Wenn T-Shirts im Labor wachsen

Die Zukunft unserer Kleidung in Zeiten der „Fast Fashion“: Kunstuniversität Linz bringt Mode und Roboter in neuem Forschungsprojekt zusammen

Zukunftsmusik: Stoffe, die 3D im Labor wachsen und von Robotern„gezüchtet“ werden.
Zukunftsmusik: Stoffe, die 3D im Labor wachsen und von Robotern„gezüchtet“ werden. © Eichinger

Ob es in hundert Jahren die Nähmaschine noch gibt, da will sich Christiane Luible-Bär, Co-Leiterin des Studiengangs „Fashion & Technology“ an der Linzer Kunstuni nicht festlegen. Aber davon ist sie überzeugt: „Wir werden uns über diese Phasen des Konsumwahnsinns an den Kopf fassen.“

Mit Mode habe „Fast Fashion“ nichts zu tun. Die Berge an billigst produzierten Textilien wachsen scheinbar unaufhörlich an, die ganze Textil- und Modeindustrie produziert mehr CO2 als internationale Flüge und Kreuzfahrten zusammen, Tendenz steigend.

Einen Schritt in die ganz andere Richtung macht ein Projekt, das im Februar in Zusammenarbeit von Kunstuni und Johannes Kepler Universität Linz startet und in den nächsten drei Jahren umgesetzt wird. Unter dem Titel „FAR — Fashion and Robotics“ arbeiten mehrere Forscher daran, die Zukunft der Mode zu durchleuchten und Alternativen zur aktuellen Herstellung aufzuzeigen.

Dabei kommen drei sehr unterschiedliche Disziplinen — Modedesign, Robotik und Biomechatronik — zusammen. „Es geht darum,“, so Luible-Bär, „dass wir schauen, wie der Designer im kreativen Prozess mit der Robotik zusammenarbeiten kann, um ganz Neues zu schaffen.“ Roboter sollen dabei helfen, dreidimensional zu arbeiten, Prozesse hin zur Digitalisierung umzusetzen. Mode aus dem 3D-Drucker sei jedoch kein Ziel, nur ein erster Schritt.

„Von Maschinen kommen wir nicht mehr weg. Es ist ein Faktum in Europa, dass Digitalisierung notwendig ist, um Produkte anbieten zu können“, erklärt der Leiter des Bereichs „Creative Robotics“ Johannes Braumann: „Was uns interessiert, ist nicht die Maschine als Ersatz zu sehen, sondern als neues Werkzeug. Da ist ein riesengroßes Potenzial, dass eben da neue Produkte entstehen können.“

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Langfristig will man aber keine Plastik-Kleidung aus dem Drucker, sondern dem Konsumwahnsinn in Sachen Mode nachhaltige Ideen entgegensetzen. Dafür brauche es neue Materialien, aber auch ein generelles Umdenken, betont Luible-Bär: „Man kann heute beispielsweise mit Bakterien färben, Fasern aus Ananas, sogar aus Milchbakterien herstellen. Aber niemals in den Mengen wie Baumwolle und Polyester.“ Man müsse sich darauf besinnen, was man wirklich brauche.

Unsere Altkleider als „Gold der Zukunft“

In Sachen Nachhaltigkeit versuche man auch gerade in Linz einen Schwerpunkt zu setzen — Stichwort Recycling. „Wir sprechen bei den riesigen Kleiderbergen vom ,Gold der Zukunft’. Künftig werden wir die Ressourcen für solche Mengen nicht mehr haben. Bereits jetzt fangen Firmen an, Kleider zurückzunehmen“, so Luible-Bär. Linz könne hier durchaus eine spannende Rolle spielen, da hier viel Technologie und relevante Institute säßen. Es komme aber immer darauf an, was aus den Altkleidern wird, ob Putzlumpen, Dämmmaterial oder eben wieder tragbare Mode.

Der Stoff, aus dem die Zukunft ist

Beim Thema neue Materialien kommen auch die Roboter wieder ins Spiel, denn der 3D-Stoff der Zukunft muss wachsen, gepflegt, gefüttert werden. Diese Aufgaben könnten Roboter übernehmen. So steht als Vision auch das im Labor gewachsene T-Shirt am Horizont der Überlegungen.

Und das würde wohl auch die Welt der Mode komplett umdrehen. Denke man nur daran, was die Erfindung des Reißverschlusses alles an Möglichkeiten aufgetan hat, erinnert Braumann.

Wie wird sie also aussehen, die Mode der Zukunft? „Ich denke, wir werden darauf zurückkommen, dass Mode ein kulturelles Gut ist, ein kultureller Ausdruck“, sagt Luible-Bär: „Darauf werden wir uns hoffentlich besinnen.“

Von Mariella Moshammer

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