Vom Untergang der Egoisten

Uraufführung im Burgtheater, Gorki für heute

Birgit Minichmayr und Michael Maertens
Birgit Minichmayr und Michael Maertens © Marcella Ruiz Cruz

Es ist ein langer Abend im Burgtheater: Vier Stunden braucht Theatermacher Simon Stone für den Abend, den er aus zwei Gorki-Stücken destilliert und in die Gegenwart versetzt hat. „Komplizen“, eine Geschichte vom Untergang der „besseren“ Gesellschaft aus Reichen, Intellektuellen und Künstlern, wurde am Sonntag uraufgeführt.

Nur, wenn man Maxim Gorkis „Kinder der Sonne“ und „Feinde“ kennt, kann man bewundern, wie meisterlich Stone aus den Figuren von gestern heutige Menschen und Probleme destilliert hat, in unserer Sprache, Denkweise, mit unseren Aktualitäten (von „#metoo“ bis „Political Correctness“) angereichert.

Probleme von Bobos, die perfekt mit jenen der unteren Schichten (differenzierte „Personal“-Figuren, Fabriksarbeiter) konfrontiert werden. All das findet in einer „gläsernen“ Welt statt, die Luxusvilla, die mit vielen Räumen auf die Drehbühne gebaut wurde und einerseits hervorragend wirkt, andererseits das Geschehen zersplittert.

Luxusbesetzung

Wenn der Abend, der in seinen Figuren faszinierend wirkt, eine Schwäche hat, liegt diese in der Ökonomie bzw. dem Mangel daran. Vieles ist zu weitschweifig, zu vordergründig theatralisch, und gar am Ende, wenn sich die Reichen und Schönen angesichts ihres Zusammenbruchs reuig an die Brust klopfen und ihre Schuld eingestehen, ein bisschen zu billig (das tun solche Leute nicht). Stone hätte seine Botschaft auch kürzer und ohne Megafon absetzen können.

Nichtsdestoweniger bleibt es ein faszinierender Abend, der wieder einmal eine Burgtheater-Luxusbesetzung bringt. Im Zentrum Michael Maertens als der Wissenschaftler, an dem gezeigt wird, dass gute Absichten nichts bringen, wenn man sich nur treiben lässt. Als hintergründige Intrigantin ist Birgit Minichmayr in einer für sie ungewöhnlichen Rolle zu sehen. Den scheinbar jovialen, aber knallharten Kapitalisten verkörpert Peter Simonischek souverän. Berührend Mavie Hörbiger als filigrane „Gutmenschin“. Dazu ein weiteres Riesenensemble, das Typen von heute aufblättert und eine Geschichte von heute erzählt, die sich trotz aller Einwände mehr lohnt als vieles, was heute auf Wiener Bühnen geboten wird.

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