„Unlösbares Dilemma“ mit der Frauenpriesterweihe

Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer hofft auch bei der Ökumene auf ein „Wunder“

Diözesanbischof Manfred Scheuer
Diözesanbischof Manfred Scheuer © Diözese

Mit dem heutigen Gründonnerstag beginnt das Finale der Osterfeiern. Im VOLKSBLATT-Gespräch erklärt der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer aber auch, das das Frauendiakonat bei der Synode im kommenden Jahr ein Thema sein muss.

VOLKSBLATT: Die Corona-Krise ist noch immer nicht vorbei, in Europa herrscht Krieg … welche Botschaft hat Ostern in einer solchen Zeit?

BISCHOF SCHEUER: Zu Ostern wird uns vermittelt, dass Gott alle unsere Wege, unsere Krisen und unsere Konflikte mitgeht. Dass er da ist. Dass er das ausleidet …. und auch verwandelt. Ostern ist die große Transformation dieser Welt, nicht die Abschaffung. Ostern ist Erlösung und nicht Vernichtung. Ostern ist die Hoffnung, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, aber auch, dass diese unsere Welt und unser Leben verwandelt und verherrlicht werden.

Welche Hilfe kann der Glaube in einer solchen Krise geben?

Der Glaube bewahrt uns nicht davor, aber er gibt uns Grundhaltungen, wie wir an Krisen herangehen können: Die Grundhaltung des Vertrauens und der Hoffnung. Aber auch die Empathie, also das Einfühlen in das, was Menschen weh tut, verletzt und zerstört.

Wie sehr belastet eigentlich die Rolle der Russisch-Orthodoxen Kirche die Ökumene?

Bei der Ökumene gibt es sehr unterschiedliche Formen von Nähe und Distanz. Gerade das Verhältnis zwischen der Griechisch-Orthodoxen und der Russisch-Orthodoxen Kirche war schon zuvor belastet, nicht zuletzt wegen der Autokephalie der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche. Aber natürlich, die Beziehung zur russischen Orthodoxie ist sehr ausbaufähig und ihre Haltung zum Krieg ist nicht akzeptabel. Wobei ich nicht glaube, dass das die gesamte russische Orthodoxie ist, sondern es sind bestimmte Kirchenführer, die das zu verantworten haben. Ich kann derzeit nicht sagen, wann das wieder verändert wird. Es hat Jahrhunderte gedauert, aber 2019 haben sich der Papst und der der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill in Kuba getroffen. Das haben viele für unmöglich gehalten. Und ich hoffe in der Ökumene, aber auch in anderen Bereichen auf Wunder. Wobei diese nicht als Spektakel zu sehen sind, sondern als Ereignis, mit dem wir nicht mehr rechnen.

Die katholische Kirche wird immer wieder von Missbrauchsskandalen erschüttert. Wird genug getan, um diese aufzuklären und künftige Fälle zu verhindern?

Es geht ja jetzt nicht um aktuelle Fälle, sondern darüber, wie vor 40 oder 50 Jahren mit solchen Fällen umgegangen wurde. Wo man damals nicht den angemessenen, den Menschen entsprechenden, den gerechten Umgang fand. Das ist zutiefts zu bedauern und da muss man auch schauen, wo man radikal neu ansetzen kann. In Österreich hat man bereits Mitte der 1990er Jahre Ombudsstellen geschaffen, ab 2010 wurde mit der unabhängigen Opferschutzkommission, der sogenannten „Klasnic-Kommission“, zum einen den Betroffenen zugehört und das Unrecht und die Verbrechen anerkannt. Zum anderen wurden auch finanzielle und therapeutische Hilfestellungen angeboten. Aber auch die Präventionsmaßnahmen sind wegweisend. Aber natürlich ist es so, dass man die Vergangenheit nicht rückgängig machen kann. Und es bleibt die Scham und auch teilweise die Ohnmacht. Und es ist eine bleibende Wunde, vor allem bei den betroffenen Menschen, aber auch bei der Kirche.

Der Papst hat die Kirche auf einen synodalen Weg geschickt. Was erwarten Sie sich davon und was ist das Ziel?

Schon der Ausdruck zeigt, dass es um das miteinander Gehen geht. Dass es nicht um Stellungnahmen und Positionskämpfe geht, sondern um das aufeinander hören. Dem Papst geht es um Grundhaltungen, um die Grundhaltung des Hörens, des miteinander Betens … das Ziel des Papstes ist es, dass die ganz unterschiedlichen Gruppen miteinander können. Nicht nur im kirchlichen, sondern im politischen und kulturellen Bereich und auch zwischen Generationen und sogar zwischen Völkern gibt es manchmal die Einstellung, wir können nicht mehr miteinander und wir wollen auch nicht mehr miteinander. Und der Papst versucht hier etwas, was, wenn es gelingt, auch ein Wunder ist: Nämlich, dass wir miteinander wollen und dann auch können.

Derzeit wird zum Beispiel das Frauendiakonat geprüft, wann und mit welcher Entscheidung rechnen Sie?

Eigentlich wird es schon sehr lange geprüft. Aber, dass das bei der Synode 2023 ein Thema sein muss, ist klar. Wenn man es nicht angeht, würde man das Thema verfehlen.

Und wird man in einem nächsten Schritt die Priesterweihe für Frauen prüfen?

Darüber nachgedacht wird schon seit Jahrzehnten. Aber es gibt da ein Dilemma, das ich nicht auflösen kann: Auf der einen Seite gibt es die Position, die auch der gegenwärtige Papst bestärkt hat, nämlich, dass bei der Frauenordination die Entscheidung gefallen ist. Und auf der anderen Seite die Position, die in unseren Breitengraden stark verbreitet ist, dass es theologisch kein relevantes Argument gegen die Frauenordination gibt. Ich glaube, dass die genannten Gründe wirklich sehr schwach sind. Einzig die Tradition spricht eine andere Sprache und dass die Einheit der Weltkirche gefährdet ist, aber auch das wird in Frage gestellt, weil die Einheit gegenwärtig auch bricht, weil es keine Frauenordination gibt. Ich habe da keinen Weg, ich hoffe, dass wir insgesamt, was die Position der Frauen in der Kirche anlangt, wichtige Schritte vorangehen. Ich merke allerdings, dass der Preis für die gegenwärtige Position einerseits und „Nicht-Entscheidung“ andererseits ein sehr hoher ist … und wie immer diese Entscheidung getroffen wird, auch dieser Preis wird ein hoher sein.

Auf den Weg hat sich auch die Diözese gemacht. Seit einem Jahr gibt es Pionierpfarren. Was sind die ersten Erfahrungen?

Nicht euphorisch, aber insgesamt positiv. Die Leute haben sich darauf eingelassen und es braucht einen längeren Atem. Es ist ein Schritt, der nach vielen Jahrhunderten eine starke Veränderung der Struktur bringt. Eine Veränderung, die meines Erachtens notwendig ist, damit wir die Kirche in Oberösterreich zukunftsfähig machen. Und auch, dass kirchliche Berufe hier lebensfähig sind. Es gibt nämlich die Erfahrung, dass sich gerade Priester sehr verbraucht fühlen, manchmal enttäuscht und verbittert. Eine neue Form des Arbeitens und des Miteinanders soll letztlich auch dazu führen, dass wir etwas gelöster, gelassener und froher werden. Die Lebbarkeit des kirchlichen Berufes ist mir ein großes Anliegen dabei.

Wo gab es Probleme und gibt es den Bedarf nach „Nachschärfungen“?

Es ist vieles noch nicht entschieden und wir kommen täglich drauf, dass nicht alles scharf ist. Im Leben gibt es viele Unschärfen und die wird es auch weiterhin geben.

Aber nicht nur die Pfarren, sondern auch die Diözese will sich neu strukturieren, wie weit ist dieser Prozess?

Die bisherigen Ämter sollen bis Ende des Jahres in „Bereiche“ umgewandelt werden. Das Ziel ist, dass diese Bereiche wie bei der Synode aufeinander hören und miteinander können. Und es geht um ein „Servant Leadership“, also dass sich die Leitung als Dienstleistung versteht. Was darüber hinaus auch noch ansteht ist die Frage der Räte und Gremien auf diözesaner Ebene.

Ostern ist vermutlich für Bischöfe eine der stressigsten Zeiten, freuen Sie sich trotzdem?

Es sind in den Kartagen keine zusätzlichen Termine und Sitzungen angesetzt und insofern bin ich in diesen Tagen gesammelter. Ich kann mich auf die Predigten und die Liturgie konzentrieren. Und grundsätzlich freue ich mich auf Ostern, weil es doch die Mitte meines Glaubens und meines Lebens ist.

Kann man schon abschätzen, wie sehr sich Corona auf die Messebesuchszahlen ausgewirkt hat und wie nachhaltig dies sein wird?

Natürlich gab es in den letzten beiden Jahren Einbrüche. Ich hoffe aber, dass die Menschen wieder entdecken, wie kostbar das persönliche Mitfeiern bei Gottesdiensten ist. Es ist etwas anderes, wenn man miteinander feiert und dann auch noch miteinander isst und trinkt.

Mit Diözesanbischof MANFRED SCHEUER sprach Herbert Schicho

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