Von Wut und Wurschtigkeit

Der Nino aus Wien im Linzer Posthof

Der Nino aus Wien
Der Nino aus Wien © Pamela Russmann

„Des war a klana Einblick in mein Leben.“ Nach knappen zwei Stunden zieht der Nino aus Wien, alias Nino Mandl, mit seiner Band wieder von dannen. Zum vierten oder siebten Mal, genau weiß er das nicht, war er am Donnerstag im Linzer Posthof im großen Saal, coronabedingt diesmal vor geschätzt 300 Menschen.

Der 33-Jährige mit „Wasser im Bluad, tiaf und stü und wüd“, nestelt Papierfetzerl aus den Hosentaschen, die ersten drei Lieder stehen drauf, dann gibt er auf. Irgendeiner weiß die Liederfolge. Aus der Zeit gefallen scheint der Beislpoet. Er besingt alles Mögliche von früher — „was ist morgen, was war gestern“ —, das reimt sich in seiner Manier zwar auf „alles besser“, driftet aber nicht ins Sentimentale ab, halsbrecherische Reime retten — „A Gspritzter is a nur a Gewässer, aber der Neusiedlersee is gressa“. Der Nino hält es mit den guten alten Kaffeehausdichtern, setzt sich zu ihnen in versiffte Räume, wo rauchen erlaubt ist. Deren Nachfahren Werger, Danzer, Ambros packt er im Lied „Jukebox“ in ein Kinderlied mit wienerisch klingendem Reggae.

In einer seltsamen Wolke

Im Dreivierteltakt groovt die Boheme, als gmahde Wiesen zum Dreinhaun tönt das Klagelied vom Österreichischen Fußball am Beispiel von Ried. „Es geht immer ums Vollenden“, öffnet er ein weites Feld für Kicker und Denker. Aus Bob Dylans Liebeslied „Simple Twist of Fate“ reimt er „Der Mai ist vorbei, das Schicksal einerlei“. Er darf sowas, es ist Teil seiner in Poesie und Tonkunst gebetteten Lebensform. Aus dieser Lethargie eruptiert der Zornausbruch „Du Oasch“.

Die E-Gitarren glühen. Große Oper im dramatischen Zusammenspiel mit den Multiinstrumentalisten Raphael Sas und pauT. „Du bist für immer mein Glücksbringer“, auch dieser gequälte Reim stimmt, Nino Mandl singt von der Liebe ohne Schnörkel, verloren und irritiert, wach und müde zugleich. So patschert wie genialisch führt der versponnene Künstler in seiner seltsamen Wolke herum. Nicht nur sein Linzer Publikum folgt ihm dorthin mit Begeisterung.

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