Wenn Rotkäppchen in die Muckibude geht

... setzt sich Nextcomic mit Rollenbildern auseinander — Ein Rundgang und Neustart

Die Schwedin Liv Strömquist und eines ihrer Frauenbilder.
Die Schwedin Liv Strömquist und eines ihrer Frauenbilder. © K. Acht

Positiv ist, dass das Festival Nextcomic noch nie so lange gedauert hat. Negativ, dass es an seinem ursprünglichen Termin nach drei Stunden wieder schließen musste, dass die große Eröffnung mit den Künstlern nicht stattfinden konnte, dass das geplante Rahmenprogramm ins Wasser fiel …

Doch wenn eine Zeit prädestiniert dafür ist, sich mit voller Kraft ins Positive zu stürzen, dann ist sie jetzt. Ab 20. Mai sperrt Nextcomic den Großteil seiner Ausstellungen wieder auf und bis 30. Juni kann die Welt der gezeichneten Helden und Anti-Helden in Form von Comics, Graphic Novels, Cartoons und vielem mehr bestaunt werden.

Mit Abstand wieder da

Das OÖ Kulturquartier kann auf drei Stockwerken unter Einhaltung der bestehenden Regeln — Abstand von mindestens einem Meter zu anderen Besuchern und Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes — besucht werden (Öffnungszeiten: Di -Fr, 14-18 und Sa, 13-17 Uhr). In vielen Räumen, die eigenständig erkundet werden können und sollen, warten unterschiedlichste Positionen der grafischen Künste, wie etwa die rosarote Welt von Katja Klengel, die Artist in Residence im Atelierhaus Salzamt war. Ihren Fokus richtet die Künstlerin, ganz dem heurigen Thema „Rollenbilder 2020“entsprechend, auf Frauen, auch auf jene, die „im Schatten der Geschichte hängengeblieben sind“, erklärt Kuratorin und Künstlerin Katharina Acht.

Dem Rosarot gegenübergestellt sind Schwarz-Weiß-Arbeiten der Mitglieder des Kunstvereins „Die Kunstschaffenden“. Werke des Malers, Grafikers und Psychologen Harald von Munchthal finden sich in der Club-Galerie der Dr. Ernst Koref-Stiftung. Da begegnen uns altbekannte Comicfiguren in neuem Gewand. Altbekannt, aber lange nicht überholt: die Arbeiten von Christine Nöstlinger.

„Die feuerrote Friederike“ feiert heuer ihren 50er und bespielt einen ganzen Raum — im Mittelpunkt maschinengeschriebene und handgezeichnete Originalseiten mit den herzigen Illustrationen, die Ausgangspunkt für Nöstlingers Kinder- und Jugendliteratur waren, wie Acht erklärt. Persönlicher Höhepunkt: Friederikes Katze als umherwandelndes Wandgemälde.

Manga trifft auf Beinhaus

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Eine spannende Verbindung von Manga und österreichischen Sehenswürdigkeiten schafft ein Artbook-Projekt, das Hallstätter Beinhaus dabei in ganz neuem Licht. Rotkäppchen völlig anders erzählt Michael Wittmann — da mutiert die Großmutter zur ultimativen Bösewichtin, die Titelheldin geht sichtlich gerne in die Muckibude und der Wolf hat’s auch nicht leicht.

Aus dem Kichern heraus kommt man kaum bei Stefanie Sargnagels Cartoons und die Schwedin Liv Strömquist, eine feministische Comiczeichnerin, die in aller Munde ist, zeigt in Linz u.a. Frauen berühmter Männer in Comics verpackt und auch das Madonna-Sujet für das Festival stammt von ihr.

Bei vielen Werke werden Teile des Entstehungsprozesses präsentiert, Skizzen etc., manche bieten — wie beim Graffiti an der Außenwand des U-Hofes — via App Zusatzinformationen.

Mehrere Linzer Schulen haben sich dem Alltagsphänomen, überall menschliche Gesichter zu erkennen, gewidmet und daraus ihre eigenen Comichelden samt Abenteuern entwickelt.

Das Thema Rollenbilder auf den Punkt bringen die gegenübergestellten Illustratoren Andrea Hörndler und Elias Takacs. Während Takacs Waffen, Monster, etc. in harten, schroffen Zeichnungen in Szene setzt, sind Hörndlers Arbeiten geschmeidig fließende Auseinandersetzungen mit der Weiblichkeit in unserer Gesellschaft. Ganz ungewohnt großformatig kommt der Zeichner Peng bei Nextcomic daher und macht aus Batman sogar so eine Art Ölgemäldehelden.

Nextcomic ist eine wunderbare Art, wieder ins Kulturleben einzutauchen und die beeindruckende Vielfalt der Comic-Kunst wirken zu lassen. Alle Infos über weitere Ausstellungen des Festivals auf www.nextcomic.org

Von Mariella Moshammer

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