Wie man leben soll

„Zeitgenosse aus Leidenschaft“: Kabarettist Thomas Maurer im Posthof

Mit seinem neuen Programm auf der Suche nach einer ethisch korrekten Existenzform: Kabarettist Thomas Maurer.
Mit seinem neuen Programm auf der Suche nach einer ethisch korrekten Existenzform: Kabarettist Thomas Maurer. © APA/Hochmuth

Der Kabarettist, der einem die Welt erklärt, hat längst ausgedient. Zu vertrackt die Widersprüche, in denen sich der „alte weiße Gutmenschensack“ selbst laufend verheddert.

Also sitzt Thomas Maurer — korrekterweise natürlich die Bühnenfigur Maurer — im Auto mit brennender Tschick und Leberkässemmerl. Zum Rauchen hat er aufgehört, Massentierhaltung lehnt er ab und der Umweltsau Auto hat er längst abgeschworen. Theoretisch.

Das Leberkässemmerl vertilgt Maurer mit schlechtem Gewissen, weil „wegschmeißen is aa schod“. Was nicht unelegant zum Kannibalismus der Azteken überleitet: Menschenopfer eine religiöse Notwendigkeit, die Humankadaver einfach verrotten lassen, wär ewig schad´ gewesen.

Und wer wollte schon den Azteken einen Vorwurf machen. Ist nicht gerade eine Fußball-WM im Wüstenstaat Katar im Anlaufen, der bisher 15.000 Menschenopfer dargebracht wurden?

Thomas Maurer im Linzer Posthof, OÖ-Premiere des neuen Programms „Zeitgenosse aus Leidenschaft“ war am Mittwoch. Fast wünscht man dem Wiener manchmal die Gnade der Naivität. Zu klar sieht er Widersprüche, die eigenen und die einer komplexen Welt. Vor allem der erste Durchgang läuft zäh an. So zäh, wie sich heute eben die Suche nach einer ethisch korrekten Existenzform gestaltet.

Themeninseln zum Abladen von Sarkasmus

Nach der Pause hat Maurer endlich einige Themeninseln erschaffen, an denen er ätzenden Sarkasmus abladen kann. Die Superreichen von Silicon Valley und ihre Penissymbole, Jeff Bezos´ 127 Meter lange Superyacht.

Private Weltraumraketen, 28 Millionen Dollar kostet ein Ticket ins All. Von dem Geld ließe sich ein Würfel von 16 Meter Seitenlänge mit Leberkässemmeln füllen. Also, besser doch ins All fliegen. Aber was, wenn diese milliardenschweren Spinner die einzige Hoffnung für Innovationen gegen den Klimawandel sind? Es bleibt vertrackt.

Andreas Hofer war ein Impfgegner

Konkret ist Maurer in der Analyse hiesiger Politik. „Lichtgestalten“ seit Haider und Grasser, die stets über sich selbst, aber gewiss nie über konstant hohe Wählerzustimmung stolpern. Brillant, wie Maurer das Bild von der Impfgegnerschaft des Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer verdichtet. (Tatsächlich war Bayerns Impfpflicht gegen die Pocken 1807 eines der Hauptmotive Hofer´schen Widerstandes.) Im kantigen Dialekt der Älpler: „Ja wenn der Herrgott Plattern schickt!“

Mumienpulver und Homöopathie, die Aufklärung nach 250 Jahren krachend gescheitert. Seinen Vortrag hat Maurer zwei Stunden durchgehend gegendert. Das ist nicht schön, aber Windkraftwerke sind auch nicht schön. Superschlaue Unterhaltung, die einen nur noch konfuser macht.

Von Christian Pichler

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