„Was spricht dagegen, zehn Jahre Pause zu machen?“

Sebastian Bezzel über seinen Eberhofer, Heimat und wie's weitergeht

Gebürtiger Bayer: Schauspieler Sebastian Bezzel
Gebürtiger Bayer: Schauspieler Sebastian Bezzel © Hein Hartmann/dpa/picturedesk.com

Franz Eberhofer ist wieder im Kino und versucht, ein „Kaiserschmarrndrama“ zu entspannen.

So wortkarg wie der fiktive Dorfpolizist aus der Feder von Rita Falk ist sein Darsteller Sebastian Bezzel nicht. Der in Hamburg lebende Schauspieler würde mit seinem Franz auch gerne auf ein Bier gehen.

VOLKSBLATT: Seit 2013 sind Sie als Franz Eberhofer zu sehen, ermitteln nun zum siebten Mal: Kommt Ihnen die Zeit lange vor oder ist das wie im Flug vergangen?

SEBASTIAN BEZZEL: Das ist tatsächlich wie im Flug vergangen. Auf der einen Seite dreh’ ich auch andere Sachen, und beim Eberhofer haben sich ja die Ereignisse überschlagen. Jedes Jahr ist es größer und mehr geworden. Das ist, wenn man zurückblickt, schon verrückt, wie sich das alles entwickelt hat. Da kam man nicht zum Nachdenken.

Und es passiert ja auch viel in Niederkaltenkirchen …

Sehr gefährliches Dorf! Wenn man da ‘mal statistisch hochrechnet, wie oft da wer umgebracht wird … bei der Einwohnerzahl ist das krass.

Durch die Corona-Pandemie wurde der Kino-Start einige Male verschoben. Als Schauspieler ist der Großteil Ihrer Arbeit ja schon getan. Ist das trotzdem nervig oder gut zu verkraften?

Weder noch. Ich habe mich nur dazu entschieden, dass ich gesagt habe: Es gibt jetzt weiß Gott schlimmere Probleme auf der Welt, als dass der „Eberhofer“ nicht kommt. Dann kommt er halt nächstes Jahr. Das ist natürlich auch der Luxus einer so erfolgreichen Reihe. Vielleicht ist es ja auch gar nicht schlecht, da ist dann die Freude noch größer, wenn man einmal ein Jahr „Eberhofer“-Askese hat. Aber ich habe gesagt: Ne Leute, es sterben überall die Menschen, viele Leute verlieren ihre Jobs, es ist so krass gerade, was abgeht. Da ist das geringste Problem, ob ich jetzt meine Eitelkeit befriedigen kann, ob mein Film ins Kino kommt. Aber ich freue mich jetzt umso mehr! Auch, dass die Kinos wieder aufsperren, dass die Kultur wieder hochfährt.

Gab es für Sie andere coronabedingte Verschiebungen?

Ja, ein paar Sachen waren kompliziert, aber auch da kann ich mich nicht beschweren. Ich konnte arbeiten. Es war etwas kompliziert, auch mit Homeschooling, aber mei, das ist uns allen so gegangen. Ich habe mich privilegiert gefühlt, habe zuhause auch einen kleinen Garten, selbst das war noch ok bei uns.

Die „Eberhofer“-Reihe lebt ja auch von dieser Vielzahl an, sagen wir mal, liebenswürdigen bis skurrilen Figuren. Haben Sie da einen Liebling?

Das wäre jetzt gemein, einen rauszupicken. Ich bin ein großer Fan von Gerhard Wittmann, der meinen Bruder spielt. Den finde ich wahnsinnig lustig, bei dem muss ich mich immer sehr zusammenreißen. Ich freue mich auch immer über die Figuren, die als Gäste dazukommen. Diesmal sind mein absolutes Highlight das evangelische Pastoren-Ehepaar, der Thomas Mraz und die Sarah Viktoria Frick. Das fand ich unglaublich, was die zwei gespielt haben.

Mögen Sie eigentlich den Franz Eberhofer?

Ich glaube, wenn man sich vom Eberhofer überhaupt nichts erwartet, kann das sehr lustig sein mit dem. Da so abends mit dem zamhocken und ein Bier trinken, oder mehrere Biere trinken, macht sicher Spaß. Aber man darf nicht der Meinung sein: Ah, vielleicht ruft er mich nächste Woche an, dann können wir noch ein Bier trinken gehen. Das wird er nicht machen.

Wie häufig sagt jemand „Grüß Gott Herr Eberhofer“?

Das kommt schon immer wieder vor, dass Leute mich fragen, warum ich keine Leberkassemmel dabeihabe. Gerade im Süden Deutschlands und in Österreich. Aber das ist ja auch schön.

Aber bei Ihnen daheim im Norden eher nicht so?

Mittlerweile fängt es so langsam an. Aber das ist ein anderer Schlag. Da ist man ein bisschen dezenter und hat nicht gleich die Kumpelschiene parat.

Sind die Dreharbeiten in Bayern so ein Schuss Heimat, den Sie ab und zu gerne habe?

So Heimat ist es gar nicht, weil ich bin in Oberbayern aufgewachsen, in einer sehr reichen Gegend, in Garmisch-Partenkirchen. Niederbayern ist anders gestrickt, was mir total gut gefällt. Es ist nicht so großmannsüchtig und macht sich auch nicht so schick. Durch die vielen Dreharbeiten ist es mir schon sehr vertraut. In Frontenhausen, unserem Hauptmotiv, heißt der Kreisverkehr jetzt hochoffiziell der Eberhofer-Kreisel.

Die Einstellung vom Eberhofer, dass alles so bleiben soll, wie es ist, wird auch im „Kaiserschmarrndrama“ wieder deutlich. Ist Ihnen diese „Weltanschauung“ vertraut?

Mittlerweile ist es mir komplett fremd, weil ich zwei Kinder habe, mein Sohn ist zehn, meine Tochter acht. Denen kann man beim Verändern ja zuschauen. Da kapiert man dann schon, dass das Leben ein Prozess ist und kein Stillstand. Das ist ja das große Problem vom Eberhofer, dass er immer den Ist-Zustand will. Und wenn man sich nicht um Sachen kümmert, dann tun es halt andere und dann wird es noch schlimmer. Das ist ja in dem Fall so. Da wird ihm ein Haus vor die Nase gestellt. Er hat es in seinem Leben ja auch nie geschafft, dass er einen guten Gegenentwurf hatte. Das hat er jetzt davon. Die Geschichte mit dem Ludwig führt ihm das dann auch sehr deutlich vor Augen.

Ein Thema, das gewohnt humorig angegangen wird, ist das der Gentrifizierung. Denken Sie, dass diese Themen in einer Komödie für die breite Masse zugänglicher werden?

Es sind ja, zwar nicht nur, aber es sind Heimatfilme. Und was bedeutet Heimat heute? Heimat bedeutet nicht nur, dass alles wahnsinnig traditionell und schön ist. Wenn ich am Land schaue, bedeutet Heimat irgendwie ein fieses Gewerbegebiet mit einem Aldi. Es bedeutet auch, dass da ein paar Flüchtlinge leben, da gibt es dann sofort auch Rassismus. Auch Gentrifizierung, da kann wer billig Grund kaufen. Das erzählt Heimat heute, wie wir leben. Deshalb kann man gerade in einer Komödie solche Themen ansprechen, weil die Leute das wiedererkennen.

Ein kongeniales Paar bilden Sie mit Simon Schwarz, mit dem Sie bei „Grenzgänger“ auch im Wohnmobil unterwegs sind. Geht es als Freunde auch vor der Kamera leichter?

Also, es muss auch gehen, wenn man sich nicht so gut kennt. Aber wir vertrauen uns total und wir sind Neid-frei, das sind zwei Sachen, die sehr schön sind und auch dem Drehen nicht schaden.

Wünschen Sie sich, dass Rita Falk noch viele Bücher rund um das „Eberhofer“-Universum schreibt, oder denken Sie, die Geschichte ist in naher Zukunft ‘mal auserzählt?

Ich glaube, die Rita muss machen, was sie für richtig hält, nur dann kann es gut sein. Kann auch sein, dass ich irgendwann sage, dass ich eine Pause brauche. Es kann aber auch sein, dass Regie oder Produktion das sagen. Was spricht dagegen, mal zehn Jahre Pause zu machen und dann weiterzumachen? Dann ist der Paul ein furchtbarer Teenager und der Eberhofer hat Bandscheibe, oder was weiß ich. Damit hätte ich gar kein Problem. Das kann man immer weiterstricken. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Wir drehen ab September wieder einen Eberhofer-Krimi. Das Glas ist mehr als halb voll bei der Eberhofer-Geschichte.

Mit SEBASTIAN BEZZEL sprach Mariella Moshammer

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