Vergnügungen der Aristokratie

Es ist ein sich stets wiederholendes Wechselspiel zwischen Phasen der Hochblüte und weitreichenden Krisen, die die Entwicklung der Stadt Steyr prägten. Sie ist somit Modell unseres Landes, unserer Gesellschaft. Die 33. Oberösterreichische Landesausstellung 2021 widmet sich unter dem Titel „Arbeit Wohlstand Macht“ bis 7. November an mehreren Orten in Steyr der Entwicklung der Eisenstadt. Im Schloss Lamberg begibt man sich auf die Spuren des Adels: von Kutschenfahrten bis zu Kirchenmännern.

Thront mäjestätisch über der Stadt Steyr: Schloss Lamberg. © Pia Odorizzi

die Schlitten, auf denen die hohen Herrschaften Platz nahmen, um sich vom Pferd ziehen zu lassen, zeugen von hochwertigem (Kunst)Handwerk. Sie stammen ursprünglich aus dem Besitz der Schlossherren von Lamberg, die ab 1666 hier wirkten, gehören nun zum Bestand der Oö. Landes-Kultur GmbH und wurden für die aktuelle Landesausstellung auf Hochglanz gebracht.

Das Privileg, mit so einem Gefährt fahren zu dürfen, war einst dem Adel vorbehalten und zählte zu den Freizeitbeschäftigungen der Blaublütler. Aber nicht nur das: Fuhr man beim Kaiserlichen Hof in Wien vor, so signalisierte der Platz, den der jeweilige Schlitten in den Reihen einnehmen durfte, die Bedeutung des Besitzers: je näher zum Kaiser, umso höher die Stellung.

Jagen, Reisen, Fliegen und Briefeschreiben

Die Besitzungen derer von Lamberg reichten im Süden bis in den Nationalpark Kalkalpen hinein und boten ein Paradies für eine weitere adelige Freizeitbeschäftigung: das Jagen. Hier fand sich ein Jagdwütiger aus der kaiserlichen Familie regelmäßig inkognito ein: Thronfolger Franz Ferdinand (1863-1914). Er erlegte so viel Wild, dass die vielen Trophäen in den habsburgischen Schlössern kaum mehr an den Wänden Platz fanden.
Auf der sogenannten Grand Tour, einer größeren Reise, die Adelige zur Fortbildung traditionell unternahmen, lernte Graf Max Lamberg (1729-1792) in Italien einen gewissen Giacomo Casanova kennen. Die beiden freundeten sich an und hinterließen einen angeregten Briefwechsel, der sich allerdings nicht, wie man vermuten könnte, um erotische Themen gedreht hat, sondern höchst intellektueller Natur war.
In den Reihen derer von Lamberg gab es nicht nur bedeutende Männer, sondern auch sehr fortschrittliche Frauen: Paula von Lamberg (1887- 1927) war in den 1920ern eine der ersten Pilotinnen und erlangte auch als Skispringerin Berühmtheit: Auf den Brettln 24 Meter weit zu fliegen, war für diese Zeit eine rekordverdächtige Leistung.

Aber nicht jeder wollte diesen Kreisen angehören: Josef Werndl (1831-1889) hatte seinen Aufstieg dem revolutionären Hinterlader zu verdanken, den er entwickelt hatte und den alsbald Kriegsministerien im In- und Ausland ankauften. Mit seinen Patenten und Erfindungen gelangte er zu unglaublich großem Reichtum. Als man ihm anbot, ihn in den Adelsstand zu erheben, lehnte er ab – er hatte es schlicht nicht nötig. Seine Töchter Caroline und Anna hingegen, jene beiden der insgesamt sechs Kinder Werndls, die das Erwachsenenalter erreichten, bemühten sich um die Nobilitätsurkunden, die in der Landesausstellung zu besichtigen sind. Deren beträchtliche Mitgift war wohl einem weiteren Aufstieg nicht abträglich: Die wohltätige Caroline heiratete in zweiter Ehe den Freiherrn Max von Imhof, Anna ehelichte Josef Friedrich von Lamberg.

Eine Camera obscura und eine großartige Bibliothek

Unter den Lamberg´schen Vorfahren finden sich großen Kirchenmänner, aber auch ein bedeutender Kunstsammler: Anton Graf Lamberg-Sprinzenstein (1740-1822) vererbte seine Kunstwerke, darunter Werke von Rubens, an die Akademie der Bildenden Künste in Wien mit der Bedingung, eine Galerie damit zu gründen, was freilich geschah.
Im Schloss Lamberg sind heute nur noch wenige Räume im Original erhalten, Mobiliar ist schon lange kaum mehr vorhanden. In den sogenannten Prunkräumen, die noch von der alten Pracht erzählen, hat man Gemälde von bedeutenden aus dem Geschlecht derer von Lamberg zusammengetragen. Zu den wertvollsten zählt wohl eines von Kremser-Schmidt, eine Leihgabe aus dem Stift Seitenstetten. Zu den interessantesten Objekten gehört wohl die Camera obscura, eine dunkle Kammer, in der Kupferstiche, die durch ein Vergrößerungsglas betrachtet und von hinten beleuchtet, bekannte Städte ebenso zeigen wie exotische Schauplätze.

Eine wahre Schatzkammer ist die Bibliothek des Schlosses, die zu den bedeutendsten privaten des Landes zählt. Die Nazis, die das Schloss 1938 in Besitz genommen hatten, zeigten keinerlei Interesse daran und so ist sie bis heute in sehr gutem Zustand und vor allem vollständig erhalten. Jahrhundertelang sammelten die Schlossherren Bücher, jedes ziert ein Ex libris und das Jahr, in dem es erworben wurde, anhand eines Registers aus dem 19. Jahrhundert lässt sich noch alles am angestammten Platz auffinden.
Die Grafen Lamberg fanden ihren neuen Lebensmittelpunkt in Schloss Kaps in Kitzbühel, einer von vielen Besitzungen des Geschlechts, wo das aktuelle Oberhaupt, Max, noch heute zuhause ist. Das Schloss Lamberg befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst im Besitz des Landes Oberösterreich, seit 1961 gehört es den Bundesforsten.

Von Melanie Wagenhofer

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