Viele Köche verderben das Gold im Mund

Theater im Hof Enns: Premiere von Iris Harters Moliere-Bearbeitung „Madame Jourdain“

Ja eh, Madame (Maria Lohn, re.) ist ein Star. Das wahre Happyend gebührt aber der Assistentin Sarah Zelt.
Ja eh, Madame (Maria Lohn, re.) ist ein Star. Das wahre Happyend gebührt aber der Assistentin Sarah Zelt. © Theater im Hof/Otto Pölzl

Endlich! Nach einem Jahr Corona-Aufschub steht „Madame Jourdain und ihre höchst wundersame Reise in die gute Gesellschaft“ auf der Bühne. Das Theater im Hof feierte am Freitagabend Premiere im Hof des Florianer Freiherrnhauses in Enns. Das Wetter spielte mit.

„Reisende bringen Glück, Scherben soll man nicht aufhalten.“ Das Verdrehen gängiger Sprichwörter rennt als Gag durch den Abend. Autorin Iris Harter verschiebt Molieres „Der Bürger als Edelmann“, in ein undefiniertes Jetzt.

Aus dem wohlhabenden, aber einfältigen Bürger Jourdain des 17. Jahrhunderts wird Madame, eine unterbelichtete reiche Zicke, launisch, schrill, lächerlich. Um jeden Preis will sie ein Star werden. Also: „Wer vorbereitet Madame?“ Ein Expertenstab leidet unter ihren Kapricen oder arbeitet in die eigenen Tatschen. Happy End nach 90 Minuten: Von einer Sekunde auf die andere kennt alle Welt sie als Sängerin.

Historisch und topaktuell zugleich, ein Tausendsassa wie Intendant, Regisseur, Schauspieler, Sänger und Multi-Instrumentalist Christian Himmelbauer will das Stück sein. Auf den Leib geschrieben jedem Schauspieler, jedem verfügbaren Instrument, dem Spielort, zugleich respektvoller Rückblick auf Meister Moliere und den Komponisten der ursprünglichen „Ballettkomödie“, Jean Baptiste Luly.

Verderben da zu viele Köche das Gold im Mund? Neben pompösen fünfhebigen Jamben, an- und aufgesagt vom Dienstmädchen, steht auch ein Baumeister als Zeitgenosse am Ball d`Opera. Hans Wagner, der musikalische Leiter, übernimmt vom Original die Ouvertüre, reichert an mit französischen Chansons, Marseillaise und Rockshow. Musik zerteilt die Handlung, nur Sprachkundigen erschließt sich ein Zusammenhang, für andere geht der Faden verloren. Reifröcke, Leggins, gepuderte Perücken – auch beim Yoga (Kostüme: Natascha Wöss) – zieren eine Bühne (Isabella Reder) aus üppigen Gardinen und symbolträchtigen Falltüren.

Ein einziges Mal Mensch

Sarah Zelt spielt die Assistentin. Als klassisch schlaues Dienstmädchen hält sie die Fäden in der Hand. Ihr gehört das echte Happyend mit Madames Bruder (Markus Schramm), der bei aller Loyalität zur Schwester das Weite suchen möchte.

Maria Lohn in der Hauptrolle mimt die dumme Tussi. Herrlich falsch singt sie „La vie en rose“ auf ihr gar nicht so rosiges Leben. Als sie plötzlich ihrem Angehimmelten (Christian Himmelbauer) gegenübersteht, entzückt der Uralt-Erotik-Hadern „Je t´aime – moi non plus“. Ein einziges Mal Mensch, nicht nur die Karikatur einer überehrgeizigen, unsicheren Frau, grölt sie voll Zorn und Enttäuschung das simple „Frère Jacques“ vor den verschlossenen Türen des Ball d´Opera. Schade, dass im überhudelten Finale das dramaturgische Potential dieser finalen Wendung verpufft, wie insgesamt es der Komödie samt allen französischen Infiltrationen an Charme und Leichtigkeit mangelt. „Von jedem Dorf einen Kirtag, mit vielen Hunden tanzen“, möchte man sich den Verdrehungen anschließen. Applaus für schauspielerische Größe und einzelne musikalische Schmankerl.

Alle Vorstellungen finden im Freien statt. Bei Schlechtwetter gibt es Ersatztermine.

Bis 7. August. Karten, Wetterinfo: 0699/1447000, theater-im-hof.at

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