„Wir müssen Gott vor diesem Papst schützen!“

Was ist los im Vatikan? Das fragen sich viele Katholiken. Denn immer wieder tauchen Informationen auf, dass es zwischen Papst Franziskus und konservativen Kreisen massive Konflikte geben soll. Was also ist los im Vatikan? Der Journalist und Autor Andreas Englisch, ein Insider in der Zentrale der Katholischen Kirche, gibt in seinem neuen Buch — schon mit dem Titel — eine Antwort: „Der Pakt gegen den Papst“. Und im Untertitel der im Bertelsmann-Verlag erschienenen 400-Seiten-Publikation heißt es: „Franziskus und seine Feinde im Vatikan“.

Es beginnt schon lange vor der Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum Papst. Dieser hatte im Vatikan den Ruf, der südamerikanischen „Theologie der Befreiung“ und damit — etwa in den Augen von Papst Johannes Paul II — den „Kommunisten“ nahe zu stehen. Vor allem aber rückt die Theologie der Befreiung den Kampf gegen die Armut ins Zentrum. Und genau mit dieser Intension tritt Papst Franziskus an, um die Kirche zu erneuern.

Womit — so legt Autor Andreas Englisch dar — bereits einer der Hauptpunkte genannt ist, weswegen sich sowohl im Vatikan als auch in konservativen Kreisen weltweit die Gegner des derzeitigen Papstes formieren. Finanziell unterstützt aus den USA, wo man sich von der „Kapitalismuskritik“ des Franziskus besonders betroffen fühlt. Zumal der Papst Sätze sagt wie „Ich fühle mich geehrt, wenn die Amerikaner mich kritisieren“.

Keine „roten Schuhe“

Dazu kommt der persönliche Lebensstil des argentinischen Papstes, der bekanntlich auf die feudale Wohnung ebenso verzichtet wie auf die berühmten „roten Schuhe“ und andere Äußerlichkeiten. Autor Englisch dazu: „Das ist eine unübersehbare Kritik an dem Pomp seiner Vorgänger“. Aber nicht nur das, auch im Vatikan — von manchen Kardinälen und Bischöfen bis zu den Mitarbeitern — liebt man es gepflegt und in äußeren Dingen nicht immer bescheiden.

Wie man überhaupt zu radikale Veränderungen nicht schätzt. Aber genau eine dieser doch ziemlich radikalen Veränderungen hat Papst Franziskus eingeleitet: Hochrangige Kleriker müssen den Vatikan verlassen und werden hinaus in die Gemeinden und Pfarren geschickt, an die „seelsorgliche Front“. Dort würden die Priester dringender gebraucht als im Vatikan, sagt der Papst und liefert damit einen weiteren Grund, warum sich in der Zentrale der Kirche zunehmend ein „Anti-Franziskus-Zirkel“ gebildet hat.

Dialog mit Muslimen

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Doch nicht nur kirchen-organisatorische Fragen sind es, mit denen Franziskus massiv aneckt. Es geht auch um die Theologie und die Kirche selbst, wobei — so Autor Englisch — auch der frühere Papst Benedikt XVI ins Spiel kommt. Für ihn und die traditionellen Kreise ist die katholische Kirche die „allein selig machende Instanz“ auf der Welt und der Papst ist die unumschränkte Autorität in religiösen Fragen. Franziskus hingegen sucht den Dialog mit den anderen Religionen und speziell mit dem Islam. Seine ersten beiden Auslandsreisen führten ihn in die rein muslimischen Länder Abu Dhabi und Marokko. Es gehe darum, die Gemeinsamkeiten mit dem Islam zu betonen und nicht die Unterschiede, meint der Papst.

Worauf prominente Männer im Vatikan besorgt feststellten: „Man muss Gott vor diesem Papst schützen!“ Und andere sprechen offen davon, dass Franziskus nicht mehr katholisch sei und eine „Kirchenspaltung“ drohe. Verstärkt wird das Ganze durch die scharfe Vorgangsweise des Papstes bei Missbrauchsfällen sowie gegen „Vetternwirtschaft“ und illegale Geschäfte im Dunstkreis des Vatikans. Dass er sich bei den Homosexuellen im Namen der Kirche entschuldigt und wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zulassen will, das empfindet vor allem auch die starke „polnische Fraktion“ im Vatikan als Affront gegen den früheren Papst Johannes Paul II, der in diesen Fragen sehr strikt war.

Corona: Kein Gottesdienst!

Damit immer noch nicht genug, ist Franziskus auch dafür, dass Gottesdienste unterbleiben sollten, um die Ansteckung mit dem Corona-Virus zu verhindern. Was bei den konservativen Kreisen im Vatikan Entsetzen auslöst: „Wer aus Angst vor der Pandemie Gottesdienste in Kirchen verbietet, der glaubt in Wirklichkeit gar nicht an Gott und seine heilenden Kräfte, die schon Lazarus aus dem Grab geholt hatten!“

Was hier angeführt wird, ist nur ein Teil jener „schweren Fehler“ des derzeitigen Papstes, die seine Gegner feststellen und zum Anlass für mehr oder minder offenes Agieren und für eine Lobbybildung gegen den Argentinier nehmen. Hatte man im Mittelalter unliebsame Päpste mittels Gift und anderen Anschlägen „abgelöst“, so versuchen — schreibt Autor Englisch — die jetzigen Franziskus-Gegner, dessen Glaubwürdigkeit zu untergraben — er sei theologisch inkompetent und habe nicht einmal einen Doktortitel – und ihn dazu zu bringen, es seinem Vorgänger Benedikt gleichzutun und zurückzutreten. Aber noch „kämpft Papst Franziskus mit allem, was er hat“ für die Umsetzung von Jesu Wort „Selig sind, die barmherzig sind“ in der heutigen Welt.

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