„Wasserstoff wird Säule der Energiewende werden“

In Island holte sich Delegation um LR Achleitner und Energie AG Anregungen für Klimaneutraltität

Im teils idyllischen, teils recht kargen Island erkundigten sich Energie-AG-Vorstandsdirektor Stefan Stallinger, LR Markus Achleitner und Energie-AG-Generaldirektor Werner Steinecker samt einer hochrangigen Delegation über die Forschungsfortschritte auf der Insel.
Im teils idyllischen, teils recht kargen Island erkundigten sich Energie-AG-Vorstandsdirektor Stefan Stallinger, LR Markus Achleitner und Energie-AG-Generaldirektor Werner Steinecker samt einer hochrangigen Delegation über die Forschungsfortschritte auf der Insel. © Energie AG

Um Oberösterreich am Weg zu seiner eigenen Energiewende weitere wichtige Impulse zu geben, will das Land auch vom Know-How eines der europäischen Vorreiter in dieser Disziplin lernen – von Island.

Das kleine großteils karge Land – mit etwas mehr Fläche als Österreich von nur knapp 370.000 Einwohner bevölkert – ist bei der Energiewende schon weiter, konstatierte auch Wirtschafts- und Energielandesrat Markus Achleitner gleich zu Beginn einer von der Energie AG und des Energieinstituts der Johannes Kepler Universität initiierten Forschungsreise.

100 Prozent Erneuerbare

In Island wird bereits jetzt der Strom zu 100 Prozent aus Erneuerbaren gewonnen. Insgesamt produziert das Land pro Kopf bereits jetzt sieben Mal mehr Strom als im europäischen Mittelwert – dies obwohl man die auf der Insel eigentlich sehr gut nutzbare Stromquelle Wind mehr als nur stiefmütterlich behandelt. Zum Vergleich: In Österreich kommen 77 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren. In Oberösterreich liegt der Wert sogar bei 84 Prozent. Eigentlich sehr gute Werte, auf die man gut aufbauen kann, immerhin ist Österreich damit innerhalb der EU führend.

Die größten Probleme gebe es laut Achleitner aber noch beim klimaschonenden Endenergieverbrauch. Hier kommt Island durch Wasserkraft und Geothermie auf 85 Prozent aus Erneuerbaren (der Rest entfällt auf Mobilität, wo man auch rasch komplett auf Elektro umstellen will). Österreich kommt hier nur auf 34 Prozent (Platz 5 in Europa). Her werde die Transformation die große Herausforderung der Zukunft sein, so der Landesrat. Grüner Wasserstoff – gewonnen mit Energie aus Erneuerbaren – soll dabei eine der großen Antworten auf die Probleme sein.

Wasserstoff soll die Energiewende bringen

Wasserstoff soll also zur Säule der Energiewende, zum „Gamechanger“, werden. Hierbei verweist Achleitner für Oberösterreich etwa auf das HCMA-Forschungsprojekt, an dem zum Beispiel die voestalpine, Borealis, die heimischen Energieversorger und die Zementindustrie sowie Universitäten beteiligt sind. Noch ist es nicht marktreif, aber steigende Energiepreise lassen die Kostenrentabilität näher kommen. 100 Mio. Euro sollen in dieses „strategisch wegweisende“ Forschungsprojekt fließen. In dem Projekt wird erforscht und getestet, wie das CO2, das bei gewissen Industrieprozessen immer anfällt, zu einem Wertstoff wie etwa Methan gemacht werden kann. Dies soll verwendet werden, um einen geschlossenen Kohlenstoffkreislauf zu schaffen.

Als Resultat der Islandreise soll nun die auf der Insel ansässige Carbon Recycling International (CRI), die in diesem Bereich bereits mit der Umsetzung begonnen hat, künftig als Partner bei diesem Projekt fungieren.

Auch Energie AG setzt auf den „Gamechanger“

Auch bei der Energie AG setzt man auf die rasche Weiterentwicklung im Bereich der Forschung zum grünen Wasserstoff. „Die Förderung von diversen Wasserstoffprojekten auf allen Forschungs- und Entwicklungsstufen ist essentiell, damit die notwendige Transformation des Energiesystems auch wirklich gelingen kann“, betont Energie-AG-Generaldirektor Werner Steinecker. „CO2nicht zu verdammen, sondern zu separieren, zu deponieren und wieder brauchbar zu machen, um eine neue Kohlenwasserstoffverbindung daraus zu gewinnen, muss das Ziel sein“, so Steinecker. Abseits des Wasserstoffes sieht der Energie-AG-Generaldirektor allerdings – wohl auf Jahrzehntesicht – auch die Kernfusionstechnologie als mögliches Zukunftslösung, spricht er ein anderes großes Forschungsfeld an.

„Wasserstoff hat als Energieträger Zukunft, wenn wir genügend entsprechenden Strom dafür haben“, betont Energie-AG- Vorstandsdirektor Stefan Stallinger. Nur wenn dieser in ausreichender Form erzeugt werden kann, habe es Sinn, so Stallinger. Den großen Vorteil in grünem Wasserstoff sieht er in der saisonalen Speicherung von Energie, da der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen je nach Witterung und Jahreszeit eine schwankende Verfügbarkeit mit sich bringt. Dazu ist man bereits in mehreren Forschungsprojekten involviert. Die Ansätze sind mannigfaltig: Sie reichen von der Direktreduktion und Einsatz von Elektrolichtbögen in der Stahlindustrie, der Methanisierung zu grünem Gas oder der Weiterverarbeitung zu E-Fuels für alle Mobilitätsarten. Vor allem im Schwertransport und in Industriebereichen ist grüner Wasserstoff als klimaneutraler Energieträger geeignet, schnell eine starken Rückgang von Emissionen herbeizuführen.

Chemie neben Voest in Linz als große Chance

In einem Leitprojekt der Energie AG gemeinsam mit dem Energieinstitut, der voestalpine, der RAG Austria und anderen geht es darum, den schon zuvor angesprochenen nachhaltigen und geschlossenen Kohlenstoffkreislauf zu etablieren.

Ein anderes gerade für die Landeshauptstadt interessantes Projekt beschäftigt sich mit der Schaffung eines möglichen überbetrieblichen Energie- und Ressourcenaustausches – etwa zwischen benachbarter Stahl- und Chemieindustrie. „Linz ist in diesem Sinne ein ganz besonderer Standort, auf den in diesem Kontext ganz Europa schaut. Wo hat man schon in einer Stadt ein Stahlwerk neben einem Chemiepark, das birgt enormes Potenzial“, verdeutlicht Robert Tichler, Geschäftsführer des Energieinstituts, die Möglichkeiten.

Spezielle Anlage in Island

Doch auch Island kann mit global beachteten Forschungsprojekten aufhorchen lassen. So ist in Reyklavik die weltweit größte Anlage beheimatet, die Kohlendioxid aus der Luft saugt und in Gestein umwandelt. Die Anlage wurde im September 2021 in Betrieb genommen und soll im Jahr 4000 Tonnen CO2 aus der Luft filtern.

„Marshall-Plan für Energiewende nötig“

Zur praktischen Umsetzung all der Pläne spricht LR Achleitner auch die nötigen finanziellen Mittel an. Es werde sehr viel Geld kosten, gibt er sich keinen Illusionen hin. Wenn es bei der Energiewende in den kommenden 20, 30 Jahren aber gelingt, europäisch zusammenzuarbeiten, wäre ein europäischer Marshall-Plan möglich, um die immensen Kosten für die Umstellung des gesamten Energiesystems zu erreichen, so der Landesrat. Denn neben dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit sei es auch wichtig die Sozialverträglichkeit der Veränderungen sicherzustellen, betont er.

* Der Autor nahm auf Einladung der Energie AG an der Reise teil.

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