Verspannt statt relaxed

Immer öfter werden Patienten mit muskulären Problemen, die sie sich bei der Arbeit im Home-Office zugezogen haben, bei Ärzten vorstellig. Denn stundenlanges Sitzen vor einem Tisch, der als Ess- und nicht als Schreibtisch gebaut wurde, ist für den Körper nicht ideal. Genauso wenig wie die Arbeit vom Sofa aus.

Zum Ausgleich sind während des Home-Office und Home-Schoolings Dehnungsübungen angesagt. © Orthopädie & Traumatologie Simmering

In der Jogginghose aus dem Home-Office arbeiten ist derzeit legere Realität. Doch das Arbeiten vom Sofa aus oder am Esstisch sorgt für orthopädische Lifestyle-Leiden, wie Handy-Daumen, Laptop-Nacken und Maus-Arm, wie die Ärztinnen Ulrike Mühlhofer und Stephanie Arbes-Kohlert von der Orthopädie & Traumatologie Simmering wissen.

„Meist beginnt es damit, dass der Laptop in puncto Höhe viel zu niedrig ist. Dies kann zwar mit einem Laptop-Ständer korrigiert werden, nicht aber der zu klein dimensionierte Bildschirm. Um besser sehen zu können, wird der Kopf wie bei einer Schildkröte nach vorne gestreckt – die Folge ist der sogenannte Laptop- bzw. Strecknacken, eine schmerzende Verspannung im Nackenbereich“, schildert Mühlhofer: „Wenn man parallel dazu zu hoch bzw. zu niedrig vor dem Bildschirm sitzt, gesellt sich auch eine Verspannung im gesamten Schulterbereich dazu. Um die Muskulatur zu lockern, sind kurze, aktive Pausen sinnvoll. Aufstehen, den Kalorienverbrauch ankurbeln, indem man den Müll rausträgt oder Streck- & Dehnübungen machen: Wiederholtes Aufstehen, Arme nach oben strecken und hinunterbeugen löst Verspannungen und macht den Kopf frei für neue Ideen. Oder: Man richtet den Blick bewusst nach oben, um eine Ausgleichsbewegung herbeizuführen. Den Nacken zur Seite legen und mit der Hand leicht ziehen. Nun die Schultern nach oben und dann nach unten hinten ziehen. Eine Wiederholung verschafft Lockerung im Schultergürtel und Nackenbereich.“

„Merkel-Raute“ gegen WhatsApp-Disease

Arbes-Kohlert, Co-Gründerin der orthopädischen Gruppenpraxis ergänzt: „Im Home-Office bemerkt man schnell, wie wichtig ein Schreibtisch und ein höhenverstellbarer Drehstuhl sind. Denn zum Laptop-Nacken kommen oft der Handy-Daumen und der Maus-Arm hinzu. Facebook, Instagram, WhatsApp & Co. verleiten zum schnellen Griff zum Smartphone und zur Beantwortung der Nachrichten – oft mit dem Daumen, was zu einer unnatürlichen Dreh- und Spreizbewegung des Daumens und Schmerzen im Handgelenk führt – zum Handy-Daumen oder zur WhatsApp-Disease. Auch eine Sehnenscheidenentzündung kann unliebsame Folge intensiver Handynutzung sein. Sie trifft vor allem junge Menschen.“

Daher rät die Medizinerin bei den ersten Anzeichen entweder beidseitig zu tippen oder das Smartphone einmal zur Seite zu legen, die Finger abspreizen und eine ,Merkel-Raute’ formen: Sie entspannt schnell den gepeinigten Daumen.

Der Maus-Arm wiederum ist das Home-Office-Pendant zum Tennis-Arm: Die Entzündung der Sehnenplatten im Ellenbogengelenk, das bei der Bedienung der Maus unnatürlich verdreht wird: statt zum vertikalen Greifen zum horizontalen Klicken. Erste Symptome des Maus-Arms oder des RSI Syndroms sind Kribbeln und Schmerzen im Handgelenk. Als Vorbeugung dienen eine ergonomisch geformte Maus für seitliches Klicken und folgende Übungen: Eine Faust bilden, bei der der Daumen außen über den anderen Fingern liegt und 10 Sekunden lang halten, dann die Finger ausstrecken und weitere 10 Sekunden in dieser Position bleiben.

Das Ganze 5 Mal wiederholen. Oder abwechselnd eine flache Hand bilden und Finger spreizen, mit dem Daumen jeden einzelnen Finger berühren, abwechselnd die Finger spreizen und eine ,Kralle‘ machen sowie einen ,Like‘- Daumen bilden und damit Kreise ziehen.

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