komet von 1812“ von Dave Malloy erzählt ein Kapitel aus Tolstois „Krieg und Frieden“ und war bereits ein großer Broadway-Erfolg.

Da wird auch die Musik speziell: Als „Elektropop-Oper“ bezeichnete Malloy selbst sein Werk. Zum zehnten Geburtstag des Musicalensembles und des Musiktheaters 2023 ist eine Konzertreihe geplant, die unter dem Titel „Bäm!“ auch ehemalige Mitglieder des Musicalensembles zurück auf die Bühne des Hauses bringen wird, um, wie Beeker sagt, „mit dem Bruckner Orchester in Erinnerungen zu schwelgen“. Dem Jubiläum des Musiktheaters widmet sich eine Reihe weiterer Produktionen, als Gratulanten werden Elina Garanca und Juan Diego Flórez zu Konzertabenden mit dem Bruckner Orchester erwartet.

Von Biedermann bis Dornröschen

13 Produktionen bringt das Schauspiel auf seine Bühnen, darunter den Klassiker „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch, eigentlich schon früher geplant und laut Schauspielchef Stephan Suschke ein Thema, „das sich jetzt fast noch mehr eignet als vor einem Jahr“. Die Verantwortung des Einzelnen in der Gesellschaft steht für ihn auch mit Schnitzlers „Professor Bernhardi“ im Mittelpunkt. Höchst aktuell „Eine posthume Geschichte“ von Pat To Yan, in der das Leben eines Cyberkriegers erzählt wird, interessant „Vor Sonnenaufgang“ von Ewald Palmetshofer nach Gerhart Hauptmann. Komödie hält mit Shakespeares „Was ihr wollt“ und „Pension Schöller“ (Regie: Susanne Lietzow) von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs Einzug.

„Wir bleiben an der digitalen Geschichte dran“, sagt Nele Neitzke vom Jungen Theater. Online-Produktionen haben sich in Corona-Zeiten gut etabliert und auch neue Möglichkeiten eröffnet. Trotzdem sei die Freude und Hoffnung groß, wieder kontinuierlich direkt vor Publikum spielen zu dürfen. Den Auftakt macht das Erfolgsstück „norway.today“ von Igor Bauersima, in dem es um zwei lebensmüde Jugendliche geht, die sich im Internet kennenlernen.

„Das Thema ist Vereinsamung, unter der gerade auch in der Corona-Zeit viele Jugendliche leiden“, so Neitzke, die eine humorvolle, sensible Umsetzung samt „Hoffnungsschimmer“ ankündigt. Für das neue Format „Crashing History“ werden Pädagogen gesucht, die historische Stoffe, Themen und Mythen finden helfen, die von Schauspielern in Form von kurzen Stücken in Schulklassen gezeigt werden. Schon lange geplant und nun endlich auf dem Programm: „Die Weiße Rose“.

In der Sparte Tanz sind die Bezüge zum Motto schon in manchem Titel augenscheinlich: Gestartet wird mit „Neuzeit“ in der Gastchoreografie von Johannes Wieland. In „Traumzeit“ gestalten Mitglieder der TANZ LINZ Company wieder selbst die Choreografien und auch auf einen Klassiker darf man sich freuen: Tschaikowskys Ballett „Dornröschen“ wird von Andrey Kaydanovski in die Gegenwart geholt.

„Nach drei Spieljahren mit Lockdowns hoffen wir, dass 2022/2023 endlich wieder eine Saison sein wird, die durchläuft“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer. Die letzte Saison habe sich, was die Nachfrage anbelangt, ob Corona als extrem schwankend erwiesen. „Wir hatten und haben aber Wochen, wo uns die Tür eingerannt wird. Das sind diejenigen, die uns die Gewissheit geben, dass die Menschen ins Theater gehen wollen“, zeigt sich Königstorfer zuversichtlich. Aktuell stelle sich ein Aufschwung ein. Für die neue Saison werde man mehr als 60 Abos auflegen, darunter ein völlig neues Angebot für Kinder und Jugendliche. Der Vorverkauf startet am 2. Mai.

Von Melanie Wagenhofer

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