Unterwegs zum Mond Kapitel 29: Apollo 13

Der Kontrollraum in Houston während der TV-Übertragung. Auf dem Bildschirm oben Mitte ist Fred Haise zu sehen, unter ihm im Vordergrund der „flight director“ Gene Kranz. © NASA

11.4.1970: Eine gehörige Schrecksekunde durchfuhr die Besatzung von Apollo 13.
Sie waren unterwegs Richtung Mond, um dort im kraterreichen Fra Mauro Hochland nach geologisch interessantem Gestein zu suchen.

Apollo 11 zeigte, dass die Mondlandung technisch machbar ist, Apollo 12 legte eine Präzisionslandung auf einen vorherbestimmten Punkt hin. Apollo 13 sollte die erste einer Reihe von Missionen sein, die die wissenschaftliche Ausbeute im Fokus hatten, insbesondere die Geologie.

Triebwerksausfall!

Die eingangs erwähnte Schrecksekunde galt aber (noch) nicht dem bekannten Unglück während des Fluges, sondern passierte schon wenige Minuten nach dem Start. Die Saturn V entwickelte wieder einen „Pogo-Effekt“, also ein starkes Vibrieren in Längsrichtung, ähnlich wie beim ersten unbemannten Testflug der Rakete. Der Effekt wurde noch durch eine „stotternde“ Treibstoffpumpe verstärkt.

Die starken Vibrationen führten dazu, dass das mittlere der fünf Triebwerke der zweiten Stufe um gut zwei Minuten zu früh abschaltete. Seit Apollo 10 hatte man glücklicherweise die Steuerungssoftware so adaptiert, dass sie bei einem Triebwerksausfall die restlichen Motoren länger laufen ließ. 35 zusätzliche Sekunden für die zweite Stufe und neun Sekunden für die dritte führten dazu, dass Apollo 13 die geplante Erdumlaufbahn dennoch fast perfekt erreichte.

Die Vorgeschichte

Im Dezember 1970 wurde die im riesigen „Vehicle Assembly Building“ zusammengebaute Rakete auf dem gigantischen „Crawler-Transporter“ hinaus auf die Startrampe gerollt. Die Kommandokapsel erhielt den Namen „Odyssey“ und das Mondlandefahrzeug taufte man „Aquarius“. Der Start war für März 1970 geplant, wurde aber später auf April verschoben. Der Grund war die Budgetkürzung für das Apollo-Programm, die zur Streichung der letzten drei Missionen (Apollo 18-20) und zur Streckung der Zeitpläne für die restlichen Missionen geführt hatte.

Nach einigen Änderungen stand im August 1969 die Mannschaft für Apollo 13 fest: Jim Lovell als Kommandant, Fred „Freddo“ Haise als Pilot der Mondlandefähre (Lunar Module, LM) und Ken Mattingly als Pilot der Apollo Kapsel (das Command Module, CM).

Die Astronauten investierten über 1000 Stunden an Training speziell für die Mission – mehr als das fünffache der eigentlichen Missionsdauer. Fast die Hälfte des Trainings fand im Simulator statt, teilweise unter Einbeziehung der Crew im Bodenkontrollzentrum. Keine Crew hatte jemals so intensiv für die Mission trainiert.

Die Ärzte schlagen Alarm

©NASA

Charlie Duke, ein Mitglied der Ersatzcrew, steckte sich einige Tage vor dem Start mit Röteln an. Er hatte Kontakt mit Lovells Crew. Von dieser war Mattingly als Einziger nicht immunisiert. Die Inkubationszeit ist ungefähr eine Woche. Wäre bei Mattingly die Krankheit ausgebrochen, hätte er sie direkt auf dem Mond bekommen, mit schweren Konsequenzen für die Mission. Man beschloss zwei Tage vor dem Start, Mattingly durch ein Mitglied der Reservecrew, Jack Swigert, zu ersetzen.

Die NASA-Vorschriften sahen in solchen Fällen den Austausch der gesamten Crew vor, was angesichts der kurzen Zeit kaum mehr möglich war. Der Austausch eines Besatzungsmitglieds aus einer monatelang eingespielten Crew stieß auch bei dieser nicht auf ungeteilte Zustimmung. Später stellte sich übrigens heraus, dass Mattingly nicht infiziert war. Er konnte 1972 mit Apollo 16 zum Mond fliegen.

Mondbeben per Saturn V

Zwei Stunden nach dem Start zündete die dritte Stufe der Saturn V erneut und brachte das Gespann auf den Weg Richtung Mond. Swigert koppelte wie üblich das CM ab, drehte es um 180°, koppelte an das noch an der Saturn hängende LM an und zog es aus der Abdeckung heraus.

Anschließend wurde die Saturn V auf einen Kollisionskurs Richtung Mond gebracht. Als sie dort drei Tage später aufschlug, löste sie ein Mondbeben aus, das von dem von Apollo 12 hinterlassenen Seismometer drei Stunden lang registriert wurde. Aber das interessierte die Öffentlichkeit nicht mehr sonderlich, zu diesem Zeitpunkt war die kommende Katastrophe bereits in vollem Gang.

Blick in die Kommandokapsel von Apollo 13 ©NASA

Desinteresse im TV

Man schätzt, dass die Landung von Apollo 11 eine Milliarde Zuseher weltweit verfolgt haben. Bei Apollo 12 waren es schon deutlich weniger. Und mit Apollo 13 betrachtete die Öffentlichkeit Mondlandungen als Routineangelegenheit. Keine einzige TV-Station übertrug die Live-Schaltung aus der Raumkapsel, wo Jim Lovell diese genau erklärte. Seine Frau Marilyn musste in den VIP-Raum des Kontrollzentrums gehen, um die Übertragung zu sehen. Das änderte sich schlagartig, nachdem die folgenden Ereignisse an Bord ein Überleben der Crew äußerst unwahrscheinlich gemacht hatten.

Die Ruhe vor dem Sturm

Einige Minuten nach der TV Übertragung war Apollo 13 rund 330.000 km von der Erde entfernt. In den Stunden davor hatte es mehrfach Probleme mit der Druckanzeige aus dem Sauerstofftank gegeben. Die Bodenkontrolle wollte versuchen, diese Probleme mit einem Durchrühren des Tanks zu beheben. Diese wurde normalerweise nur einmal pro Tag gemacht, um eine Schichtbildung aus flüssigem und gasförmigen Sauerstoff zu vermeiden.
Houston: „Wir haben noch etwas für euch zu tun, sobald ihr Zeit habt. Wir möchten, dass ihr die Tanks umrührt.“
Lovell: „OK, wartet ein wenig“.
Haise griff zum Schalter und legte ihn um.

Der Sturm

Wenige Sekunden später meldete die Crew ein Problem:
Haise: „Okay, Houston, …“
Swigert (unterbricht Haise): „Ich glaube, wir hatten gerade ein Problem hier“
Houston: „wiederholen bitte“
Lovell: „Houston, wir hatten gerade ein Problem. Die Stromversorgung im Stromkreis B ist zusammengebrochen“.

Haise: „… Wir hatten einen ziemlich lauten Knall hier, und gleichzeitig ging der „Master Alarm“ los.“

Die Ereignisse überschlugen sich. Zunächst zeigten die Instrumente Werte, die weder für die Crew noch für die Bodenkontrolle einen Sinn ergaben. Doch dann wurde mehr und mehr klar, dass das Problem größer als befürchtet war. Auch der Stromkreis A wurde stromlos. Zwei der drei Brennstoffzellen arbeiteten nicht mehr. Die Raumfähre lief auf Batterie, die eigentlich nur für den Wiedereintritt gedacht war.

Damit war die Mondlandung außer Reichweite. Jetzt ging es nur noch darum, das Leben der drei Besatzungsmitglieder zu sichern. Was darauf folgte, gehört bis heute zu den Erfolgsgeschichten der NASA.

Noch in der Nacht strömten Hunderte Techniker zurück in das Kontrollzentrum, um Apollo 13 „sicher zurück zur Erde zu bringen“, wie es Präsident Kennedy in seiner berühmten Rede versprach.

Von Alois Regl

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