„Wir haben eine breite Palette an Lebensmitteln“

Landwirtschaftskammer-Präsidentin Michaela Langer-Weninger: „Landwirte müssen fair bezahlt werden.“

„Es dürfen nicht bloß die Auflagen erhöht werden und die Mittel bleiben gleich“, so Langer-Weninger in Bezug auf die GAP (Gemeinsame Agrarpolitik).
„Es dürfen nicht bloß die Auflagen erhöht werden und die Mittel bleiben gleich“, so Langer-Weninger in Bezug auf die GAP (Gemeinsame Agrarpolitik). © LK OÖ

Michaela Langer-Weninger ist seit einem Jahr Präsidentin der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Im Interview zieht sie Bilanz.

VOLKSBLATT: Wie fällt Ihr Resümee aus?

LANGER-WENINGER:Es war spannend und fordernd und schön zugleich. Die Corona-Krise hat keiner voraussehen können, aber es geht immer darum, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen.

Es gab eine Zeit vor Corona.

Ich bin sofort nach Amtsantritt auf Bezirkstour gegangen, um mir von den Herausforderungen der Bauern ein Bild zu machen und um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das war mir sehr wichtig, denn dabei bekommt man rasch einen guten Überblick.

Um welche Herausforderungen handelt es sich da?

Die steuerliche Entlastung, die zum Glück jetzt aufgrund des Paketes der Bundesregierung in Umsetzung kommen wird. Darüber hinaus Klimaschutz und Klimawandel. Dabei war das Thema, wie die Landwirtschaft ihren Beitrag dazu leistet. Aber auch, wo es andere Bereiche gibt, die hier stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Denn die Landwirtschaft ist ja etwa beim CO2-Ausstoß nur ein kleiner Bereich im Vergleich zu anderen.

Aber die Landwirtschaft hat auch Verantwortung.

Natürlich. Aber man muss dazu sagen, dass die österreichische Landwirtschaft zehn Prozent zum CO2-Ausstoß beiträgt und diesen auch reduziert hat in den vergangenen Jahren, während er beim Verkehr zum Beispiel gestiegen ist.

Ist das Gegenrechnen sinnvoll?

Es ist schlichtweg ein Faktum und wir werden in der Landwirtschaft immer einen gewissen CO2-Ausstoß haben, weil wir ja mit natürlichen Produkten arbeiten. Der wesentliche Faktor ist dabei, wie Landwirtschaft betrieben wird, damit die Böden genügend CO2 speichern können.

Das ist vielen wohl nicht so bewusst.

Stimmt. Und das ist auch ein weiterer wesentlicher Punkt. Die Bewusstseinsbildung bei der Bevölkerung schärfen, was die Landwirte leisten. Da hat die Corona-Krise viel Positives bewirkt.

Inwieweit?

Weil die Menschen gesehen haben, wie wichtig die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln ist, wenn die Grenzen geschlossen sind. Da haben viele gemerkt, wie systemrelevant die Landwirtschaft ist.

Die Frage ist, wie nachhaltig das ist.

Da passiert aber jetzt sehr viel. Wir hatten noch nie eine Bundesregierung, die so stark auf Regionalität und saisonale Lebensmittel gesetzt hat. Ich denke da an das Beschaffungswesen im öffentlichen Bereich. Auch auf Landesebene tut sich hier viel. Da hat es kürzlich einen Regionalitätsgipfel gegeben, auf dem Landeshauptmann Thomas Stelzer gesagt hat, dass zehn Prozent mehr Budget dafür bereitstehen. Denn natürlich sind die Lebensmittel aus Österreich, die unter höheren Standards als billige Importware produziert werden, etwas teurer. Wichtig ist hier das klare Bekenntnis zur Regionalität.

Können da kleine Direktvermarkter überhaupt anbieten beziehungsweise mithalten?

Daher braucht es ja auch die entsprechenden Strukturen bei der dynamischen Beschaffung. Das ist ja nicht nur eine Frage der Landwirtschaft, sondern generell ein Thema, wie viele Importe sind notwendig, man denke an den chinesischen Granit im Mühlviertel.

Ist das gut, wenn man sich so auf Regionalität zurückzieht? Denn Oberösterreich ist selber stark vom Export abhängig.

Es ist immer eine Frage der Balance. Österreich hat in Landwirtschaft und Wirtschaft in allen Bereichen sehr hohe Standards – und das macht den Unterschied letztendlich aus.

Bio ist also sinnlos, wenn die Ware aus Südafrika kommt?

Letztendlich entscheidet der Konsument. Aber ich bin der Überzeugung, es ist sinnvoller und wertvoller, wenn wir heimisch, regional, saisonal und biologisch nachdenken. Denn wir haben im Inland eine breite Palette an Lebensmitteln. Die bäuerlichen Familienbetriebe sind darüber hinaus ein Segen, auch für die Gesellschaft. Sie sind stabil und krisensicher, leisten viel für die regionale Wertschöpfung und die Landschaftspflege und sind auch gute Kommunikatoren in Richtung der Konsumenten.

Das ist ebenfalls essenziell.

Definitiv, und das ist mir auch sehr wichtig. Denn es geht nur Miteinander – mit dem Handel und mit den Konsumenten.

Beim Kauf im Supermarkt scheitert es dann aber oft am Preis.

Die Aktionitis, die im Lebensmittelhandel Einzug gehalten hat, ist prinzipiell schädlich für die Wertigkeit der Lebensmittel. Es wird immer gewisse Aktionen brauchen, aber dieses ständige Bewerben mit Aktionspreisen, ist der hochwertig produzierten Ware abträglich. Das kritisiere ich. Denn dahinter steckt so viel Arbeit, die auch einen fairen Preis verdient. Das kürzlich erfolgte Bekenntnis des Lebensmittelhandels, den Milchpreis stabil zu halten, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber das muss ausgebaut werden. Da braucht es weiterhin viele Gespräche, wir sind diesbezüglich offen.

Ihre Erwartungen an die diesjährige Ernte?

Wir erwarten grundsätzlich eine recht gute Ernte. Beim Wintergetreide sind wir vorsichtig in Bezug auf Krankheitsbefall, aber wir sind grundsätzlich optimistisch.

Hat die Witterung die Not in Bezug auf die Borkenkäferplage gelindert?

Das eher kühle und nasse Wetter hat uns eine Verschnaufpause gebracht. Aber unterschätzen dürfen wir die Situation nicht, denn der Sommer kommt erst.

Stichwort Landwirtschaftskammer Oberösterreich.

Wir richten permanent unser Augenmerk darauf, was die Landwirte brauchen. Ein Schwerpunkt ist und bleibt die Beratung. Wir sind zudem mit unseren acht Standorten auch regional gut aufgestellt.

Stichwort Herkunftskennzeichnung.

Der kürzlich erfolgte Beschluss im Nationalrat, die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Milch, Eiern und Fleisch in der Gemeinschaftsverpflegung und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 umzusetzen, war sehr wichtig.

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